Impfempfehlung – mehr als nur ein gut gemeinter Ratschlag
Vom sprachlichen Begriff her ist die Empfehlung in diesem Sinne ein Hinweis, ein Vorschlag oder ein Tipp. Das gilt auch für das Impfen als einen generellen Schutz vor übertragbaren Krankheiten. In Deutschland gibt es keine gesetzliche Impfpflicht. Jeder Bürger kann aus rechtlicher Sicht für sich sowie seine minderjährigen Kinder frei und ganz unabhängig entscheiden: Impfen Ja oder Nein.
Wichtig ist in dieser Situation, ob beziehungsweise dass ihm die Tragweite seiner Entscheidung bewusst ist; vor allem dann, wenn er sich gegen eine Impfe entscheidet, die, wie es gern genannt wird, von oben empfohlen wird. „Die da oben“, das sind die Angehörigen der STIKO, der Ständigen Impfkommission.
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Impfempfehlung durch die STIKO
Inhaltsverzeichnis
Wie Impfempfehlungen zustande kommen
Die STIKO ist ein Gremium, dem anderthalb Dutzend Mediziner, Fachleute und Experten aus dem Bereich Medizin, Wissenschaft und Forschung angehören. Eingerichtet wurde die STIKO Anfang der 1970er Jahre und damals dem Bundesgesundheitsministerium zugeordnet. Heutzutage, Mitte der 2010er Jahre, gehört die STIKO zum Robert-Koch-Institut mit Sitz in Berlin. Das RKI ist als Bundesbehörde zuständig für jegliche übertragbaren Krankheiten sowie Infektionskrankheiten.
Die STIKO-Mitglieder sind ehrenamtlich tätig. Sie werden im Dreijahresrhythmus vom Bundesminister für Gesundheit in ihr Ehrenamt berufen. Hauptaufgabe der STIKO ist es, bundesweite Impfempfehlungen auszusprechen. Rechtsgrundlage dafür ist § 20 des Infektionsschutzgesetzes IfSG.
Die Empfehlungen der STIKO werden vom Robert-Koch-Institut an die obersten Landesgesundheitsbehörden übermittelt und dort anschließend veröffentlicht. Der Weg führt, bildlich gesprochen, von ganz oben bis nach ganz unten; also vom Bund hin zu jedem einzelnen Bundesland, und dann weiter an das Gesundheitsamt aller Landkreise beziehungsweise kreisfreien Städte.
Auf dieser untersten Verwaltungsebene werden die Ärzte vor Ort informiert, beziehungsweise sie holen die Impfempfehlungen von ihrem örtlich zuständigen Gesundheitsamt. Dieser Weg sieht zunächst umständlich und aufwendig aus. Er ist jedoch in dem föderalistischen Aufbau von Deutschland unverzichtbar, und im Übrigen bei der heutigen Kommunikationstechnik so problemlos wie schnell.
Impfempfehlung umsetzen
Jetzt liegt es an dem Zusammenspiel sowie auch an dem Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, die Impfempfehlung der STIKO umzusetzen. Der Arzt kann seinen Patienten nicht dazu zwingen, sich impfen zu lassen, auch nicht die junge Mutter des Kleinkindes. Seine Aufgabe und Verantwortung ist es jedoch, aufzuklären und die Folgen darzulegen, die sich aus einem Impfverzicht ergeben können.
Aus der Empfehlung wird auf diese Weise ein „seichter Druck“, dem sich der Erzieher aus Verantwortung um sein Kleinkind kaum bis hin zu gar nicht entziehen kann. Wer möchte schon die Verantwortung dafür übernehmen, dass sein Kind mangels Vorsicht, Umsicht und Vorsorge ungewollt oder unverschuldet erkrankt, beispielsweise an Masern, an Röteln oder an Tetanus.
Zur Umsetzung der Impfempfehlung appelliert der Arzt bei diesem Beispiel an das Verantwortungsbewusstsein des Erziehers für sein Kind. Aber auch für seine eigene Gesundheit hat der Erwachsene ein gewisses oder auch hohes Maß an Verantwortung. Krankenkassen, Apotheken und alle Medien machen dem Bürger deutlich, wie wichtig es ist, Impfempfehlungen ernst zu nehmen.
Ein Beispiel dafür ist die jährliche Grippeschutzimpfung. Doch bis es soweit ist, dass die Impfempfehlung ganz unten an der Basis ankommt, wird in Gremien, Arbeits- und Fachgruppen sowie in Behörden viel recherchiert, informiert, abgewogen und diskutiert.
Jährlicher Impfkalender
Das Ergebnis ihrer regelmäßigen Arbeit fasst die STIKO in einer jährlich aktualisierten Übersicht zusammen, dem bundesweiten Impfkalender. Er kann als Impfplanung für alle von der STIKO empfohlenen Impfen bezeichnet werden. Veröffentlicht wird der Impfkalender in einem der regelmäßig erscheinenden Epidemischen Bulletins.
In diesem Impfkalender sind sämtliche Empfehlungen an Schutzimpfungen enthalten, von der simultanen Hepatitis-B-Impfung des Neugeborenen direkt nach der Geburt bis hin zur jährlichen Influenzaimpfe im Seniorenalter 60+ und älter.
Dazwischen liegen sowohl Grundimmunisierungen als auch ein- oder mehrfache Auffrischungsimpfen für alle Altersgruppen. Dem Bürger als Impfling entstehen für alle von der STIKO empfohlenen Impfungen keine Kosten. Für die Krankenkassen sind sie allesamt Pflichtleistungen nach § 20d SGB V, des fünften Sozialgesetzbuches.
Danach gehören diese Impfen zu einer von der Bundesregierung eingeführten und von den Krankenkassen umzusetzenden nationalen Präventionsstrategie. Diese Zahlungspflicht besteht für die gesetzlichen Krankenkassen seit Verabschiedung der 2007er Gesundheitsreform.
Bevor der STIKO-Impfkalender veröffentlicht werden kann, wird er vom G-BA, dem Gemeinsamen Bundesausschuss als dem höchsten Gremium im deutschen Gesundheitswesen verabschiedet, sprich genehmigt. Dessen Aufgaben sind in § 91SGB V im Einzelnen festgelegt. Der G-BA ist eine eigenständige juristische Person des öffentlichen Rechts; er untersteht direkt dem BMG, Bundesminister für Gesundheit. Dem G-BA gehören 13 Mitglieder an, die für einen Zeitraum von sechs Jahren gewählt werden.
Wissenschaftliche Begründung
Wissenschaftliche Begründung für jede einzelne Impfempfehlung
Die STIKO macht sich ihre Entscheidung nicht leicht, um einerseits eine Schutzimpfung neu zu empfehlen, und andererseits eine bisherige Schutzimpfe aus dem Impfkalender herauszunehmen. In dem rund 40-seitigen Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Institutes wird zu jeder einzelnen Impfempfehlung eine wissenschaftliche Begründung genannt.
Die lautet beispielsweise für die jährliche Grippeimpfung, die Influenza saisonal: „Wissenschaftliche Begründung für die Änderung der Empfehlung zur Impfung gegen Influenza; publiziert im Epid. Bull.36/37/2013 [www.rki.de/epidbull Ausgabe 36/37/2013]“. Mit dieser Information, der angegebenen Quelle des Bulletins sowie der Webpage ist lückenlos nachvollziehbar, wie sich die STIKO-Empfehlung zu der jeweiligen Schutzimpfe entwickelt.
Die ausführlichen Hinweise als Impfempfehlung zur Durchführung von Schutzimpfungen sind gegliedert in
- Aufklärungspflicht Allgemein
- Impfabstände
- Lieferengpässe von Impfstoffen
- Umgang mit Impfstoffen und Vorgehen bei der Impfung
- Hinweise zur Schmerz- und Stressreduktion beim Impfen
- Dokumentation der Impfung
- Impfkomplikationen
- Hinweise zur Kostenübernahme von Schutzimpfungen
- Impfempfehlungen für Aussiedler, Flüchtlinge oder Asylsuchende in Gemeinschaftsunterkünften
- Impfkalender wie eine lebende Impfempfehlung
Aktualisierung & Erneuerung
Mit ihren Experten aus unterschiedlichen Disziplinen, mit Gästen, Fachberatern sowie mit Arbeitsgruppen steht der STIKO eine geballte Macht an Knowhow und Erfahrung zur Verfügung. Die ist auch notwendig, um den jährlichen Impfkalender nicht nur zu erneuern, sondern auch zu aktualisieren.
Weltweite Entwicklungen zu neuen oder vorhandenen Krankheitserregern, über Epidemien und zu Pandemien werden ebenso berücksichtigt wie Erfolge der Weltgesundheitsorganisation WHO bei der Bekämpfung von hochansteckenden, gefährlichen Erkrankungen.
Was in diesem Jahr im Impfkalender empfohlen wird, das kann im nächsten Jahr schon überholt sein, und umgekehrt. Eine wichtige, wenn auch indirekte Hilfe leistet die BZgA, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit Sitz in Köln. Sie ist als Bundesbehörde dem Bundesministerium für Gesundheit zugeordnet.
Ihre Aufgabe ist es, die Bürgerbereitschaft zu fördern, sich sowohl gesundheits- als auch verantwortungsbewusst zu verhalten und das angebotene Gesundheitssystem der gesetzlichen Krankenkassen zu nutzen. Dazu gehört auch und ganz besonders der gesamte Bereich Schutzimpfung.
Eigene Gesundheit, Verantwortung gegenüber Familienangehörigen sowie Mitmenschen und Nutzung des Krankenkassenangebots treffen allesamt auch eins zu eins auf die empfohlenen Schutzimpfungen zu. Die sind ebenso wichtig wie Themen zur Suchtprävention, zu Alkoholmissbrauch oder zur Aufklärung über hiv/aids als einige der BZgA-Schwerpunkte.