Stress während der Schwangerschaft wurde bereits mit einer ganzen Reihe von Gesundheitsrisiken für den Nachwuchs in Verbindung gebracht, wie etwa einem niedrigen Geburtsgewicht, einem erhöhten Asthma– und Allergierisiko. Erstmals legt eine neue Studie nun einen Zusammenhang zwischen chronischem Stress in der Schwangerschaft und dem späteren Kariesbefall bei Kindern nahe.
Zahnfäule, Karies, ist eine Volkskrankheit in den westlichen Ländern, in Europa wie in den USA. Schuld sind mangelnde Zahn- und Mundhygiene, sowie ein hoher Zuckerkonsum durch Süßigkeiten und Getränke. Dr. Wael Sabbah vom Zahn-Institut am Kings College in London und seine Kollegen suchten nach weiteren Faktoren. Sie gehen nach ihren neusten Untersuchungsergebnissen davon aus, dass der Stress-Level der Mutter während der Schwangerschaft ebenso eine Rolle spielt.
Das Forschungsteam – darunter auch Wissenschaftler der Universität von Washington, Seattle, analysierten die Daten von 716 Kindern und deren Müttern, die an der Nationalen Gesundheits- und Ernährungsumfrage (NHANES) zwischen 1988 und 1994 teilgenommen hatten.
Die Kinder in der Studie waren zwischen zwei und sechs Jahre alt, ihre Mütter etwa 30 und älter.
Biologische Marker für chronischen Stress – ermittelt durch Marker für körperliche Belastung durch Stressoren (allostatic load oder AL genannt) waren für die Zeit der Schwangerschaft ermittelt worden. Ganz besonders interessiert waren die Forscher am Blutspiegel von hochverdichtetem Lipoprotein (HDI) Cholesterin, Trigylzeriden, Glukose und C-reaktivem Protein, ebenso am Blutdruck und am Taillenumfang.
Zusätzlich zu einer Beobachtung des Kariesaufkommens bei den Kindern dieser Mütter ermittelten die Forscher auch den Sozialstatus der Mütter, die Zahl der Zahnarztbesuche der Kinder, ob diese gestillt worden waren, ob sie täglich zu Hause ein Frühstück erhielten und wie sich ihre gesamte Lebenssituation im Hinblick auf elterliche Fürsorge darstellte.
Im Vergleich zu Müttern ohne AL-Marker, hatten die Mütter, die zwei oder mehr davon aufwiesen, sehr viel wahrscheinlicher Kinder mit Karies. Sie fanden vielmehr Hinweise drauf, dass Karies viel verbreiteter war unter den Kindern, die zu Hause kein Frühstück bekamen. Auch Stillen war unter Müttern mit niedrigem Einkommen viel weniger verbreitet.
Mütter mit niedrigem Einkommen brachten ihre Kinder seltener während der ersten 12 Lebensmonate zum Zahnarzt.
Die Studie hebt hervor, wie wichtig der Einfluss von sozioökonomischem Status und mütterlichem Stress für die Zahngesundheit der Kinder ist. Die Bemühungen der Mutter, gesund zu leben, sind eine wichtige Voraussetzung für gesunde Zähne beim Nachwuchs. Spätere Einflüsse sind natürlich die Anleitung zum täglichen Zähneputzen, gesunde Ernährung und regelmäßige Zahnarztbesuche zur Prävention.
Das Team gibt zu, dass ihre Entdeckungen nicht beweisen, dass chronischer Stress bei werdenden zwangsläufig zu Karies bei den Kindern führt. Dennoch geht Dr. Sabbah davon aus, dass für die Gesundheitsentwicklung von Kindern auch das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Mütter während der Schwangerschaft eine wichtige Rolle spielen.
“Chronischer mütterlicher Stress als potentieller Risikofaktor ist etwas, das bei der Entstehung von Karies näher in Betracht gezogen werden sollte, ebenso wie alle anderen Aspekte im sozialen Status und der psychologischen Umgebung“, erklärt Dr. Sabbah.