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Bekannten Nebenwirkungen
Inhaltsverzeichnis
Im Mittelpunkt der bisherigen klinischen Forschungen zur Langzeittherapie mit Opiaten standen neben der Frage, bei welchen Schmerzerkrankungen Opioide sinnvoll einsetzbar sind und wie es jeweils um die Effektivität der Therapie bestellt ist, selbstverständlich auch Untersuchungen zu den bekannten Nebenwirkungen wie:
- Obstipation (Verstopfung),
- Atemdepression,
- psychische und physische Abhängigkeit oder Toleranzentwicklung.
Es konnte nachgewiesen werden, dass es unter einer Dauereinnahme von Opiaten nach einem festen Zeitschema bei sachgerechter Anwendung nicht zu gefährlichen Nebenwirkungen oder gar einer nicht beherrschbaren Dosissteigerung kommen muss.
in der Praxis
Kurz und bündig kann man heute sagen, dass eine medikamentöse Dauertherapie mit Opioiden mit den bekannten Nebenwirkungen einhergeht, die aber jeweils unterschiedlich ausgeprägt sind:
- Eine Obstipation ist regelmäßig vorzufinden,
- seltener anzutreffen sind zentral-nervöse Beeinträchtigungen wie Müdigkeit, Benommenheit und Schwindel, Verwirrtheit und Halluzinationen.
Einige Studien zeigten zwar auch Einbußen der Leistungsfähigkeit, räumten aber eine erhebliche Variationsbreite ein, die schon durch die Grundkrankheit bedingt sein konnte. Im Hinblick auf die wichtige Frage nach der Verkehrstauglichkeit der Patienten erfasste eine finnische Studie die sensormotorische Leistungsfähigkeit von Tumorpatienten unter Langzeit-Opioidtherapie im Vergleich mit schmerzfreien Tumorpatienten, die keine Opioide benötigten: Die Ergebnisse der Krebspatienten unter Opioiden waren schlechter, eine generelle Fahruntüchtigkeit konnte jedoch nicht aufgezeigt werden.
Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine Bochumer Forschungsgruppe in eigenen Untersuchungen: Patienten unter einer Opioidtherapie schnitten bei einigen Reaktionstests im Fahrsimulator schlechter ab als gesunde, medikamentenfreie Fahrer. Die Streubreite der Messwerte war jedoch erheblich. In Einzelfällen reagierten Schmerzpatienten sogar besser als gesunde, medikamentenfreie Probanden. Die Höhe der Opioiddosierung sowie die unterschiedliche schmerzstillende Potenz der einzelnen Opioide hatte in diesen Untersuchungen keinen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit.
Aus den Ergebnissen kann in Übereinstimmung mit der sonstigen wissenschaftlichen Literatur der Schluss gezogen werden, dass eine Opioidtherapie nicht zwangsläufig zur Beeinflussung der Leistungsfähigkeit bei komplexen sensormotorischen Handlungen , wie sie die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nun mal darstellt, führen muss.
Die große Uneinheitlichkeit der erhobenen Daten führt zu dem Schluss, dass die Fahrtüchtigkeit von Patienten unter einer Opioidtherapie nur für den jeweiligen Einzelfall beurteilt werden kann.
Empfehlungen für die tägliche Praxis
Für die tägliche Praxis können aber die folgenden Empfehlungen ausgesprochen werden:
Grundsätzlich muss der Arzt vor dem Beginn einer Opioidtherapie zunächst seiner Aufklärungspflicht nachkommen. Diese umfasst neben dem Hinweis auf Wirkungen und Nebenwirkungen der Medikamente auch Aufklärung über mögliche sicherheitsrelevante Beeinträchtigungen durch die Opioide.
Die Art und der Umfang seiner Aufklärung muss vom Arzt gemäß den geltenden Vorschriften dokumentiert werden. Am besten kann dies in Form eines „Arzt-Patientenvertrages“ geschehen, der sowohl vom Arzt als auch vom Patienten unterzeichnet wird.
In diesem Vertrag könnten die folgenden Punkte enthalten sein:
- Aus ärztlicher Sicht muss die Fahrzeugführung
- in der Einstellungsphase auf Opioide,
- bei Dosiskorrekturen (Erhöhung, Reduktion),
- bei Wechsel des Opioides
- und bei schlechtem Allgemeinzustand des Patienten
unabhängig von der Opioidtherapie untersagt werden.
- Darüber hinaus, d.h. bei gutem Therapieverlauf steht einer aktiven Teilnahme des Patienten am Straßenverkehr nichts im Weg. Es bleibt seiner Eigenverantwortung überlassen, sich selbst jeweils kritisch zu überprüfen, wie es die Straßenverkehrsordnung für jeden anderen Verkehrsteilnehmer auch vorsieht.
- Im weiteren Therapieverlauf ist eine Erfolgskontrolle mit entsprechender Dokumentation weiter obligatorisch.
- Die schriftliche Dokumentation des Arztes muss den physischen und psychischen Zustand des Patienten, also sein Wohlbefinden und den Therapieerfolg sowie das Ausmaß der Nebenwirkungen umfassen.
Fazit
Die Fahrzeugführung kann aus ärztlicher Sicht möglich sein:
- wenn der Therapieverlauf stabil ist,
- ein guter Allgemeinzustand gegeben ist und
- der Patient auf seine Pflicht zur kritischen Selbstprüfung hingewiesen wird
Im Zweifelsfall bleibt die Möglichkeit, zu erwägen, den Patienten einer neutralen Leistungsüberprüfung durch den TÜV oder ähnliche unabhängige Institute zu unterziehen.
Patienten mit chronischen Schmerzen, die auf Opioide eingestellt sind, sollten nicht für den Morphingebrauch bestraft werden. Eine Verhältnismäßigkeit ist nicht gegeben, wenn andererseits Patienten, die auf Antihypertonika oder Antidiabetika eingestellt sind, ohne Einschränkung am Straßenverkehr teilnehmen dürfen.
Die Lebensqualität der Schmerzpatienten, die stabil auf Opioide eingestellt sind, wird unnötig eingeschränkt, wenn ihnen die aktive Teilnahme am Straßenverkehr grundsätzlich untersagt wird. Studien zur Schmerztherapie haben gezeigt, daß sich die Leistungsfähigkeit bei stabiler Einstellung auf Opioide durch Wegfall der „Schmerzbremse“ sogar verbessern kann.
Opioide werden in diesen Fällen „auf der Basis einer bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels“ verordnet. Damit machen sich Patienten, die unter einer Therapie mit Opioiden stehen, auch nicht automatisch strafbar.
Siehe auch Trotz starker Opiate noch fahrtüchtig