Obwohl es bereits viele erfolgreiche placebokontrollierte doppelblinde Studien mit Homöopathika gibt, fehlen noch weitere Wirksamkeitsbelege
Sind erfolgreiche Homöopathie-Studien eigentlich reproduzierbar?
Neu-Isenburg (frk). Homöopathie ist deutlich wirksamer als Placebo. Dieses Resumee kann man zumindest ziehen, seitdem verschiedene Studien mit
homöopathischen Mitteln in einer Meta-Analyse beurteilt worden sind.
Berichtet wurde dies in den Meta-Analysen, die 1991 und 1998 in renommierten medizinischen Fachzeitschriften erschienen sind. Es handelt sich um die von J. P. Kleijnen im "British Medical Journal" (302, 1991, 316) und von K. Linde in "The Lancet" (1, 1998, 367). Die beiden Forscher hatten eine große Zahl doppelblinder, placebokontrollierter und randomisierter Studien, die wissenschaftlich-methodische Kriterien erfüllten, für ihre Analyse ausgewertet.
Trotzdem sind die Wissenschaftler, die sich mit der Wirksamkeit der Homöopathie befassen, nicht recht zufrieden. Einige, die sich in diesem Monat im "Royal Homeopathic Hospital" in London getroffen haben, wollen einen Schritt weitergehen.
"Die bisherigen Ergebnisse sind sehr ermutigend"
Wie einer von ihnen, Dr. Max Haidvogl, Facharzt für Kinderheilkunde und Leiter des Ärztlichen Dienstes des Jugendamtes der Stadt Graz, im Gespräch mit der "
Ärzte Zeitung" gesagt hat, besteht ein Hauptkritikpunkt an positiven Studien mit Homöopathika derzeit noch darin, daß nicht versucht worden ist, die guten Resultate zu reproduzieren. Und wenn homöopathische Studien reproduziert worden sind, dann waren es nicht die, von denen man es sich gewünscht hätte. "Die Ergebnisse, die man bis jetzt hat, sind aber so ermutigend, daß man sich dieser Aufgabe stellen sollte," sagt Haidvogel. Könnte man mehrere der gut verlaufenen Studien unter methodisch einwandfreien Bedingungen an verschiedenen Stellen in der Welt reproduzieren, wäre man auf wissenschaftlichem Gebiet hinsichtlich der Anerkennung der Homöopathie ein Stück weiter, so der
Kinderarzt.
Homöopathie 2000 - Erfahrung oder Wissenschaft?
Im März diesen Jahres hatte Haidvogl auf einer "Expertentagung "Homöopathie 2000 - Erfahrung oder Wissenschaft" in Wien über den aktuellen Stand der Homöophathie-Studien berichtet. Es wurden insgesamt 105 kontrollierte klinische Studien für diese Beurteilungen ausgewertet. Bei insgesamt 81 Studien ergab sich ein positiver Effekt der Homöopathie, in 24 Arbeiten konnte keine Überlegenheit der Homöopathie im Vergleich zum Kontrollpräparat oder zu Placebo gefunden werden. Zieht man nur die 15 Arbeiten mit einem hohen wissenschaftlichen Standard aus den Metaanalysen heran, dann kam es in elf Arbeiten zu einem positiven Effekt für das gewählte homöopathische Präparat, und nur bei vier Arbeiten war eine Wirksamkeit des Homöopathikums nicht beweisbar.
Wie Haidvogl im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" gesagt hat, besteht aber derzeit noch eine weitere Schwierigkeit: Man kann mit randomisierten Doppelblindstudien die Wirksamkeit einer gesamten Therapierichtung nur bedingt beweisen. Der Grund: Es gibt sehr viele homöopathische Mittel und auch sehr viele Zubereitungen. "Außerdem gibt es viele individuelle Indikationen, die sich unter Studienbedingungen nur vereinfacht zusammenfassen lassen", so Haidvogl.
Deshalb wurde ein anderer Weg gewählt: die sogenannten Outcome-Studien, in denen offen Informationen über homöopathische Therapien gewonnen werden, die aufgrund großer Zahlen und systematischer Erfassung eine Auswertung ermöglichen.
Derzeit laufen zwei solcher Outcome-Studien: die "International Integrative Primary Care Outcome Study" (IIPCOS-1-Studie) ist eine Pilotstudie, die von Dr. Marianne Heger von der Deutschen Homöopathie Union (DHU) in Wien vorgestellt worden ist. In die Hauptstudie, die den Namen IIPCOS-2 trägt und die noch nicht publiziert worden ist, sind bisher 3000 Patienten aufgenommen worden. Ergebnisse gibt es aber bisher nur aus der Pilotstudie. pfen,
Halsschmerzen, Luftröhrenkatarrh,
Bronchitis oder
Mittelohrentzündung aufgenommen worden. Der Therapie-Erfolg wurde in einem Telefon-Interview abgefragt, einschließlich der unerwünschten Effekte. Von 456 Patienten wurden 281 homöopathisch und 175 regulär behandelt. Homöopathisch therapiert wurde nach dem Simile-Prinzip mit Hochpotenzen (C30). Das Ergebnis: Nach 14 Tagen waren in der homöopathischen Behandlungsgruppe 82,6 Prozent beschwerdefrei oder erwiesen sich als deutlich gebessert. In der konventionellen Behandlungsgruppe galt das für 68 Prozent der Patienten.
Außerdem läuft derzeit noch ein prospektives Projekt zur Datensammlung, das "Integrative Medicine Data Collection Network" (IMDCN). Noch ist also das letzte Wort nicht gesprochen. Auch bei anderen Kriterien wird die wissenschaftliche Auseinandersetzung weitergehen, zum Beispiel in der Frage der "Publication-Bias", dem Umstand, daß positive Studien eher publiziert werden als negative. Wenn es einen Publication-Bias gegeben hat, so Linde in seiner Arbeit, dann müßten mindestens über 100 placebokontrollierte Studien zur Homöopathie mit negativem Ergebnis gemacht worden sein, die anschließend nicht veröffentlicht worden sind, ehe sich dies auf das Studien-Ergebnis "Homöopathie ist besser als Placebo" auswirken würde - und das ist eher unwahrscheinlich.