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Schmerztherapie mit Opiaten – aus der Sicht eines Schmerzpatienten

by joe

Erfahrungsbericht

Die Therapie starker und stärkster chronischer Schmerzen mit Opioidanalgetika wird von vielen Ärzten noch immer weitgehend abgelehnt, obwohl in den meisten Fachveröffentlichungen zu diesem Thema in bestimmten Fällen eine solche Therapie als sinnvoll und notwendig erachtet wird. Viele Untersuchungen zu diesem Thema, führen aus, dass sehr vielen Schmerzpatienten mit einer entsprechenden Diagnose eine vernünftige und vor allem wirksame Therapie vorenthalten wird.

Nun wird niemand einem Arzt vorwerfen, dass er seinem Patienten wider besseren Wissens ein wirksames Medikament vorenthält. Aber das Wissen der Ärzte ist genau der springende Punkt. Bei vielen Ärzten fehlt einfach das genaue Wissen über die Möglichkeiten der modernen Therapie mit Opioidanalgetika. Selbst in den großen Nachschlagwerken der Pharmakologie werden Opiate in erster Linie als Suchtgifte geführt und nur am Rande wird erwähnt, dass auch eine Schmerztherapie damit möglich ist.

Aber auch bei uns Schmerzpatienten gibt es viele Vorbehalte, Vorurteile und Ängste zur Therapie mit Opioidanalgetika. Auch bei uns ist dies ein Problem der fehlenden oder falscher Informationen.

Die öffentliche Meinung zu diesem Thema wird durch die Darstellung in Filmen, Büchern und Zeitschriften geprägt. Hier wird in der Regel ausgeführt, dass jemandem der Morphium bekommt nicht mehr zu helfen ist. Das bedauernswerte Geschöpf ist eigentlich schon so gut wie tot, die Ärzte haben es aufgegeben.

Außerdem ist da ja auch noch die Sache mit der Sucht. Wenn einer erst mal damit angefangen hat, kommt er da nie wieder von los und im Endeffekt wird er Haus, Beruf und Familie verlieren und in der Gosse enden. Diese unterschwellig vorhandenen Ängste und Vorurteile verhindern oft eine vernünftige und nach modernen Erkenntnissen ausgerichtete Schmerztherapie mit Opioidanalgetika.

Aus eigener Erfahrung weis ich, das die genannten Ängste und Vorurteile, bei Einhaltung bestimmter Regeln unbegründet sind.

Ich hatte 1989 eine Verkehrsunfall und habe seit dem ständig Neuralgien im SchulterArm-Bereich. Von 1989 bis 1998 bin ich mit schwachen Opioiden in Verbindung mit anderen ergänzenden Mitteln behandelt worden. Trotz einer sehr hohen Dosierung des schwachen Opioids, dass ich zuletzt in einer Retardform bekam, konnte ich nie sagen, dass ich die Schmerzen gut ertragen kann. Die Nebenwirkungen des Medikamentencocktails führten aber zu einer andauernden Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, geringer Belastbarkeit und allgemeiner Lustlosigkeit.

Während eines Krankenhausaufenthaltes wurde dann die Therapie mit Opioidanalgetika begonnen. Ich bekam zuerst zusätzlich zu den bisherigen Medikamenten ein Morhinpräperat in einer retardierten Form. Im Laufe der Einstellung auf das Morphium wurden dann die anderen Medikamente bis auf das Saroten abgesetzt.

Bei der Einnahme des Opioidanalgetikums muss ich einige ganz wichtige Regeln beachten.

  1. Das Morphium nehme ich nur in Retardform ein
  2. Ich nehme das Medikament immer genau zu gleichen Zeit ein
  3. Ich halte mich immer genau an die vom Arzt vorgegebene Dosis

Die Einhaltung dieser drei ganz wichtigen Regeln bewirkt folgendes: Da ich das Morphium in Retardform und immer zur gleichen Zeit nehme, ist nach der Einstellung der Blutspiegel des Medikaments immer annähernd gleich. Es kommt nicht mehr zu Schmerzlöchern und ein An- und Abfluten des Medikamentenspiegels unterbleibt. Dadurch ist für mich die Suchtgefahr (psychische Abhängigkeit) annähernd bei null, weil es nicht zu einem euphorisierenden Effekt dem s.g. Flash kommt.

Natürlich kann ich das Medikament nicht von heute auf morgen absetzen, weil ich sonst körperliche Entzugssymptome bekommen würde, diese körperliche Abhängigkeit kann aber z.B. mit der Situation eines Zuckerkranken verglichen werden. Wenn ein Zuckerkranker sein Insulin einfach weglässt wird es auch bei ihm zu Entzugserscheinungen kommen, er ist also auch körperlich Abhängig vom Insulin. Bei einer Therapie mit Opioidanalgetika ist aber in aller Regel ein schrittweises Verringern der Dosis bis zum Absetzen ohne Probleme möglich. Es kommt halt auf die Geschwindigkeit der Dosisänderung an.

Ich kann jetzt mit den Schmerzen ganz gut leben Außerdem bin ich lange nicht mehr so müde und abgeschlagen wie früher, ich kann ohne Probleme mit dem Auto fahren und wenn ich mich erst mal von der Zeit ohne ausreichende Schmerztherapie erholt habe steht auch einer normalen Berufstätigkeit nichts mehr im Wege.

Aus heutiger Sicht bin ich viele Jahre mit Schmerzen herumgelaufen, die vielleicht nicht nötig gewesen wären. Auf diese Art und Weise ist ein großer Teil Lebensqualität verlorengegangen. Wie mir geht es sicherlich einer großen Zahl von Schmerzpatienten. Leider ist zur Zeit noch eine gehörige Portion Glück von Nöten, um als Schmerzpatient in Deutschland einen Arzt zu finden, der sich mit der Therapie mit Opioidanalgetika soweit auskennt, dass er sie zum Wohle von uns Schmerzpatienten einsetzen kann.

Eine nicht ausreichende Schmerztherapie hat aber nicht nur gravierende Auswirkung auf die Lebensqualität der Schmerzpatienten, auch die Volkswirtschaft wird oft durch Arbeitsausfall, Krankenhausaufenthalte, Arztbesuche und Frühberentung, die bei einer Therapie mit Opioidanalgetika nicht erforderlich wären, unnötig belastet. Hier gibt es ein Einsparungspotenzial, dass mit relativ einfachen Mitteln ausgenutzt werden könnte, gleichzeitig würde man den betroffenen Schmerzpatienten ein Teil Lebensqualität wieder geben.

Es wäre schön, wenn dieses Beispiel und die hier zusammengetragenen Informationen dazubeitragen, dass die Schmerzpatienten, die bisher noch keine zufriedenstellende Therapie gefunden haben, einmal zusammen mit ihrem Arzt über die Möglichkeiten einer Schmerztherapie mit Opioidanalgetika sprechen. Vielleicht werden die Fragen von uns Schmerzpatienten den einen oder anderen Arzt dazu anregen, sich ausführlich mit dem Thema zu beschäftigen.

Ich möchte hier aber nicht falsch verstanden werden, nicht jedem von starken oder stärksten chronischen Schmerzen geplagten Patienten kann mit Opioidanalgetika geholfen werden. Es gibt viele Schmerzbilder, bei denen Opioidanalgetika nicht oder nicht optimal helfen. Aber wichtig ist, dass Opioidanalgetika nicht grundsätzlich abgelehnt werden, sondern es sollten immer alle Therapiemöglichkeiten genau geprüft werden.

 
Nikolaus Schneider
 

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