Erst kürzlich stellte man auf der 55. Interdisziplinären Konferenz über Antimikrobielle Heilmittel und Chemotherapie (IAAC/ICC) in San Diego, Kalifornien, ein neues Instrument vor. Es ist in der Lage, Medikamente an den Körper abzugeben, die sowohl gegen das hiv-Virus als auch gegen Herpes wirken.
Dabei handelt es sich um einen Silikonring, der in die Vagina eingeführt wird. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Erfindung vor allem wirtschaftlich benachteiligten Frauen Schutz gewährt.
Der Vaginalring aus Silikon gibt wasserlösliche Moleküle wie Tenofovir ab, ein Präparat, das auf den aktivsten und häufigsten Erregerstamm des Humanen Immundefizienz Virus (hiv) anspricht, hiv-1. Zusätzlich wird auch Acylovir abgegeben, das den Herpes-Virus blockiert. Die Erfinder hoffen, dass der Vaginalring insbesondere stark gefährdete Frauen vor allem vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützen kann.
Entwickelt wurde das System an der Universität Jean Monnet in Saint Etienne, Frankreich, in Zusammenarbeit eines ganzen Teams von Virologen, Chemikern und einem Silikon-Ingenieur, der das Gerät entwarf, mit dem der Ring hergestellt wird.
Das Konzept der kontrollierten Freigabe aus polymeren Materialien existiert bereits seit den 1960er Jahren. Angewendet wurde es bereits erfolgreich für langfristig wirkende Steroide gegen Wechseljahresbeschwerden und zur Verhütung. Die Durchlässigkeit für medizinische Substanzen war ein wichtiger Punkt bei der Herstellung eines solchen Vaginalringes.
Die Schwierigkeit dabei ist, dass das Silikon ein wasserabweisender Stoff ist. Man umging das Problem, indem ein wasserbindender Bestandteil mit ins Silikon gemischt wurde – dieser erlaubt es, den medizinischen Präparaten aus ihren Reservoiren nach außen zu gelangen.
Die Ringe können Konzentrationen von zwischen 1,5 und 3,5 Milligramm Acylovir und drei bis fünf Milligramm Tenofovir pro Tag absondern, für eine Dauer von bis zu 50 Tagen insgesamt.
Mit dieser Dosierung lassen sich Infektionen mit hiv-1, Hepatitis B und Genital-Herpes abwehren. Der Ring beweist einmal mehr die Fähigkeit des Silikons, die wasserlöslichen Virostatika über längere Zeit in ausreichender Konzentration zu speichern und wohldosiert abzugeben.
Momentan wird geplant, die Vaginalringe im klinischen Test zu erproben. Bei Erfolg sollen sie in großer Zahl und zu sehr niedrigen Kosten produziert werden können.
Der Kostenfaktor spielt eine große Rolle, wenn man die Zielgruppe vor Augen hat: In Ländern mit niedrigem Einkommen rangieren sexuell übertragbare Virusinfektionen bei Frauen sehr weit oben. Die meisten werden schon sehr früh in ihrem sexuellen Leben damit konfrontiert, Männer infizieren sich im Durchschnitt erst sieben bis zehn Jahre später. „Für Frauen ist es bislang beinahe unmöglich, sich entsprechend zu schützen“, berichtet die Autorin der Studie über die Entwicklung des Vaginalrings, Meriam Memmi. „Die Benutzung von Kondomen setzt die Kooperation des Mannes voraus. Über die Verwendung der Vaginalringe entscheidet die Frau.“