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Atropin

by Danaae

Es gibt Wirkstoffe, die bei ganz unterschiedlichen Erkrankungen einsetzbar sind. Atropin kann zum Beispiel bei Kreislaufstillstand – also in einer Notfallsituation und auch bei Bradykardien eingesetzt werden.

Darüber hinaus findet der Wirkstoff auch Verwendung in der Augenheilkunde und sogar als Gegengift. Darüber hinaus kann der Wirkstoff auch bei Asthma angewandt werden.

AtropinWas ist Atropin?

Bei Atropin handelt es sich um ein sehr giftiges Tropan-Alkaloid. Es handelt sich um ein Racemat in einer 1:1-Mischung, bestehend aus den Isomeren (R)- und (S)-Hyoscyamin. Dieses bildet sich aus einem Naturstoff. Und zwar handelt es sich bei

(S)-Hyoscyamin um einen der Inhaltsstoffe von Nachtschattengewächsen. Zum Beispiel kommt der Stoff in Alraunen und in der Engelstrompete vor.

Darüber hinaus ist der Stoff auch in Stechapfel enthalten und in Tollkirschen. Seinen Namen verdankt der Wirkstoff dabei dem Alkaloid der Schwarzen Tollkirsche, der Atropa belladonna.

Bei Atropin handelt es sich um die racemisierte Form des in den Nachtschattengewächsen natürlich vorkommenden (S)-Hyoscyamins. Die Racemisierung findet dabei schon bei der Isolierung statt. Und zwar kommen hierbei Laugen zum Einsatz.

Die Racemisierung von (S)-Hyoscyamin kann dabei bei einem bestimmten pH-Wert unterdrückt werden. Medikamente mit dem Wirkstoff Atropin enthalten dieses in Form des Racemat. Wissenswert ist auch, dass es sich bei dem (S)-Hyoscyamin um ein Ester der Tropasäure handelt. Dieses zählt zu den Tropan-Alkaloiden.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

Atropin kann die:

  • Verdauungsvorgänge dämpfen
  • Atemfunktion stärken
  • Pupillen erweitern
  • Kurzsichtigkeit verbessern
  • Herzleistung steigern
  • Muskelspannung steigern

Allgemeines

Allgemeines
NameAtropin
Andere Namen
  • (±)-Hyoscyamin
  • (±)-Tropintropat
  • (RS)-Tropintropat
  • rac-Tropintropat
  • (±)-β-Phenyl-γ-hydroxypropionsäuretropylester
  • (RS)-β-Phenyl-γ-hydroxypropionsäuretropylester
SummenformelC17H23NO3
Wirkstoffklassefarblose Prismen

Wirkungsweise

So wirkt Atropin

Um zu verstehen, wie der Wirkstoff wirkt, muss man wissen, dass das vegetative Nervensystem aus zwei Teilen besteht. Diese beiden Teile verhalten sich wie Gegenspieler zueinander.

Es handelt sich hier um das sympathische und das parasympathische Nervensystem. Wenn das parasympathische Nervensystem die Oberhand gewonnen hat, dann beruhigt sich unter anderem der Herzschlag.

Zudem wird die Verdauung angeregt und auch die Muskeln entspannen sich. Wenn das sympathische Nervensystem aktiviert ist, dann ist der Körper auf Leistung ausgelegt und angespannt. Das heißt letztlich, dass der Herzschlag immer schneller wird und sich die Pupillen weiten. Die Verdauungsleistung wird indes heruntergefahren.

Es handelt sich um eine Stressreaktion. Diese Wirkung entspricht dabei der Wirkung, die auch Atropin auf den Körper hat. Denn dieser Wirkstoff sorgt dafür, dass sich die Pupillen erweitern und die Atemfunktion gestärkt wird.

Auch die Herzleistung kann gesteigert werden. Das heißt letztlich nichts anderes, als dass der Wirkstoff Atropin im Körper den Parasympathikus hemmt. Der Wirkstoff kann zudem die Speichelproduktion hemmen.

Entgiftend wirkt der Wirkstoff gegen chemischen Kampfstoffe wie Sarin, aber auch gegen Soman und Tabun sowie gegen das Insektizid E 605 (auch bekannt als Parathion).

Aufnahme, Abbau und Ausscheidung von Atropin

Atropin kann sehr gut in der Blutbahn aufgenommen werden. Ein kleiner Teil davon bindet sich an die Transportproteine im Blut. Der größte Teil des Wirkstoffs liegt frei gelöst im Blutplasma.

Dieser Teil des Wirkstoffs wird schnell, in der Regel von zwei bis drei Stunden, über die Nieren ausgeschieden. Der kleinere Teil des Wirkstoffs, der sich nicht im Blutplasma befand, wird sehr viel langsamer ausgeschieden, und zwar über einen Zeitraum von 12 bis 38 Stunden.


Anwendungsgebiete

Wann wird Atropin eingesetzt?

Bei Atropin handelt es sich um einen Arzneistoff, der fast ausschließlich im Krankenhaus eingesetzt wird.

Der Wirkstoff dient der Narkosevorbereitung und kann auch als Medikament für eine kurzzeitige Therapie eingesetzt werden. Dies ist der Fall bei akut aufgetretenen Herzrhythmusstörungen mit einem verlangsamten Herzschlag.

Darüber hinaus kann Atropin als Gegenmittel bei einer Vergiftung eingesetzt werden. Und zwar wirkt der Stoff dabei bei einer Vergiftung mit Cholinesterase-Hemmstoffen. Derartige Stoffe werden als Medikamente eingesetzt, wobei diese gleichzeitig auch Bestandteil von Pflanzenschutzmitteln sind. Oder es handelt sich um Giftpilze.

Da der Wirkstoff in der Lage ist Krämpfe zu hemmen im Bereich von Darm, Magen, Harnwegen und auch in der Galle, ist der Wirkstoff letztlich in der Lage die Sekretion der Drüsen des Magens und der Bauchspeicheldrüse zu hemmen.

Eingesetzt werden kann der Wirkstoff auch im Rahmen der Augenheilkunde. Augentropfen mit diesem Wirkstoff können zum Beispiel auch gegen Kurzsichtigkeit eingesetzt werden. Angewandt werden solche Augentropfen bei Kindern.

Bei Erwachsenen kommt der Wirkstoff zur Behandlung einer Glaskörpertrübung zur Anwendung.


Richtige Anwendung

So wird Atropin angewendet

Angewandt wird der Wirkstoff lokal. Eine häufige Form der Anwendung sind Atropin-Augentropfen. Tropfen gibt es auch für die orale Anwendung. Für die Behandlung von inneren Organen werden Injektionslösungen verwendet. Diese werden von einem Arzt verabreicht.

Eingesetzt werden zur Verwendung im Krankenhaus aber auch Tabletten und Zäpfchen. Die Dosierung des Wirkstoffs hängt von der Art der Verwendung ab. Dies trifft auch auf die Häufigkeit der Anwendung zu. Individuell festgelegt werden Dosierung und Häufigkeit der Anwendung von einem Arzt.


Medikamente

Welche Medikamente beinhalten den Wirkstoff Atropin?

Der Wirkstoff ist unter anderem in folgenden Medikamenten enthalten:

  • Atropinsulfat B. Braun 0,5 mg/ml Injektionslösung
  • ATROPINSULFAT – 100 mg Köhler Injektionslösung
  • ATROPINSULFAT-AGUETTANT 100 Mikrogramm/ml Injektionslösung
  • ATROPINSULFAT AGUETTANT 200 Mikrogramm/ml Injektionslösung
  • Dysurgal® 0,5mg Tabletten
  • Atropin-POS® 0,5%, Augentropfen
  • Atropinum sulfuricum 0,25 mg EIFELFANGO®, Amp.
  • Atropinum-sulfuricum 0,5 mg EIFELFANGO®, Amp.
  • Atropinum sulfuricum 1,0 mg EIFELFANGO®, Amp.
  • MaxMedic Pharma GmbH

Handelsnamen

Atropin ist verschiedenen Mono- und Kombinationspräparaten enthalten.

  • Monopräparate
    Zu den Monopräparaten gehören Bellafit, Dysurgal und verschiedene Generika.
  • Kombinationspräparate
    Als Kombinationspräparat bekannt ist vor allem Eucard.

Indikationen

Atropin ist das Mittel erster Wahl im Krankenhaus, wenn ein Patient einen Kreislaufstillstand erleidet – entweder bei einer Operation oder auch während des Krankenhausaufenthalts.

Vor allem wird der Wirkstoff aber in einer Notfallsituation eingesetzt. Verwendung findet der Wirkstoff auch bei Bradykardien. Weniger häufig eingesetzt wird der Wirkstoff in der Augenheilkunde oder als Gegengift.


Gegenanzeigen

Atropin kann jede Menge Gegenanzeigen auslösen.

Wann darf Atropin nicht verwendet werden?

Atropin darf nicht angewendet werden, wenn eine Überempfindlichkeit gegen diesen Wirkstoff vorliegt. Nicht angewandt darf der Wirkstoff, wenn eine spezielle Form des Grünen Stars vorliegt, und zwar ein Engwinkelglaukom.

Nicht angewandt werden darf der Wirkstoff bei einer Herzmuskelschwäche und bei einer Schilddrüsenüberfunktion. Und auch, wenn eine Verstopfung eines Herzkranzgefäßes diagnostiziert wurde.

Bei einem Verschluss des MagenDarm-Kanals oder bei einer Dünndarmlähmung darf der Wirkstoff ebenfalls nicht angewandt werden. Und sollte die Muskelerkrankung Myasthenia gravis vorliegen, darf der Wirkstoff nicht verwendet werden. Dies gilt auch, wenn eine Schwangerschaftsvergiftung vorliegt.

Bei Patienten über 65 Jahren sollte der Arzt eine gute Überwachung der Einnahme sicherstellen.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Der Wirkstoff Atropin darf bei einer Schwangerschaft nur unter sehr strenger Abwägung des Nutzens und des Risikos verabreicht werden. Die Herzfunktion des Ungeborenen muss im Rahmen einer solchen Behandlung sehr gut überwacht werden.

Eine Anwendung von diesem Wirkstoff während der Geburt ist nicht gestattet. Dies gilt sowohl für eine normale Geburt, wie auch bei Kaiserschnitt. Grund dafür ist, dass bei Mutter und dem Ungeborenen möglicherweise Herzrassen auftreten kann.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Mit diesem Wirkstoff können auch Kleinkinder und sogar Säuglinge behandelt werden. Die Verabreichung sollte jedoch streng überwacht werden von einem Arzt. Überdosierungen sind unbedingt zu vermeiden.


Risiken & Nebenwirkungen

Welche Nebenwirkungen hat Atropin?

Atropin kann eine Reihe von Nebenwirkungen haben. Und zwar sowohl, wenn es nur einmal verabreicht wird, wie auch wenn es im Rahmen von einer Langzeitbehandlung zur Anwendung kommt.

Auftreten können häufig auftretende und auch weniger häufig auftretende Nebenwirkungen. Abhängig ist das Auftreten von Nebenwirkungen sehr stark von der Höhe der Dosierung.

Nebenwirkungen bei schwacher Dosierung

Bei einer schwachen Dosierung hat Atropin häufig die Wirkung, dass sich der Herzschlag verlangsamt. Dies kann unter Umständen zu einer leichten Mundtrockenheit führen.

Nebenwirkungen bei mittlerer Dosierung

Eine mittlere Dosierung führt indes regelmäßig, also häufig zu Mundtrockenheit. Darüber hinaus nimmt bei einer mittleren Dosierung mit diesem Wirkstoff auch die Schweißproduktion ab. Dies führt zu einer Trockenheit der Haut.

Darüber hinaus kann es zu Herzrasen kommen und zu Sehstörungen. Ursache dafür ist die Pupillenerweiterung und eine Störung des Scharfsehens bei einer mittleren Dosierung.

Nebenwirkungen bei hoher Dosierung

Bei einer höheren Dosierung des Wirkstoffs Atropin können die bereits genannten Nebenwirkungen noch einmal verstärkt werden. Darüber hinaus kann es auch zu einer Reizleitungsstörung am Herzen kommen, verbunden mit Herzrhythmusstörungen.

Weitere Nebenwirkungen, die bei einer höheren Dosierung auftreten können, sind eine Muskelschwäche und auch Bewegungsstörungen.

Darüber hinaus kann es auch zu Störungen beim Harnlassen kommen. Möglich sind auch Sprachstörungen und eine Blutdruckerhöhung. Bei höherer Dosierung kann das Atropin zudem einen Anfall von Grünem Star auslösen.

Seltene Nebenwirkungen

Es gibt bei der Anwendung von Atropin auch Nebenwirkungen, die selten auftreten. Hierzu gehören Angina pectoris-Beschwerden und eine Hochdruckkrise. Zudem kann es auch zu einer gehemmten Speichelproduktion kommen. Selten, aber dennoch möglich sind auch Überempfindlichkeitsreaktionen.


Wechselwirkungen

Welche Wechselwirkungen zeigt Atropin?

Atropin kann auch Wechselwirkungen haben. Verstärkt wird die Wirkung von Atropin durch eine Reihe von unterschiedlicher Substanzen. Hierzu gehören H1-Antihistaminika, aber auch Neuroleptika sowie trizyklische und tetrazyklische Antidepressiva und das opioide Schmerzmittels Pethidin.

Die Wirkung von Atropin verstärkt werden kann auch durch Methylphenidat, ein Präparat, das gegen adhs eingesetzt wird. Ebenfalls die Wirkung von Atropin verstärkten können Parkinson-Mittel und Antiarrhythmika, wie zum Beispiel Chinidin, Procainamid und Disopyramid.

Die Wirkung von Atropin kann auch durch des Magenmittels Metoclopramid verstärkt werden. Die Verstärkung der Wirkung von Atropin führt allerdings auch dazu, dass gleichzeitig die Gefahr besteht, dass die Nebenwirkungen sich ebenfalls verstärken.

Atropin kann indes auch dafür sorgen, dass sich die Wirkung von anderen Präparaten vermindert. Grund dafür ist die verminderte Darmtätigkeit, die der Wirkstoff Atropin auslöst. Zu diesen Mitteln gehören Digoxin (hier handelt es sich um ein Herzglykosid) und Nitrofurantoin (bekanntlich ein Antibiotikum).


Wichtige Hinweise

Was ist bei der Einnahme von Atropin zu beachten?

Patienten, die das Down-Syndrom haben, müssen genau beobachtet werden bei der Anwendung von diesem Wirkstoff. Denn schon niedrige Dosen von diesem Wirkstoff können bei diesen Patienten eine starke Pupillenerweiterung und auch ein starkes Herzrasen verursachen.

Auftreten kann bei der Anwendung von einem Präparat mit diesem Wirkstoff eine Reihe von Überempfindlichkeitsreaktionen. Hierzu können eine Bindehautentzündung gehören, wie auch eine Hautentzündung, die sich rund ums Auge manifestiert und Juckreiz sowie Hautrötungen und Nesselsucht.

Ein allergischer Schock kann ebenfalls ein Hinweis auf eine Überempfindlichkeit gegen diesen Wirkstoff sein. Letztlich hat der Wirkstoff auch Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und das Bedienen von schweren Maschinen.

Grund dafür ist, dass Atropin sowohl die Sehleistung, wie auch das Reaktionsvermögen stark beeinflussen kann. Die Verkehrstüchtigkeit kann sogar schon bei geringen Dosen nicht mehr gewährleistet werden.

Diese Wirkung tritt ab dem Zeitpunkt der Behandlung auf und kann bis zu 14 Tagen anhalten. Wer also aus dem Krankenhaus entlassen vor dem Ablauf von 14 Tagen nach der Verabreichung, darf nicht selbst nach Hause fahren.


Abgabevorschriften

So erhalten Sie Medikamente mit Atropin

Atropin wird in der Regel direkt vom Arzt verabreicht. Bei Präparten für eine längere Anwendung muss der behandelnde Arzt ein Rezept ausstellen. Denn Atropin-Präparate sind rezeptpflichtig.


Geschichte

Seit wann ist Atropin bekannt?

Der Entdecker des Arzneistoffs Atropin war der Heidelberger Pharmazeut Philipp Lorenz Geiger. Erforscht wurde der Wirkstoff letztlich von Friedlieb Ferdinand Runge. Es war dann letztlich der deutsche Pharmazeut Heinrich F. G. Mein, der im Jahr 1831 Atropin in einer kristallinen Form darstellte.

Die bekannte Darmstädter Firma Merck war es dann, die ab 1833 Atropin-Präparate herstellte. Dabei verwendet wurde das in den Wurzeln der Schwarzen Tollkirsche enthaltene Atropin. Der Chemiker Richard Wilstätter synthetisierte Atropin im Jahr 1901 und sorgte so für eine kostengünstigere Herstellung des Wirkstoffs.


Warnhinweise

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Für den Fall, dass es während einer Langzeitanwendung von Atropin zu Herzrhythmusstörungen kommt, ist es so, dass der Arzt ein EKG veranlasst und den Patienten danach ständig überwacht.

Grundsätzlich darf ein Präparat mit Atropin nur unter der Aufsicht von einem Arzt angewandt werden. Patienten mit bestimmten Erkrankungen müssen dabei noch intensiver beobachtet werden im Rahmen der Therapie.


Quellen

  • Aktories, K. et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 11. Auflage, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2013.
  • Aehle E., Dräger B. Tropane alkaloid analysis by chromatographic and electrophoretic techniques: an update. J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci, 2010, 878(17-18), 1391-406 Pubmed
  • Barash P.G., Cullen B.F., Stoelting R.K., Cahalan M.K., Stock M.C. Clinical Anesthesia, Lippincott Williams & Wilkins, 2009
  • Arzneimittel-Fachinformation (CH, D, USA)

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