Sport ist gesund – aber warum eigentlich?
Dass Sport dem Körper guttut, das dürfte den meisten bekannt sein.
Wo das Wissen jedoch schon weniger ausführlich wird, ist bei der Frage nach den Vorteilen im Einzelnen.
Blutdruck, Fettverbrennung, Lunge – man weiß zwar „so ungefähr“ was Sport bewirkt, aber wirklich fundiertes Wissen haben die wenigsten Laien.
Genau das will der folgende Artikel ändern.
Und zwar in Form einer Step-by-Step-Erklärung, vom ersten Schritt an.
Es geht los
Gerade auf einem Waldweg angekommen, das Auto abgestellt und sich kurz warmgemacht. Und sobald man nur wenige Meter gelaufen ist, schaltet der Körper seinen Stoffwechsel um. Normalerweise, also wenn wir uns nicht sportlich betätigen, bezieht der Körper seine Energie vornehmlich aus dem sogenannten Zuckerstoffwechsel.
Dabei werden die verschiedenen Zuckerarten in den Organen und Zellen verwertet. Benötigt der Körper jedoch durch den Sport einen höheren Energieumsatz, zieht er dafür die ebenfalls im Körper gespeicherten Fette heran, dem sogenannten Fettstoffwechsel.
Zwar laufen beide Stoffwechselarten weitgehend parallel, durch den höheren Energiegehalt des Fettes und der Tatsache, dass davon im Körper sehr viel mehr gespeichert ist als vom Zucker, beginnen Organe, Muskeln und Zellen nun, nachdem die Zuckervorräte aufgebraucht sind, das eingespeicherte Fett zu verbrennen.
Das ist der erste Gesundheitsvorteil, denn je länger man Sport betreibt, desto negativer wird die körperliche Energiebilanz. Der Körper beginnt also über Tage und Wochen seine Fettreserven zu verbrauchen. Sichtbar wird das erst nach einiger Zeit, wenn Fettpolster unter der Belastung wegschmelzen wie ein Eis in der Sonne, es beginnt aber bereits nach wenigen Sport-Minuten.
Die Lunge saugt
Allerdings ist für eine Fettverwertung noch eine zweite Zutat vonnöten, nämlich Sauerstoff. Man beginnt also durch die
Anstrengung des Sports, tiefer und schneller zu atmen. Direkt während des Sports hat das als einzige Auswirkung, dass in der Lunge mehr Sauerstoff über die Lungenbläschen ins Blut abgegeben wird.
Langfristig hat der erhöhte Sauerstoffbedarf jedoch ebenfalls reichhaltige positive Effekte:
- Durch das anfangs stärkere, bewusste Atmen werden die zur Lungenfunktion unabdingbaren Muskeln gestärkt. Das hat zur Folge, dass man nach einiger Zeit automatisch stärker und tiefer einatmen kann.
- Die Oberfläche der Lungenbläschen wird vergrößert. Mehr Sauerstoff kann ins Blut abgegeben werden.
- Der Luftdurchsatz verbessert sich, man hat mehr Atemreserven zur Verfügung
Daneben sorgt der dauerhaft vergrößerte Luftdurchsatz in der Lunge auch dafür, dass tiefere Bereiche stärker beansprucht werden. Das verstärkt die Selbstreinigungsfunktion der Lunge wiederum; ein Grund, warum Anfängersportler noch oft husten müssen, denn ihre Lunge macht dann erst einmal „Rein Schiff“ und befördert Schmutz nach draußen.
Die Pumpe wächst
Die Lunge befördert mehr Sauerstoff ins Blut, die Zellen schreien ob der Anstrengung nach mehr. Der Körper reagiert kurzfristig darauf, indem der die Herzschlagzahl erhöht. Der Puls steigert sich ebenso wie der Blutdruck. Da der Körper jedoch inhärent immer dafür sorgen will, dass alles, was in ihm vorgeht, mit maximaler Ökonomie erledigt wird, hat das automatisch Auswirkungen. An dieser Stelle kommen die positiven Eigenschaften für das Herz bei längerfristigem Sport ins Spiel:
- Der Herzmuskel wächst und wird stärker. Er kann pro Schlag nicht nur mehr Blut pumpen, sondern diese Menge auch mit größerer Kraft in Bewegung setzen. Untrainierte
Erwachsenenherzen setzen beim Sport pro Schlag nur rund 100 Milliliter Blut um, bei trainierten Sportlern ist es das Doppelte.
- Dadurch wird das Blut zu mehr Sauerstoffaufnahme angeregt und wird flüssiger. Das nun stärkere Herz kann dann seine Arbeit noch leichter verrichten
- Durch die größere Herzkraft können selbst bei hoher Leistungsabfrage der Puls und der Blutdruck insgesamt niedriger bleiben. Das reduziert die Risiken für die Gefäße
All diese Faktoren haben natürlich auch Auswirkungen auf den ruhenden Körper, namentlich in Form des Ruhepulses, der wesentlich geringer sein kann und bei Spitzensportlern bei gerade mal 30 Schlägen pro Minute liegt. Dabei kann man als Faustregel im Hinterkopf behalten „je geringer Puls und Blutdruck, desto gesünder für den Körper“.
Muskeln!
Das Herz ist ebenso ein Muskel wie Bizeps und Wadenmuskulatur. Deshalb gelten hier auch beim Sport die gleichen Regeln des Wachstums. Doch der Reihe nach. Muskeln arbeiten dadurch, dass sie sich auf Nervenbefehle hin zusammenziehen. Um das an den Beinen zu erklären, sorgen Muskeln im vorderen Beckenbereich dafür, dass man sein Bein nach vorne und oben
bewegt. Die vordere Oberschenkelmuskulatur streckt dann das Knie, der Gesäßmuskel senkt das Bein ab und der Fuß landet auf dem Boden. Die Wadenmuskeln ziehen dann den Fuß nach oben und der Schritt wird ausgeführt – hunderte Male bei einem Jogger.
Wie schon erwähnt will der Körper alle Abläufe maximal ökonomisch verrichten. Aus diesem Grund werden bei regelmäßiger Anstrengung die beanspruchten Muskelgruppen mit Wachstumshormonen versorgt. Sie werden nicht nur stärker, sondern die Stränge werden auch zahlreicher. Bei Bodybuildern sieht man das im Extrem, aber auch bei Radfahrer zeigen die starken Beinmuskeln, wie der Körper auf diese Beanspruchung reagiert. Dadurch werden Bewegungen insgesamt ökonomischer und die Kraft der Muskeln an sich nimmt zu. Es fällt dem Körper also leichter, sich zu bewegen und er muss sich für gleiche Leistung weniger anstrengen.
Übrigens hat eine so gesteigerte Muskelmasse auch noch den Nebeneffekt, dass die Knochen besser gepolstert werden. Die Muskulatur funktioniert nämlich wie ein Schaumstoffpolster um ein Rohr. Stürzt der Sportler, hat er also ein verringertes Risiko, dass dabei Knochen in Mitleidenschaft gezogen werden.
Power im Oberstübchen
Zu jeder Zeit mehr Sauerstoff in der Blutbahn, dabei noch ein deutlich fließfähigeres Blut. Das hat nicht nur für die direkt am Sport beteiligten Körperpartien positive Auswirkungen, sondern auch im Kontrollzentrum des Menschen, dem Gehirn.
Der banalste Vorteil ist dabei die Tatsache, dass der verringerte Blutdruck in Verbindung mit der besseren Blut-Viskosität die Gefahr verringert, dass es im Gehirn zu Blutstaus und somit Schlaganfällen kommen kann. Daneben sorgt die verbesserte Sauerstoffversorgung aber auch dafür, dass die Gehirnzellen besser versorgt werden. Diese können also ebenso effektiver arbeiten wie jede andere Zelle im Körper. Zudem geht der heutige Stand der Forschung davon aus, dass durch Sport auch die Bildung von neuen Gehirnzellen angeregt wird. Etwas, das bis vor einigen Jahren noch als völlig unmöglich galt.
Weiter befeuert wird diese Vermutung durch eine Studie, die herausfand, dass Krafttraining sich bei älteren Menschen nicht nur auf die Muskelkraft als solche, sondern auch auf die mentale Leistungsfähigkeit auswirkt. Die Probanden mussten vor und nach der Studie einen genormten Fragebogen zur Feststellung ihrer kognitiven Fähigkeiten ausfüllen – bei der trainierenden Gruppe verbesserten sich diese um durchschnittlich 19 Prozent.
Daneben hat Sport auch noch eine weitere, versteckte Nebenwirkung um Oberstübchen. Die monotone Regelmäßigkeit der Bewegungsabläufe verläuft ohne bewusste Denkanstrengungen. Und je länger man Sport betreibt, desto automatisierter werden die Bewegungen. Es werden Hirnkapazitäten frei für andere Aufgaben. Und das bedeutet auch, dass Stressoren abgebaut werden, das Gehirn „fährt herunter“.
Die Abwehr
Um diesen Punkt zu verstehen, muss man sich einmal mehr die evolutionäre Ausrichtung des Homo Sapiens gewahr machen. Denn ganz ursprünglich gesehen ist der Mensch eine ziemlich ausgeklügelte Jagdmaschine als Jäger und Sammler.
Wenn der Körper glaubt, dass Gefahr droht oder wir Leistungsreserven für den erfolgreichen Abschluss einer Jagd benötigen, schaltet er automatisch auf eine Art „Kriegsmodus“ um.
Was unseren urzeitlichen Vorfahren ermöglichte, eine Beute über lange Distanzen zu verfolgen und dann immer noch die Kraft zu haben, sie zu erlegen, hat in modernen, friedlicheren Zeiten weniger Bewandtnis; die Auslösekette dieser Reaktion funktioniert aber immer noch genauso wie vor zehntausend Jahren.
Wenn dem Körper Leistung abverlangt wird, ist seine erste Reaktion darauf, Adrenalin auszuschütten. Dieses im Nebennierenmark erzeugte Hormon ist ein Stressbotschafter. Es signalisiert jeder Zelle „es geht los“:
- Die Muskeln werden vorgespannt, damit sie schneller und stärker reagieren. Etwa um zur Seite zu springen oder sich zu ducken.
- Puls und Blutdruck werden angeregt, um schnell Leistung bringen zu können.
- Der Stoffwechsel wird auf Fettverbrennung umgeschaltet, damit auch über längere Phasen Energie zur Verfügung steht.
- Die Sinne werden geschärft. Wir sehen, hören, riechen besser.
- Müdigkeit wird unterdrückt
Das sind zumindest die vordergründigen Auswirkungen des Adrenalins. Weniger bekannt ist indes die Tatsache, dass die Adrenalinausschüttung auch dafür sorgt, dass Abwehrzellen in unserem Körper in Alarmbereitschaft versetzt werden – immerhin könnte die Gefahrenlage ja auch zu Verletzungen führen, die schneller Heilung bedürfen.
Zu diesen Abwehrzellen gehören nicht nur solche, die veränderte Zellen, sprich Tumore, attackieren, sondern auch alle anderen körpereigenen Helfer, die Krankheitserreger beseitigen. Allerdings hält deren Ausschüttung und erhöhte Tätigkeit nur so lange an, wie der Sport tatsächlich dauert, danach wird das Adrenalin rasant wieder abgebaut.
Und hier kommt der Vorteil der sportlichen Regelmäßigkeit ins Spiel. Für sich alleine betrachtet hätte ein Lauftraining praktisch keine besonderen Auswirkungen auf unser Immunsystem. Wird Sport jedoch mehrmals pro Woche durchgeführt, erfolgt so in kurzen Abständen ein „Immun-Boost“ währenddessen die reichhaltig ausgeschütteten Abwehrzellen im Körper aufräumen.
Fazit
Sport ist ein Rundum-Programm, das den Körper von Fett und Muskulatur über Herz und Lunge bis hinab auf die kleinste zelluläre Grundebene gesünder macht. Man muss kein Hochleistungsathlet sein, um all diese Vorteile zu genießen. Man sollte jedoch nie vergessen, dass der Mensch evolutionär dafür ausgerichtet ist, sich zumindest einen gewissen Teil seiner Zeit über unter erhöhter Anstrengung zu bewegen. Zwar jagen wir heute keine Mammuts mehr, aber weil Evolution nicht von heute auf morgen reagiert, dürften noch einige Jahrtausende vergehen, bis der Homo Sapiens seinen Körper an die Bedingungen eines wenig bewegten Alltags in warmen Gebäuden angepasst hat. Bis dahin bleibt es empfehlenswert, mehrmals pro Woche seinen „inneren Höhlenmenschen“ zu erwecken und sich sportlich zu betätigen. Die Vorteile sind einfach zu mannigfaltig, als dass man sie ignorieren könnte.
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