Home » Behandlung » Heilpflanzen » Calabar

Calabar

by Danaae

Kalabarbohne, Gottesurteilbohne (Physostigma venenosum), Calabar, PhytostigminDie Kalabarbohne, auch kurz Calabar genannt, ist eine hochgiftige Pflanze, aus welcher der Wirkstoff Physostigmin gewonnen wird. Dieser findet u.a. als Gegenmittel bei bestimmten Vergiftungen und zur Behandlung des anticholinerges Syndroms Verwendung.

Physostigmin kann zu lebensbedrohlichen Nebenwirkungen führen und wird daher nur von ärztlichen Fachpersonen in Form von Fertigarzneimitteln verabreicht. In bestimmten Fällen ist jedoch aufgrund von Gegenanzeigen oder Wechselwirkungen auf die Anwendung zu verzichten.

Kalabarbohne (Physostigma venenosum)

Steckbrief: Systematik von Calabar

  • Ordnung: Schmetterlingsblütenartige (Fabales)
  • Familie: Hülsenfrüchtler (Fabaceae)
  • Unterfamilie: Schmetterlingsblütler (Faboideae)
  • Tribus: Phaseoleae
  • Gattung: Physostigma
  • Art: Kalabarbohne
  • Wissenschaftlicher Name: Physostigma venenosum Balf.
  • Synonyme: Gottesurteilbohne; Calabarstrauch; Calabar

Calabar & Physostigmin

Physostigmin aus der Kalabarbohne (Physostigma venenosum)

Die Kalabarbohne, auch Calabarstrauch oder Gottesurteilbohne genannt, ist eine hochgiftige Pflanze aus der Familie der Hülsenfrüchtler, aus deren Bohnen der Wirkstoff Physostigmin gewonnen wird.

Kalabarbohne, Gottesurteilbohne (Physostigma venenosum), Calabar, PhytostigminPhysostigmin findet in erster Linie als Gegenmittel bei Vergiftungen mit bestimmten Substanzen wie Benzodiazepinen, Antihistaminika oder Atropin Verwendung, sowie auch zur Behandlung des zentralen anticholinergen Syndroms.

Vor allem in der Vergangenheit wurde die Heilpflanze auch in der Augenheilkunde als sogenanntes Miotikum, also als Arzneimittel zur Verengung der Pupille bspw. gegen Grünen Star (Glaukom), eingesetzt.

Physostigmin – Sowohl Gift als auch Gegenmittel (Antidot)

Physostigmin ist nicht nur ein Gegenmittel sondern auch selbst ein Gift, welches bereits in geringen Dosierungen tödlich ist. Aus diesem Grund wurde die Bohne früher von einigen Kulturen entsprechend eingesetzt, wie z.B. dem Efik-Ibibio Volk im heutigen Nigeria, im sogenannten Gottesurteil (Ordal):

Sie verabreichten Angeklagten die giftige Bohne, um deren vermeintliche Schuld aufzuklären. Starben die Betroffenen galten sie als schuldig, erbrachen sie das Gift hingegen, wurden sie als unschuldig angesehen.

Heute ist bekannt, dass kleinere Mengen der Kalabarbohne tödlich wirken, während größere Mengen den Magen stark reizen und zu Erbrechen führen.

Etymologie (Namensherkunft) – Warum heißt die Kalabarbohne so?

Der Name „Kalabarbohne“ leitet sich von dem ursprünglichen Herkunftsgebiet der Pflanze ab. Der Calabarstrauch stammt nämlich aus dem Bundestaat Cross River, welcher am Fluss „Calabar“ liegt und dessen Haupt- und Hafenstadt ebenfalls Calabar heißt.

Der botanische Name der Pflanze „Physostigma venenosum“ setzt sich indes aus den griechischen Wörtern „Physa“ für „Blase“, „stigma“ für „Narbe“ sowie dem lateinischen „venenosum“ für „Gift“ zusammen.

Die Synonyme „Gottesurteilsbohne“ oder auch „Gottesgerichtsbohne“ sind dabei auf die frühere Verwendung der Pflanze im Ordal bzw. Gottesurteil zurückzuführen.


Verwendung & Nutzen

Verwendung von Physostigmin – Wofür wird die Kalabarbohne genutzt?

Die Kalabarbohne wird nahe zu ausschließlich zur Gewinnung des in den Früchten bzw. Bohnen enthaltenen Wirkstoffs Physostigmin angebaut. Während der Wirkstoff heutzutage hauptsächlich medizinisch verwendet wird, war er bis zum Ende des 19. Jahrhunderts – wie zuvor beschrieben – vor allem als tödliches Gift im „Gottesurteil“ (Ordal) bekannt.

Calabar als Heilpflanze – Physostigmin Präparate

Als pflanzliches Arzneimittel dienen die Bohnen des Calabarstrauchs bzw. der hieraus isolierte Wirkstoff Physostigmin. Da die Bohnen hochgiftig sind, ist die Heilpflanze ausschließlich in Form von Fertigarzneimitteln mit einem festgelegten Wirkstoffgehalt anzuwenden.

Physostigmin ist als reines Alkaloid gut untersucht und daher als Medikament zugelassen. Zur Heilwirkung der Calabar-Bohnen an sich liegen hingegen keine ausreichenden Daten aus klinischen Studien vor. Da die Dosierung hierbei außerdem nicht exakt erfolgen kann, sollte die hochgiftige Bohne keinesfalls eingenommen werden.

impfung , spritze , gesundheitswesen , nadel , gesundheit , arzt , einwegspritze , doktor , ampulle , injektionsspritze , heilen , krankheit , medizinische , medikament , injektion , diagnose , mediziner , tropfen , verarzten ,

Physostigmin wird üblicherweise als Injektion verabreicht

Darreichungsformen der Kalabarbohne sind z.B.:

  • Tabletten (oral)
  • Ampulle (Injektions- /Infusionslösung)
  • Dilution oder Globuli (Homöopathie)

Präparate mit Physostigmin sind z.B.:

  • Anticholium® 2 mg, Injektionslösung, zur i.v. Anwendung
  • Eucard – Kombinationspräparat, nicht mehr in Vertrieb

Physostigma Venenosum in der Homöopathie

Die Kalabarbohne ist in der Homöopathie als Globuli, Dilutionen oder Tabletten unter den Bezeichnungen Physostigma, Physostigminum oder Calabar erhältlich. Homöopathika mit Calabar sind z.B.:

  • Physostigminum Komplex 283 Dilution
  • Physostigminum purum C3 Globuli Ind-Fert
  • Calabar Globuli Ind-Fert
  • Physostigminum purum LM Dilution
  • Calabar DHU Dilution
  • Physostigminum sulfuricum LM 120
  • Calabar DHU Tabletten
  • Calabar DHU Globuli

Weitere Informationen zu u.a. den Potenzen und Preisen finden Sie in unserem Ratgeber zu den Calabar Globuli.


Anwendung von Physostigmin

Anwendungsgebiete von Calabar – Physostigmin Indikation

Anwendungsgebiete der Kalabarbohne bzw. des hieraus gewonnenen Wirkstoffs Physostigmin sind:

  • Vergiftungen bzw. Überdosierungen mit anticholinergen Substanzen
  • Zentrales Anticholinerges Syndrom (ZAS)
  • Beendigung von Narkosen (in der Intensivmedizin)
  • Als Miotikum (in der Augenheilkunde)

Der in der Kalabarbohne enthaltene Wirkstoff Physostigmin beeinflusst die Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln, weshalb er einerseits hochgiftig ist, andererseits jedoch auch medizinisch genutzt werden kann.

Physostigmin erhöht die Aktivität vom Parasympathikus (Parasympathomimetikum) und besitzt daher verschiedene Wirkungen. So verlangsamt der Wirkstoff z.B. den Herzschlag, verengt die Pupillen und erhöht die Schweiß- und Speichel-Produktion. Genannte Wirkungen können dabei je nach Einsatzgebiet arzneilich verwendet werden, jedoch auch als Nebenwirkung auftreten.

Pilzvergiftung Erste Hilfe bei Vergiftungen

Calabar findet als Antidot bei Vergiftungen Anwendung, z.B. mit dem Fliegenpilz

Als sogenannter Cholinesterasehemmer kann Calabar als Gegenmittel bei Vergiftungen des Zentralen Nervensystems (bspw. mit Symptomen wie Delirium, Desorientierung und Halluzinationen) mit anticholinergen Stoffen wie etwa trizyklischen Antidepressiva oder Tropan-Alkaloiden helfen. Der Wirkstoff kommt daher auch zur Behandlung beim anticholinergen Syndrom zum Einsatz.

Neuere Studien legen zudem eine Wirksamkeit gegen Nervengifte (Neurotoxine) nahe, da diese sich zumeist auch auf die Acetylcholin-Esterase auswirken. Physostigmin kann den Forschungen zufolge an die selben Rezeptoren andocken und somit die Wirkung vom Nervengas unterbinden.

In der Vergangenheit wurde Physostigmin außerdem in der Augenheilkunde als Miotikum eingesetzt, bspw. zur Verengung der Pupillen beim Grünen Star. Mittlerweile stehen jedoch Arzneimittel mit weniger Nebenwirkungen zur Verfügung.

Der Wirkstoff der Kalabarbohne findet zudem bei Narkosen Anwendung, etwa beim verzögerten Erwachen nach Operationen und zur Linderung von postoperativen Beschwerden wie Kältezittern (Shivering).

Phytostigmin bei Narkosen (in der Intensivmedizin):

  • um das Erwachen zu beschleunigen
  • zur Linderung von postoperativen Beschwerden wie Kältezittern

Demenz & Alzheimer

Physostigmin bei Demenz und Alzheimer

Diskutiert wird außerdem der Einsatz von Physostigmin bei Demenz und Alzheimer, da andere Cholinesteraseinhibitoren wie z.B. Donepazil, Tacrin oder Rivastigmin zur symptomatischen Behandlung von Morbus Alzheimer Anwendung finden. Calabar soll z.B. das Erinnerungsvermögen verbessern und andere Demenz-Symptome lindern können.

Analysen der vorliegenden Studien liefern bisher jedoch keine ausreichenden Beweise für eine Wirksamkeit von Calabar gegen Alzheimer. Vielmehr zeigte der Wirkstoff in den Studien keine überzeugende Wirkung, führte jedoch häufig zu Nebenwirkungen, wodurch viele ProbandInnen die Präparate auch absetzten.


Wirkung von Physostigmin

Wirkung der Kalabarbohne – Was macht Physostigmin?

Physostigmin gehört zur Wirkstoffklasse der Parasympathomimetika (Cholinergika), es verstärkt also die Wirkung vom Parasympathikus (Teil des vegetativen Nervensystems). Der Parasympathikus ist an der Steuerung von Organen beteiligt und beeinflusst z.B. den Herzschlag, die Verdauung und die Atmung.

Warum Physostigmin als Gegengift verwendet werden kann

Physostigmin hemmt die sogenannte Cholinesterase, ein Enzym, das den Neurotransmitter (Nerven-Botenstoff) Acetylcholin abbaut. Acetylcholin gehört zu den wichtigsten Neurotransmittern des Menschen und spielt mitunter im vegetativen Nervensystem eine zentrale Rolle.

Acetylcholin

Acetylcholin

Durch die Hemmung der Cholinesterase (bzw. Acetylcholinesterase) wird also der Abbau von Acetylcholin verringert, sodass dessen Konzentration steigt. Da Physostigmin außerdem die Blut-Hirn-Schranke überwindet, steigt die Konzentration des Botenstoffs auch im zentralen Nervensystem.

Durch die erhöhte Acetylcholin-Konzentration kommt es zu verschiedenen Wirkungen, wie etwa einer:

  • Engstellung der Pupillen
  • Senkung der Schlagzahl des Herzen
  • Verengung der Bronchien
  • Steigerung der Aktivität des Darms
  • Steigerung der Sekretion von Speichel, Magensaft und Schweiß

Der Calabar Wirkstoff eignet sich aus genannten Gründen als Gegenmittel für Substanzen, welche die Wirkung von Acetylcholin hemmen (anticholinerg wirksame Stoffe) wie z.B. Tropanalkaloide, trizyklische Antidepressiva oder Benzodiazepine.

Entsprechende Wirkstoffe werden medizinisch verwendet, können jedoch auch zu Vergiftungen und dem sogenannten zentralen anticholinergen Syndrom (ZAS) führen. Da Physostigmin eine gegenteilige Wirkung besitzt, eignet es sich hierbei als Gegenmittel.


Gegenmittel bei Vergiftungen

Physostigmin als Gegenmittel bei Vergiftungen und dem zentralen anticholinergen Syndrom

Physostigmin kann aus zuvor beschriebenen Gründen als Gegenmittel (Antidot) bei Vergiftungen mit Substanzen verabreicht werden, welche parasympatholytisch wirken, also die Wirkung vom Parasympathikus (Teil des vegetativen Nervensystems) vermindern bzw. aufheben. Hierzu gehören:

  • Alkaloide
    • insbesondere Tropanalkaloide wie Atropin, Hyoscyamin, Scopolamin sowie Strychnin
    • z.B. in Pflanzen wie Tollkirsche, Engelstrompete oder Stechapfel enthalten
  • Wirkstoffe bestimmten Pilze (z.B. Fliegen- oder Panther-Pilz)
  • Trizyklische Antidepressiva (z.B. Imipramin oder Amitriptylin)
  • Benzodiazepine
  • Starke Schmerzmittel aus der Gruppe der Opiate
  • Verschiedene Narkosemittel
  • 3-Chinuclidinylbenzilat (chemischer Kampfstoff)

Genannte Stoffe sind anticholinerg wirksam, sie hemmen also das Acetylcholin und wirken dadurch parasympatholytisch. Sie können Vergiftungen und das zentrale anticholinerge Syndrom (ZAS) auslösen und zu folgenden, lebensbedrohlichen Symptomen führen:

tollkirsche , atropa belladonna , pflanze , blüten , beere , strauch , natur , zweige , kirsche , flora , schwarz , gewächs , nachtschattengewächs , schwarze tollkirsche , knospen , giftig

Belladonna / Tollkirsche
Pixabay / pixel2013

  • starke Erregbarkeit (Angst, Hyperaktivität, Unruhe)
  • Koma
  • Temperaturanstieg
  • Herzrasen
  • Weitstellung der Pupillen (Mydriasis)
  • trockene, heiße Haut
  • Harnretention (Unfähigkeit zur Blasenentleerung)

Zu den Wirkstoffen, welche die Parasympathikus-Wirkung hemmen, gehört beispielsweise Atropin, ein Tropan-Alkaloid, das in niedriger Dosierung als Arzneimittel Anwendung findet, jedoch auch toxisch ist und zu Vergiftungen führen kann.

Atropin ist z.B. in giftigen Pflanzen wie der Engelstrompete, Tollkirsche oder dem Stechapfel enthalten und vermindert die Wirkung des Parasympathikus. Physostigmin kann dem entgegenwirken, da es die Aktivität vom parasympathischen Nervensystem verstärkt.

So wie Physostigmin als Gegenmittel für Atropin dient, ist Atropin auch als Antidot gegen eine Vergiftung mit Physostigmin geeignet.


Augenheilkunde (Miotikum)

Physostigmin in der Augenheilkunde (als Miotikum)

Vor allem in der Vergangenheit fand Physostigmin darüber hinaus auch in der Augenheilkunde Verwendung, wo es als sogenanntes Miotikum, also Arzneimittel zur Verengung der Pupille, verabreicht wurde, bspw. bei:

Grüner Star

  • nach der Verabreichung von Atropin (zur Erweiterung der Pupille)
  • Glaukom bzw. Grüner Star (zur medikamentösen Therapie)
  • Senkung des Augeninnendrucks

Aufgrund der hohen Risiken des Physostigmins werden heutzutage jedoch bevorzugt andere Arzneimittel verwendet.

Wirkung von Physostigmin in der Augenheilkunde

Physostigmin erhöht die Menge an Acetylcholin, welche dem Ziliarmuskel (Abschnitt der mittleren Augenhaut) zur Verfügung steht, was zu einem verstärkten Abfluss vom Kammerwasser und somit zu einem Rückgang des Augeninnendrucks führt.

Daher kann der Wirkstoff den Augeninnendruck senken und zur medikamentösen Therapie eines Glaukoms verwendet werden. Darüber hinaus kommt der Wirkstoff der Kalabarbohne auch zur Pupillenerweiterung bei bei PatientInnen, welche Atropin erhalten, zum Einsatz.


Einnahme & Dosierung

Physostigmin Dosierung – Kalabarbohne richtig einnehmen

Aufgrund ihrer hohen Giftigkeit sollte die Kalabarbohne keinesfalls eigenständig eingenommen werden. Die Anwendung erfolgt ausschließlich in Form von Fertigarzneimitteln und nach ärztlichem Rat.

Eine Ausnahme stellen lediglich homöopathische Mittel wie Globuli und Dilutionen dar, da der Wirkstoffgehalt hierbei so gering ist, dass es nicht mehr nachweisbar und somit auch nicht mehr toxisch ist.

Physostigmin als Arzneimittel

In der Medizin wird Physostigmin von entsprechend geschultem Personal in eine Muskel oder Vene injiziert. Während der Behandlung mit dem Wirkstoff werden Werte wie der Blutdruck, die Atmung und der Sauerstoffgehalt beobachtet.

spritze medizkament injektion hepatitis C

Physostigmin kann mitunter intravenös injiziert werden

Abhängig davon, wie der oder die Betroffene auf das Medikament anspricht, können weitere Dosen in Abständen von mindestens 10 bis 300 Minuten verabreicht werden. Die Anwendungsdauer wird vom ärztlichen Fachpersonal festgelegt und unterscheidet sich von Fall zu Fall.

Die Dosierung variiert abhängig von verschiedenen Faktoren wie dem Alter des Betroffenen und der Indikation. Beispielsweise beträgt die übliche Anfangsdosis bei Erwachsenen zur Beschleunigung des Erwachens nach einer Narkose etwa 0,5 bis 1 mg Physostigmin (intramuskulär oder allmählich intravenös).

Bei Überdosierungen mit anticholinerg wirksamen Stoffen werden üblicherweise 2 mg intramuskulär verabreicht (nicht über 1 mg pro Minute). Ist der Zustand des Betroffenen kritisch bzw. bestehen lebensbedrohliche Symptome (z.B. Herzrhythmusstörungen, Krämpfe, Koma) ist eine Wiederholung der Gabe möglich.

Bei Kindern werden in der Regel 0,02 Milligramm Physostigmin pro Kilogramm Körpergewicht injiziert, wobei nicht mehr als 0,5 mg des Wirkstoffs pro Minute verabreicht werden sollten (Höchstdosis: 2 mg). Falls notwendig kann das Arzneimittel in Abständen von 5 bis 10 Minuten erneut verabreicht werden.


Inhaltsstoffe & Wirkstoffe

Inhaltsstoffe der Kalabarbohne

Die Kalabarbohne besteht in erster Linie aus Stärke, Schleimstoffen, Eiweißen und Fetten. Zu den wichtigsten Wirkstoffen der Bohnen gehören die Alkaloide, welche in Mengen von über einem Prozent enthalten sind.

Kalabarbohne, Gottesurteilbohne (Physostigma venenosum), Calabar, Phytostigmin

Zu den Inhaltsstoffen zählen z.B. die Alkaloide Calabarin und Physostigmin

Identifiziert werden konnten vor allem zwei Alkaloide, und zwar das Calabarin und das Physostigmin. Der arzneilich verwendete Wirkstoff Physostigmin ist ein sogenanntes Indolalkaloid, welches bereits in Mengen von 6 bis 10 Milligramm, was in etwa 2 bis 3 Bohnen entspricht, tödlich ist.

In geringeren Dosen wirkt es jedoch erregend auf das parasympathische Nervensystem, wodurch die Konzentration von Acetylcholin steigt und die Aktivität des Parasympathikus erhöht wird. Somit kann Physostigmin als Gegenmittel bei Vergiftungen bzw. Überdosierungen mit Stoffen helfen, deren Giftigkeit auf eine Hemmung des Botenstoffs Acetylcholin zurückzuführen ist.

Zu den wichtigsten Inhaltsstoffen der Kalabarbohnen-Samen gehören:

  • Stärke
  • Schleimstoffe
  • Proteine
  • Fette
  • über 1 % Alkaloide; insb.:
    • Physostigmin (auch Eserin)
    • Calabrin

Risiken & Nebenwirkungen

Nebenwirkungen von Physostigmin – Ist die Kalabarbohne giftig?

Die Kalabarbohne ist hochgiftig und kann bereits in sehr geringen Mengen tödlich sein, weshalb ausschließlich standardisierte Arzneimittel mit festgelegten Dosierung zu verwenden sind, welche vom Fachpersonal verabreicht werden.

Mögliche Nebenwirkungen von Physostigmin sind:

Kalabarbohne, Gottesurteilbohne (Physostigma venenosum), Calabar, Phytostigmin

Rillke, Physostigmine salicylate substance photo, CC BY-SA 3.0 DE

  • Übelkeit, Erbrechen (zu Beginn)
  • Hypersalviation (übermäßige Speichel-Produktion)
  • Durchfall
  • Appetitlosigkeit
  • Unruhe
  • Schwindel
  • Kopfschmerzen
  • Magenschmerzen
  • Schweißausbrüche
  • Verdauungsbeschwerden (Dyspepsie)
  • Anaphylaxie

Eine Analyse der vorliegenden Daten zu den Nebenwirkungen von Physostigmin ergab, dass es bei 415 der 2299 untersuchten PatientInnen zu unerwünschten Wirkungen kam.

Hierbei handelte es sich hauptsächlich um übermäßige Speichel-Produktion (206 PatientInnen), Übelkeit und Erbrechen (96 PatientInnen). Bei 15 Betroffenen kam es außerdem zu Krampfanfällen und bei 8 zu einer teils letalen symptomatischen Bradykardie.

Eine Überdosierung des Alkaloids kann zu einem akutem cholinergen Syndrom (auch muskarinerges Syndrom) führen. In Mengen von etwa 2 bis 3 Kalabarbohnen bzw. 6 bis 10 Milligramm Physostigmin kann es außerdem zu neurotoxischen Effekten mit Atem- und Herzstillstand und schließlich zum Tod kommen.

Achtung! In Tierexperimenten lag die tödliche Dosis von Physostigmin bei 4,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Zu den Symptomen einer Überdosierung von Physostigmin gehören:

  • Miosis (Stenokorie)
  • Bradykardie (verlangsamter Herzschlag)
  • Hypersalivation (vermehrter Speichelfluss)
  • Erbrechen
  • Krampfanfälle
  • Atemstillstand
  • Herzstillstand
  • Tod

Gegenanzeigen (Kontraindikation)

Kontraindikation – Gegenanzeige gegen Physostigmin

Calabar ist extrem giftig und sollte ausschließlich nach ärztlichem Rat eingenommen werden. Eine Gegenanzeige gegen Physostigmin besteht in folgenden Fällen:

  • Überempfindlichkeit bzw. Allergie gegen Physostigmin
  • Bradykardie (verlangsamter Herzschlag)
    • bzw. bradykarde Herzrhythmusstörungen wie z.B. AV-Block (atrioventrikulärer Block); ab Grad II
  • Koronare Herzkrankheit (KHK)
  • Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Myotone Dystrophie (erbliche Muskelerkrankung)
  • Synkopen (Ohnmacht) in der Vergangenheit
  • pulmonale Vorerkrankungen (z.B. Asthma, COPD)
  • geschlossenes Schädel-Hirn-Trauma
  • Magen-Darm-Geschwür
  • Obstruktion bzw. Verengung oder Verschluss der ableitenden Harnwege oder des Magen-Darm-Trakts
  • Morbus Parkinson

Physostigmin verlangsamt den Herzschlag, weshalb bradykarde Herzerkrankungen zu den Gegenanzeigen des Arzneimittels zählen. Ebenso kontraindiziert sind Erkrankungen des Herzens, welche einen verlangsamten Herzschlag fördern.

Asthma, Husten, Atemnot

Die Kalabarbohne ist mitunter bei Atemwegserkrankungen wie Asthma kontraindiziert

Da Physostigmin zu einer vermehrten Ausschüttung von Magensäure führt, gehören auch Geschwüre vom Magen-Darm-Trakt zu den Kontraindikationen. Weiterhin sollte bei einer Obstruktion des Magen-Darm-Trakts oder der ableitenden Harnwege auf Physostigmin verzichtet werden.

Da der Wirkstoff ferner zu einer vermehrten Bronchial-Sekretion und Krämpfen in den Atemwegen führt, zählen auch pulmonale Erkrankungen wie die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und Asthma zu den Gegenanzeigen von Physostigmin.

Frauen in der Schwangerschaft sollten Physostigmin ausschließlich nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erhalten. Der Wirkstoff geht wahrscheinlich auch in die Muttermilch über, weshalb auch in der Stillzeit Vorsicht geboten ist.


Wechselwirkung (Interaktionen)

Wechselwirkungen zwischen Calabar und anderen Medikamenten

Physostigmin kann mit verschiedenen Medikamenten wechselwirken. So verstärkt der Wirkstoff der Kalabarbohne z.B. die Effekte anderer Cholinesterase-Hemmer wie z.B. Neostigmin, Pyridostigmin oder Donepezil.

Da Physostigmin die Konzentration von Acetylcholin erhöht, bestehen zudem Wechselwirkungen mit Medikamenten, welche die Wirkung von Acetylcholin erhöhen (Anticholinergika). Calabar kann die Wirkung dieser Arzneien aus genannten Gründen abschwächen.

Wie auch andere Cholinesterasehemmer kann Calabar außerdem die Wirksamkeit von Muskelrelaxanzien (muskelentspannende Stoffe) beeinflussen. So schwächt es etwa die Effekte von nichtdepolarisierenden Muskelrelaxanzien ab, während es die der depolarisierenden Muskelrelaxanzien verlängert.

  • andere Cholinesterasehemmer (Wirkungsverstärkung)
  • Anticholinergika (Abschwächung der Wirkung)
  • Muskelrelaxanzien
    • Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien z.B. Atracurium, Rocuronium (Abschwächung der Wirkung)
    • Depolarisierende Muskelrelaxanzien (Verlängerung der Wirkung)

Quellen & Verweise

  • Colovic, MB; Krstic, Danijela Z.; Lazarevic-Pasti, Tamara D.; Bondzic, Aleksandra M.; Vasic, Vesna M. (2013). „Acetylcholinesterase Inhibitors: Pharmacology and Toxicology“. Current Neuropharmacology. 11 (3): 315–335. doi:10.2174/1570159X11311030006. PMC 3648782. PMID 24179466.
  • Andrade, O. A., & Gondal, A. Z. (2022). Physostigmine. In StatPearls [Internet]. StatPearls Publishing
  • Goldfrank’s toxicologic emergencies. Hoffman, Robert S. (Robert Steven), 1959-, Howland, Mary Ann,, Lewin, Neal A.,, Nelson, Lewis, 1963-, Goldfrank, Lewis R., 1941-, Flomenbaum, Neal (Tenth ed.). New York. 2014-12-23. ISBN 978-0-07-180184-3. OCLC 861895453.
  • Coelho, F., & Birks, J. (2001). Physostigmine for Alzheimer’s disease. Cochrane Database of Systematic Reviews, 2001(2), CD001499. https://doi.org/10.1002/14651858.CD001499
  • Avoxa – Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH. (n.d.). Kalabarbohne: Früher Gottesurteil – heute Antidot. PTA-Forum online. Retrieved October 2, 2022, from https://ptaforum.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-092015/frueher-gottesurteil-ndash-heute-antidot/
  • Fraser, T. R. (1867). „On the Physiological Action of the Calabar Bean“. Journal of Anatomy and Physiology. 1 (2): 323–332. PMC 1318559. PMID 17230725


Verwandte Ratgeber

Weitere Informationen finden Sie in folgenden verwandten Ratgebern:

Pflanzenvergiftung fingerhut

Giftiger Fingerhut

Bitte empfehlt diese Seite oder verlinkt uns: