Den Menschen verstehen
Ein wichtiges Gebiet der forensischen Psychologie ist die Entwicklungspsychologie.
Dabei gilt es, den Menschen zu betrachten, sein Inneres zu untersuchen und zu verstehen, wie er sich im Laufe seines Lebens verändert.
Es werden vor allem langfristige Dynamiken in der menschlichen Wahrnehmung und dem Verhalten betrachtet, keine stoßweisen, stimmungsbedingten oder von außen beeinflussten Veränderungen.
In diesem Ratgeber informieren wir Sie umfassend zum Thema Entwicklungspsychologie.
Table of Contents
Was ist die Entwicklungspsychologie?
Inhaltsverzeichnis
Die moderne Entwicklungspsychologie untersucht die menschliche Entwicklung in verschiedenen Stadien und greift dabei auf wissenschaftliche Methoden und Modelle zurück, beispielsweise Befragungen, empirische Datenerfassung und psychologische Experimente.
Dabei werden vor allem Erkenntnisse über die Sprachentwicklung und das Erlernen der Sprache im Kindesalter gewonnen, ferner wird die umgebungsbedingte Persönlichkeitsentwicklung betrachtet, das menschliche Denken und die Wahrnehmung und dem übergeordnet sämtliche Lernprozesse des Menschen.
Während sich die Entwicklungspsychologie früher vor allem mit Kindern beschäftigt hat, ist heute die gesamte Reife des Menschen von Geburt bis zum Tod von Interesse, wobei die Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern sowie die Untersuchung der Eltern-Kind-Beziehungen noch immer einen wichtigen Schwerpunkt bildet.
Der Begriff der Entwicklung, der dabei betrachtet wird, wird als diskontinuierlicher, also nicht zwingend zusammenhängender Prozess bezeichnet. Die Veränderungen, die der Mensch dabei erlebt, sind von qualitativ-struktureller Natur und immer auf eine höhere Ebene, einen endgültigen Reifezustand, ausgerichtet.
Die verschiedenen psychologischen Konzepte untersuchen dabei, wie sich die psychischen Funktionen Emotion und Kognition, Sprache, Motivation und soziales Verhalten, vor allem die Moral, während der menschlichen Reifeprozesse, dem Erwachsenwerden und dem Altern verändern.
Es wird beispielsweise davon ausgegangen, dass Menschen auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen unterschiedliche Aufgaben von der Umgebung und der Gesellschaft zugeschrieben bekommen, die den Grad ihrer Entwicklung, ihre psychischen Veranlagungen, soziale Begebenheiten und ihre Persönlichkeiten reflektieren. Kommt es zu Fehlern bei dieser schrittweisen Entwicklung, spricht man von einer Entwicklungsstörung.
Es gibt dabei verschiedene Theorien darüber, wie viel seiner Entwicklung der Mensch aktiv beeinflussen kann. Viele dieser verschiedenen historischen Konzepte liegen der heutigen Entwicklungspsychologie zugrunde.
Die wichtigsten sind Albert Banduras Theorie des „Sozialen Lernens“, Jean Piagets „Stufentheorie“, auf der auch Erik Eriksons Modell der „acht Stufen der psychologischen Entwicklung“ aufbaut und Sigmund Freuds „fünf Phasen der psychosexuellen Entwicklung“ sowie sein „Instanzenmodell“.
Ursprung & Entwicklung
Der Grundstein der heutigen Forschung in der Entwicklungspsychologie sind historische Theorien verschiedenster Philosophen, Soziologen und Psychoanalytiker.
Bei Albert Banduras Konzept des „Sozialen Lernens“ geht es um den Erwerb von sozialen und emotionalen Fähigkeiten mit dem Ziel der sozialen Antizipation. Bandura formulierte dafür die sogenannte Aneignungs- und die Ausführungsphase.
Nur durch Erwartungen, die an den Lernenden gestellt werden, kann er beobachtetes Verhalten nachahmen. In der Aneignungsphase geschieht das durch Gedächtnisprozesse, in der Ausführungsphase durch motorische Reproduktion dieses Verhaltens.
Jean Piaget, Jane Loevinger und Erik Erikson formulierten verschiedene aufeinander aufbauende Stufenmodelle zur Erklärung der menschlichen Entwicklung. Sie stellen verschiedene Stadien vor, in denen der Mensch unterschiedliche kognitive Fähigkeiten erwirbt.
Loevinger formulierte in diesem Zusammenhang außerdem die sogenannte „Ich-Entwicklung“ auf dem Weg zu Selbstreflexion, Bewusstsein und Persönlichkeitsentwicklung.
Sigmud Freud setzte neue Maßstäbe innerhalb der Psychoanalyse, indem er das menschliche Wesen in drei Instanzen (Es, Ich und Über-Ich) teilt. Ferner entwickelte er die fünf Phasen der psychosexuellen Entwicklung, die besonders auf die Kinderpsychologie einen großen Einfluss hatten und das Stufenmodell Erik Eriksons beeinflusste, das noch heute eine der Grundlagen in der modernen Entwicklungspsychologie darstellt.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die Entwicklungspsychologie ist keine Behandlungsmethode im eigentlichen Sinne, sondern stellt vielmehr eine Grundlage dar, auf der das Prinzip der Psychotherapie aufbaut. Da hierbei besonders die frühkindliche Entwicklung von besonderem Interesse ist, wird die Entwicklungspsychologie besonders innerhalb von Familientherapien oder der Kinderpsychiatrie berücksichtigt.
Die Ziele der Entwicklungspsychologie sind dabei:
- Förderung des Selbstbewusstseins
- Therapie von psychischen oder sozialen Störungen
- Hilfe bei einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung
- Untersuchung, Identifikation und Begründung von Entwicklungsproblemen
- Förderung sozialer, kognitiver und emotionaler Kompetenzen
Durchführung & Wirkung
Ablauf und Wirkungsweise
Die Konzepte und Theorien der Entwicklungspsychologen betrachten vor allem die frühkindliche Entwicklung. Eltern sollten sich über die gesunde Entwicklung eines Kindes informieren und beim eigenen Kind auf Verhaltensauffälligkeiten achten und im Notfall den Hausarzt oder eben einen Psychotherapeuten aufsuchen.
Entwicklungsstörungen liegen möglicherweise vor, wenn Kinder enorme Lernschwächen oder hyperkinetische Störungen (z.B. adhs) zeigen, ebenso bei sozialen Schwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten.
Auch Lehrer und Erzieher sollten auf diese Symptome bei Kindern achten.
Treten eins oder mehrere der oben erwähnten Probleme auf, so ist es manchmal ratsam, mit Kindern einen Psychotherapeuten aufzusuchen. Dabei müssen nicht immer zwingend Medikamente verschrieben werden.
Viele Konzepte der Entwicklungspsychologie suchen die Wurzeln dieser Probleme in Dysfunktionen beispielsweise in der Eltern-Kind-Beziehung.
Durch gezielte Gesprächs- oder Verhaltenstherapie können diese frühkindlichen Entwicklungsstörungen überwunden werden. Im Falle einer Medikation wird diese immer in Kombination mit einer Gesprächstherapie durchgeführt, um starken Nebenwirkungen oder Medikamentenmissbrauch vorzubeugen. Idealerweise erreicht der Patient einen medikamentenfreien, gesunden Zustand.
Erkenntnisse & Behandlungen
Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie werden berücksichtigt bei:
- Erschöpfung, Stress und Depressionen
- Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörungen besonders im Kindesalter
- Angststörungen (Phobien)
- Hyperkinetischen Störungen wie adhs und Lernschwächen
- Störungen des Sozialverhaltens und Bindungsproblemen
- Schlafstörungen
- Essstörungen
- Psychischen Traumata
- anderen psychischen und sozialen Problemen wie Konflikte innerhalb der Familie oder mit dem Partner
Fördert & stärkt
Psychotherapeuten, die mit der Entwicklungstherapie vertraut sind, können die psychische Gesundheit von Menschen mit mentalen Problemen stärken. Dabei fördern die Theorien der Entwicklungspsychologie besonders:
- Die Fähigkeit zur Selbstreflexion
- geistige Unversehrtheit
- Selbstbewusstsein
- Lebensfreude
- Konfliktfähigkeit
Eine Psychotherapie kann bei einem erfolgreichen Verlauf auf diese Weise für ein gesünderes und ausgeglicheneres Leben sorgen.
Diagnose und Untersuchung
Diagnose– und Untersuchungsmethoden:
Psychische Probleme, Krankheiten und Störungen gewinnen immer mehr an Bedeutung und Berücksichtigung in einer fortschrittlichen Gesellschaft.
Die Forschungen in diesem Bereich sind dennoch verhältnismäßig jung und jeden Tag gewinnen wir neue Erkenntnisse. Mentale Probleme genau zu identifizieren und zu diagnostizieren und dabei voneinander zu unterscheiden ist aufgrund der Vielzahl verschiedener, dabei aber verwandter Symptomatiken oft sehr schwierig.
Am Anfang einer jeder Psychotherapie steht dabei aber auf jeden Fall ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten, in dem der behandelnde Arzt bzw. Therapeut und der Patient sich genau kennenlernen und das Problem näher erklärt wird.
Das weitere Vorgehen, die Entscheidung darüber ob z.B. eine Medikation nötig ist, wird dann gemeinsam mit dem Patienten besprochen und geplant.
Wer behandelt?
- Psychoanalytiker
- Psychotherapeuten und Psychiater
- Psychologen und Neuropsychologen
- Familientherapeuten
- Verhaltenstherapeuten
- Berater und Mediatoren
Die Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie sind für jeden Menschen von Interesse und können die eigene Selbstreflexion sowie die eigenen sozialen Kompetenzen fördern. Es lohnt sich also für jede Person, sich mit den historischen und den moderneren Konzepten dieses Gebiets der forensischen Psychologie auseinanderzusetzen.
Dennoch sollte eine Psychotherapie, sofern Bedarf besteht, immer nur von einem geschulten Experten durchgeführt werden, da der Erfolg konkretes Fachwissen und spezielle Kompetenzen erfordert.
Risiken & Nebenwirkungen
- Missbrauch und evt. Abhängigkeit von Medikamenten
- Nebenwirkungen der eingesetzten Medikamente
- Verstärkung der Störbilder durch falsche oder gegenläufige Therapie
- Schwierigkeiten während der Therapie aufgrund eines schlechten Verhältnisses zwischen Patient und Therapeut
Grundsätzlich bringt eine klassische Psychotherapie wenig Risiken mit sich. Der Erfolg hängt jedoch sehr vom individuellen Vorgehen des Therapeuten und vom Verhältnis zwischen Patient und Therapeut ab.
Gerade bei Kindern sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass eine gute Beziehung zwischen Patient und Therapeut besteht und aufgrund von fehlender Sympathie oder Verständnis dem Patienten gegenüber das Ergebnis der Psychotherapie nicht verfälscht wird.
Die Entwicklungspsychologie basiert auf vielen verschiedenen Theorien, von denen die meisten lediglich Denkmodelle darstellen. Die Erkenntnisse, die daraus gezogen werden sind also immer mit Vorsicht zu behandeln und widersprechen sich zum Teil.
Ein guter Psychotherapeut sollte deswegen nicht nur auf die historischen Konzepte bauen, sondern den Patienten mit seinen Beschwerden als Individuum betrachten.
Unser Fazit
Auch wenn einige der Theorien inzwischen überholt sind, sich gegenseitig widersprechen oder lediglich stark vereinfachte Denkmodelle darstellen, sind sie dennoch von großer Bedeutung und deswegen von Interesse für die meisten reflektierten und psychologisch interessierten Menschen.
Sie stellen keine direkte Behandlungsmethode dar, legen jedoch den Grundstein für den Erfolg von Psycho-, Verhaltens- und Traumatherapien und damit auch für professionelle Psychologen und Therapeuten im Bereich der klinischen Psychologie von enormer Wichtigkeit.