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Neue Grenzwerte für Massenchemikalie Bisphenol A

by joe

Was ist Bisphenol A?

Bei der Chemikalie Bisphenol A, kurz BPA, handelt es sich um eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Diphenylmethan-Derivate und eines Bisphenols aus der Gruppe der Bisphenole. Die Darstellung von Bisphenol A erfolgt durch zwei Äquivalenten Phenol und einem Äquivalent Aceton. Als Katalysatoren kommt Chlorwasserstoff, kurz HCl oder Polystyrolsulfonat infrage. Durch ein Übermaß an Phenol wird der möglichst hohe Gewinn an BPA erreicht.

Das A hinter dieser Typbezeichnung des Bisphenols steht für Aceton. Andere Bisphenole sind ebenfalls durch analoge Synthesen erreichbar. Diese tragen ebenfalls hinter ihrer Bezeichnung als Bisphenole einen zuordnenden Buchstaben oder eine Kombination mehrerer Buchstaben.

Seit März 2011 ist Bisphenol A EU weit in Babyflaschen verboten. Allerdings findet die Chemikalie immer noch in vielen anderen Produkten wie etwa CDs, Kunststoffgeschirr und Kunststoffbesteck, Spielzeug und Schnullerschilden, Anwendung.

Geschichte des Bisphenols

Der russische Chemiker Alexander Pawlowitsch Dianin (1851 bis 1918) synthetisierte 1891 zum ersten Mal Bisphenol A. 1905 wurde diese Synthese von Professor Theodor Zincke an der Universität in Marburg publiziert. 1936 suchten die beiden britischen Biochemiker Wilfrid Lawson und Edward Charles Dodds nach Elementen, welche die Wirkung von Östrogen besitzen. Zur damaligen Zeit wurde Östrogen noch aus dem Urin trächtiger Stuten gewonnen, diese Methode war allerdings sehr kostenintensiv.

Die beiden Wissenschaftler testeten verschiedene Chemikalien an Ratten aus, denen zuvor die Eierstöcke entfernt wurden. So gelang es ihnen, Bisphenol A als Substrat mit schwacher östrogener Wirkung, zu identifizieren. Zur Hormontherapie wurde BPA allerdings nur kurzzeitig eingesetzt, da Lawson und Dodds schon bald wirkungsvollere synthetische Östrogene entdeckten.

Eigenschaften von BPA

Im Handel ist Bisphenol A, genauer auch 4,4′-1-methylethylidene Bisphenol genannt, als weißes Pulver erhältlich. Der Schmelzpunkt liegt zwischen 158 °C bis 159 °C. Die Chemikalie ist sehr schlecht wasserlöslich (0,12 g/L) und brennbar. Bei direktem Kontakt mit BPA werden die Augen ernsthaft geschädigt und es treten starke Reizungen der Atmungsorgane auf.

Nicht nur für Wasserorganismen schädlich (Wassergefährdungsklasse 2), stört Bisphenol A auch die Fruchtbarkeit von Menschen und Tieren. Da ein direkter, beabsichtigter Kontakt für Menschen verboten ist, darf die Chemikalie zum Beispiel nicht entsprechend der Tätowiermittelverordnung in Tätowierfarbe verwendet werden.

BPA in der Umwelt

Die Herstellung von Epoxidharzen, PVC, Thermopapier und anderen Polymeren ist vermutlich ein Hauptgrund, warum in Gewässern nach wie vor ein hoher Anteil an Bisphenol A nachgewiesen werden kann. Zudem ist auch das Recycling von Papier mit Anteilen an Thermopapier nicht ganz unschuldig an dieser Verunreinigung.

Auf Mülldeponien landen zudem immer wieder auch Bisphenol A haltige Erzeugnisse, diese tragen im selben Maße zur Anreicherung von BPA in der Umwelt bei. In Sedimenten wurde die Chemikalie vor Kurzem mit einer Konzentration von 6 bis 30 µg/kg und in Oberflächengewässern mit einer Konzentration von 0,01 bis 2,4 µg/L nachgewiesen.

Die Wirkung von BPA

In Tierversuchen zeigte sich, dass einer hoher Anteil von Bisphenol A im Blut die Entwicklung der Geschlechtsorgane bereits bei Föten im Mutterleib in hohem Ausmaß beeinträchtigt. Unfruchtbarkeit ist eine mögliche Folge daraus. Aber auch die Anfälligkeit für unterschiedliche Krebsarten lässt sich auf eine starke Konzentration von BPA im Blut zurückführen.

Demnach sprechen besonders werdende Mütter und ihre ungeborenen Kinder auf eine Belastung mit Bisphenol A an. Weitere Krankheiten, welche durch BPA ausgelöst werden können, sind folgende.

  • Herzkreislaufprobleme
  • Fettleibigkeit
  • Diabetes

Dies zeigten epidemiologische Studien, die einen Zusammenhang der genannten Krankheiten und einer erhöhten Bisphenol A Konzentration im Blut, nachwiesen. In neueren Tierversuchen zeigte sich zudem ein Zusammenhang von geringen Dosen von Bisphenol A und neurotoxischen Effekten.

Auf Fische und Säugetiere wirkt BPA vergleichbar wie das Sexualhormon Östrogen. Diese hormonartige Wirkung kann eine sogenannte Verweiblichung von männlichen Individuen erzeugen. Bei Amphibien leiden vor allem die Schilddrüsen durch eine Aufnahme von Bisphenol A, die Hormonproduktion des Organs wird dabei gestört.

Ein Großteil des vom Menschen aufgenommenen BPAs kommt durch die Nahrung in den Körper.

Umstrittene Dosensuppen

Bei einem Versuch der Harvard School of Public Health, teilten Wissenschaftler die Probanden in zwei Gruppen ein. Die erste Gruppe musste täglich Gemüsesuppe aus der Dose essen, die andere Gruppe hingegen wurde die gleiche Suppe aus frischen Zutaten gekocht und direkt serviert. Die Versuchsdauer im ersten Durchgang dauerte fünf Tage plus zwei Pausentagen, danach wurden die Versuchsgruppen getauscht.

Der Anteil an Bisphenol A im Urin der Versuchsteilnehmer wurde während des Experiments regelmäßig durch die Forscher bestimmt. Es zeigte sich, dass während des Verzehrs der Dosensuppe, der Gehalt an BPA im Urin um fast dass Zwanzigfache (20,8 Mikrogramm pro Liter im Vergleich zu 1,1 Mikrogramm pro Liter) anstieg.

Selbst die Wissenschaftler waren überrascht und gaben deutlich zu Protokoll, dass auch sie nicht mit einem so enormen Anstieg an BPA im Urin gerechnet hätten. Sie schlossen jedoch nicht aus, dass die hohe Konzentration von BPA, nur vorübergehend sei und sich dann wieder abbaut, wenn die Teilnehmer auf abgepackte Fertiggerichte wie Dosensuppen verzichten.

Produkte mit Bisphenol A

Als Kunstharz wird Bisphenol A in vielen Produkten des täglichen Bedarfs eingesetzt und verwendet. So lässt sich eine hohe Ansammlung von BPA besonders in folgenden Waren nachweisen.

  • Kunststoffgeschirr
  • Kunststoffbesteck
  • Folienverpackungen (z. B. Frischhaltefolie)
  • Konservendosen (innere Beschichtung
  • Ummantelung von Babyschnullern
  • Kassenzettel, Pfandbons
  • generell fast alle Produkte aus weichem und elastischem Kunststoff

Ersatzstoffe für BPA

Immer mehr werden Ersatzmittel aus der Gruppe der Bisphenole für Bisphenol A eingesetzt. So wird zum Beispiel für die Produktion von Thermopapier Bisphenol S verwendet. Allerdings liegen für alle Bisphenole und ihre Alternativen noch keine ausreichenden Daten über mögliche Gefahren vor. Das Gefahrenpotenzial, was durch diese Chemikaliengruppe ausgeht, kann demnach noch nicht abschließend eingeschätzt werden.

Bisher galten als Lösung Produkte, welche mit der Kennzeichnung Bisphenol A-frei, auf den Markt gekommen sind. Diese sind nicht immer ein optimaler Ersatz, da auch die äquivalenten Stoffe noch nicht hinreichend auf ihre Wirkung bei Mensch und Tier erforscht sind.

Das Umweltbundesamt empfiehlt, Thermopapier immer mit dem Restmüll und nicht mit dem Altpapier zu entsorgen. Somit soll eine wahrscheinliche Anreicherung, während des Recyclingprozesses, mit BPA verhindert werden.

Wer BPA freie Produkte gänzlich vermeiden möchte, der sollte auf entsprechend gekennzeichnete Kunststoffprodukte achten. Ein Dreieck mit dem eingestanzten Zeichen 7 PC deutet auf Waren aus Polykarbonat hin. Da in diesem Bereich keine Kennzeichnungspflicht besteht, ist immer noch ein Restrisiko vorhanden, das die Produkte BPA enthalten.

Als gänzliche Alternative sollten Verbraucher auf Produkte aus Glas, Porzellan, Metall und Holz ausweichen. Auch gilt es Fertigprodukte, vor allem eingepackte, komplett im Alltag zu vermeiden.

Neue Grenzwerte

Als Auswirkung einer Studie aus dem Jahr 2015 hat die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) den Grenzwert für die als ungefährlich gültige tägliche Zufuhr von Bisphenol A durch den Menschen von bisher 50 Mikrogramm auf 4 Mikrogramm je Kilogramm Körpergewicht abgestuft.

Dieser Wert gilt von der Behörde als vorläufig empfohlen, da zurzeit noch Tierversuche in diesem Bereich unternommen werden. Die Einrichtung sieht aktuell keine Gefahr der humanen Gesundheit durch die Zufuhr von BPA durch die Nahrung. Eine Kennzeichnungspflicht von Lebensmittelverpackungen, welche Bisphenol A enthalten, gibt es aktuell in der EU nicht.

Zu einer anderen Bewertung kommt die französische Lebensmittelbehörde. Aus diesem Grund ist seit Januar 2015 die Verwendung von Bisphenol A in Lebensmittelverpackungen verboten.

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