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Vergessen

by Danaae
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Pixabay / Tumisu

Das Vergessen bezeichnet das vollständige oder vorübergehende Verlorengehen von gespeicherten Informationen aus dem Gedächtnis. Es betrifft mit wenigen Ausnahmen alle Menschen und nimmt vor allem im Alter zu. Das Vergessen von Eindrücken und Informationen ist an sich ein natürlicher Vorgang, der unser Hirn und unser Denken vor Überlastung schützt, indem viele Sinneseindrücke, die gespeichert worden sind, verloren Gehen.

Neben dem natürlichen Vergessen gibt es noch krankhafte Auswüchse des Vergessens, die für den Betroffenen eine große Belastung darstellen können. Doch warum vergessen wir überhaupt? Und ab wann ist das Vergessen krankhaft? Welche Krankheiten und Störungen können dahinter stecken? Nachfolgend finden Sie alle wichtigen Informationen zum Thema.

Was ist das Vergessen?

Um das Vergessen zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, wie das Gedächtnis funktioniert. Zwar sind noch nicht alle Prozesse unseres Gehirns vollständig entschlüsselt und verstanden, aber Gedächtnisleistung scheint vor allem darauf zu basieren, dass eine Information (ein Reiz, ein Sinneseindruck usw.) eine Nervenzelle im Hirn stimuliert.

Diese Nervenzelle steht mit vielen anderen Nervenzellen in Verbindung und sendet Impulse aus, die wiederum die umliegenden Zellen stimulieren. Dadurch werden Informationen einsortiert, gespeichert und wir können lernen. Desto mehr wir uns mit einem Reiz beschäftigen, desto dichter werden die Verbindungen zwischen den stimulierten Nervenzellen.

Der Hippocampus ist dafür zuständig, diese erworbenen Gedächtnisinhalte (Erinnerungen) zu speichern. Der präfrontale Cortex wiederum steht als Verbindungsstück von emotionaler Bewertung und der gespeicherten Informationen zwischen dem bewussten Abruf der Information und der gespeicherten Information im Hippocampus.
Ein Zugriff auf das Gedächtnis geht also auch immer mit einer emotionalen Bewertung der gespeicherten Information einher.

Das Gedächtnis besteht – bildlich gesprochen – aus einer Ansammlung loser Informationen, die durch Verbindung und Bewertung der Komponenten ganze Bilder ergeben. Dies erklärt auch, warum Schlüsselreize große Erinnerungsbrocken hervorrufen können und einzelne Reize einen immer wieder an gewisse Dinge Erinnern.

Diese Ansammlung von Informationen ist allerdings kein statisches Konstrukt, sondern ist durch Lernprozesse und weitere Reize ständigem Wandel unterworfen. Verbindungen im Gedächtnis werden neu konstruiert und eventuelle Lücken durch Interpretation und Assoziation unterbewusst aufgefüllt.


Zugang & Verwirrung

Desto weniger Informationen wir bewusst aus dem Gedächtnis abrufen können, desto mehr haben wir vergessen. Dabei ist Vergessenes nicht immer vollständig verloren, sondern kann sich eventuell noch im Gedächtnis befinden, aber einfach gerade nicht zugänglich sein.

Das Vergessen kann als unangenehm empfunden werden, wenn man sich der vergessenen Information bewusst ist. Fehlen Informationen und ihr gesamter Kontext, dann gibt es kein Bewusstsein für das Vergessene mehr. Betroffene neigen dann eher zu Verwirrung, wenn sie von anderen Personen auf ihre Gedächtnislücken hingewiesen werden.

Warum wir überhaupt – nebst Krankheiten, die dies hervorrufen – verstärkt vergessen, ist unklar. Es gibt dazu aber mehrere Theorien.


Theorien des Vergessens

Theorie des verblassenden Gedächtnis

Eine Theorie besagt schlichtweg, dass Informationen im Gedächtnis, die gespeichert worden sind und ihr Verbindungen zu umliegenden Nervenzellen haben, mit der Zeit verblassen, wenn die entsprechenden Nervenzellen nicht mehr stimuliert werden.

Gedächtnisstörungen SeleniumDas aufgebaute neuronale Netz, das sich um diese Erinnerung aufgebaut hat, wird also schwächer und somit wird auch der bewusste Zugriff erschwert.

Desto mehr Zeit vergeht, desto mehr verblasst unser Gedächtnis. Weil die einzelnen Verbindungen zwischen den Informationen mit der Zeit verloren gehen, sind immer mehr einzelne Informationen schwieriger abzurufen.
Die Folge ist, dass das Erinnern und Lernen im Alter schwerer fällt.

Theorie der Überlagerung durch Neues

Die andere Theorie besagt, dass die neuen Reize, denen wir ständig ausgesetzt sind, die alten Reize einfach überlagern. Bestehende Strukturen im Gedächtnis werden neu verwertet und neu vernetzt, was die alten Strukturen so schädigt, dass der Zugriff auf die enthaltenen Informationen erschwert wird.


Funktionen & Aufgaben

Tatsächlich ist das Vergessen notwendig, um den Alltag zu meistern. Während der Mensch seine Umwelt ohnehin schon selektiert wahrnimmt – also nicht alle Sinneseindrücke reflektiert und einordnet – wird im Gedächtnis vorerst alles gespeichert.

Informationen, die nicht relevant für das gerade Getane sind und sich auch sonst nicht in einen Kontext einordnen lassen, der im Leben des Betroffenen eine Rolle spielt, werden allerdings schnell wieder aussortiert. Ob sie tatsächlich gelöscht, oder einfach nur begraben werden, ist unklar.

Das ständige Vergessen im Alltag ermöglicht es also, sich auf Dinge besser zu konzentrieren, weil störende Reize aussortiert werden können. Auch ist ein absolut perfektes Gedächtnis (ohne Lücken durchs Vergessen) hinderlich beim strukturierten Denken und beim Fokussieren auf Aufgaben.

Die Trennung von Erinnerungen in Situationen – im Gegensatz zu einem regelrechten Erinnerungsstrang, der ein absolutes Gedächtnis bedeutet – macht es einfacher, auf bestimmte Informationen zuzugreifen.

Auch hat das Vergessen eine große emotionale Komponente. Generell sind Erinnerungen, die eine großen emotionalen Eindruck hinterlassen, stärker und halten sich besser. Da diese Erinnerungen meist ein Leben lang relevant bleiben, prägen sie unsere Sicht auf und unser Erleben von anderen Dingen.

Das natürliche Vergessen dient also dem Folgendem:

  • Schnelles Aussortieren von gepeicherten Informationen, die nicht relevant sind
  • Portionierung des Gedächtnisses durch Auslassen einiger Erlebnisse und Ereignisse
  • Aussortieren von emotional nicht einprägsamen Ereignissen

Krankheiten & Beschwerden

Erkrankungen, Störungen  & Beschwerden im Zusammenhang mit dem Gedächtnis

Nebst dem natürlichen Vergessen, das im Alter immer mehr zunimmt, gibt es auch eine Reihe von krankheitsbedingten Formen von Gedächtnisverlust. Während das Gedächtnis in den Zwanzigern eines Menschenlebens auf Hochtouren ist, nimmt seine Leistung in den darauf folgenden Jahren kontinuierlich ab.

Neue Eindrücke werden schlechter vernetzt und gehen entsprechend schneller verloren. Es kostet mehr Mühe, sich Dinge zu merken und das Lernen fällt schwerer. Dazu kommen noch ein paar Zustände, die das Gedächtnis negativ beeinflussen und das Vergessen fördern. Einige sind psychischer Natur, hängen von der Tagesform ab oder stellen tatsächlich eine physische Form der Gedächtnisschädigung dar.

Es gibt hierbei eine ganze Reihe Abstufungen, wobei einige Formen des Vergessens – also des Verlustes der Fähigkeit, auf eine gespeicherte Information bewusst zuzugreifen – vorübergehend sind, während andere permanent sind.


Alltägliche Einflüsse

Tagesformabhängiger Gedächtnisverlust

Vieles Alltägliches kann unser Erinnerungsvermögen einschränken und unser Gedächtnis an Leistung verlieren lassen.

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Stress kann die Gedächtnisleistung einschränken – Pixabay / geralt

So kann übermäßiger Alkoholkonsum zu einem sogenannten Filmriss führen – ein ganzer Zeitabschnitt des Erlebten ist dem Betroffenen nicht mehr zugänglich. Hier wurden die Erinnerungen gar nicht angelegt, oder auch so fehlerhaft angelegt, dass sie einfach nicht mehr zugänglich sind. Dies steht mit einer direkten Vergiftung der Nervenzellen im Zusammenhang.

Aber auch Stress limitiert die Gedächtnisleistung. Es wird vermutet, dass das Stresshormon Cortisol ebenfalls Schädigungen an den Nervenzellen hervorruft, die für den Aufbau des Gedächtnisses zuständig sind.
So können einem im Stress schnell Dinge entfallen, worüber man sich in der Regel noch mehr ärgert. Viele Dinge, an die man sich partout nicht mehr erinnern kann, können aber später wieder zugänglich werden.

Eine Gehirnerschütterung kann ebenfalls Gedächtnisverlust verursachen. Hier ist das Gehirn durch ein physisches Trauma durcheinander gebracht und arbeitet nicht mehr richtig. Dies betrifft auch die Gedächtnisleistung. In der Regel kehrt das Gedächtnis aber wieder zurück.


Depressionen

Durch Depressionen bedingter Gedächtnisverlust

Bei Depressionen wird zu viel Cortisol ausgeschüttet. Die negativen Auswirkungen auf das Gedächtnis sind dann nicht von der Tagesform abhängig, sondern während einer Depression die Regel. Das Gedächtnis arbeitet nicht zufriedenstellend und das Kurzzeitgedächtnis wird limitiert. Wird die Depression behandelt, kehrt in der Regel auch die volle Funktion des Gedächtnisses zurück.


Verletzung & Unfall

Gedächtnisverlust durch mechanische Schädigung

Traumata (durch Unfälle) und Operationen am Gehirn können die Strukturen im Gehirn selbst nachhaltig schädigen. Hiervon können auch Areale betroffen sein, die am Gedächtnisaufbau mitwirken. Eine mechanische Schädigung des Kurzzeitgedächtnisses bedeutet, dass die betroffene Person Informationen nur für kurze Zeit im Kopf behalten kann. Nicht viel gelangt ins Langzeitgedächtnis.

Ist das Langzeitgedächtnis betroffen, fehlen dem Betroffenen viele Erinnerungen. Sie sind meist vollständig verloren und stellen so einen verloren gegangenen Teil der Identität des Betroffenen dar.

Eine Schädigung des Hippocampus bedeutet eine massive Beeinträchtigung der Einordnung und des Abrufens des Erlebten. Reize können nur noch eingeschränkt in einen Kontext gebracht werden und das aktive Abrufen von Informationen gelingt ebenfalls nicht mehr. Die Symptome – inklusive einer resultierenden Verwirrtheit – entsprechen einer Amnesie.

Bei all diesen Formen von mechanischer Beschädigung des Gehirns ist nicht davon auszugehen, dass sie reversibel sind. Einige Informationen können eventuell durch das Aktivieren durch Schlüsselreize wieder gewonnen werden, wenn sie nicht verloren, sondern lediglich verschüttet sind.

Schließlich geht man davon aus, dass das Gedächtnis sich ständig restrukturiert. Erinnerungen können also verlagert werden. Der Zugriff auf sie kann dann durch fehlende Verbindungen unmöglich scheinen, aber über Umwege erfolgen.

Demenzerkrankungen

Demenz bezeichnet einen psychiatrischen Zustand, in dem die Leistung des Gehirns im Allgemeinen immer weiter abnimmt. Dies umfasst das Gedächtnis meist zuerst und bedeutet nach bis zu zwanzig Jahren einen vollständigen Verlust aller Fähigkeit, sich an Dinge zu erinnern.

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Demenzerkrankungen führen zum Gedächtnisverlust

So gehen auch alle motorischen Fähigkeiten verloren. Die eigene Identität geht durch den Verlust der Kenntnisse über sich selbst und sein Erleben ebenfalls verloren. Demenz schreitet unterschiedlich schnell voran und betrifft in der Regel ausschließlich ältere Menschen. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko.

Die genauen Ursachen sind unterschiedlicher Natur. Fast alle Formen von Demenz lassen sich allerdings durch bildgebende Verfahren sichtbar machen. Flecken im Gehirn deuten auf Ablagerungen hin. Diese können durch fehlerhaft strukturierte Proteine bedingt sein, Abfallstoffe des Gehirns darstellen oder durch Zelltod bedingt sein. Die Menge an Flecken nimmt mit fortlaufender Demenz zu.

Ab einem gewissen Punkt ist ein Betroffener ohne fremde Hilfe nicht mehr lebensfähig. Sind auch Grundfunktionen des Gehirns betroffen, geht dies in der Regel mit dem Tod des a Demenz Erkrankten einher.


Supergedächtnis

Stark erhöhte Gedächtnisleistung

Es ist auch das extreme Gegenteil von Gedächtnisverlust bekannt. So gibt es Menschen, die ein absolutes Gedächtnis besitzen. Dieses kann alle Aspekte des Erlebens umfassen, oder lediglich einzelne Aspekte (Gedächtnis für Wetter an jedem Tag, photographisches Gedächtnis usw.) umfassen.

Personen, die ein solches Supergedächtnis besitzen, sind häufig sozial durch Autismus, Formen von Asperger o.ä. eingeschränkt. Ihr Erleben der Welt findet durch die Unfähigkeit zu vergessen ungefilterter statt, was immer mit einer Überlastung einhergeht. Stress und Ängste können die Folge sein.

Dennoch können einige Personen mit einem solchen Gedächtnis dieses aktiv nutzen und kommen auch sonst gut im Leben zurecht. Dies hängt stark von eventuellen Begleiterscheinungen ihres Gedächtnisses ab.


Im Überblick

Folgende Zustände können also das Gedächtnis negativ beeinflussen:

  • Stress (vorübergehend)
  • Alkoholkonsum (vorübergehend, bei Filmriss teils dauerhaft)
  • Depressionen (vorübergehend)
  • Gehirnerschütterung (meist vorübergehend)
  • Eingriffe und Verletzungen am Gehirn (größtenteils dauerhaft)
  • Demenz (dauerhaft)

Häufige Fragen & Antworten

Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Vergessen.

Kann ich mein Gedächtnis trainieren, um weniger zu vergessen?

Ja. Eine Form des Trainings findet ohnehin ständig statt: Interessensgebiete bedeuten eine dauerhaftere Stimulation bestimmter Gedächtnisbereiche, wodurch sie stärker vernetzt werden. Dinge, die unserem Interesse entsprechen, werden also weniger schnell vergessen.

Aber auch generell gibt es eine Reihe an Möglichkeiten, das Gedächtnis zu trainieren. Man kann mit Listen arbeiten, sich konzentriert Geschichten merken oder versuchen, sich Räume im Kopf auszumalen. Es kann helfen, sich die Techniken der zahlreichen Gedächtniskünstler einmal anzusehen.

Wie kann ich eine Erinnerung, von der ich glaube, dass sie verschüttet ist, bei jemandem aktivieren?

Wenn davon auszugehen ist, dass die Erinnerung nicht aktiv für den Betroffenen zugänglich ist, sie aber noch im Gedächtnis sein sollte, kann es helfen, sich ihr über Umwege zu nähern. Hierfür können zum Beispiel Erinnerungen aktiviert werden, die im Kontext mit der gesuchten Erinnerung stehen. Aber auch die Rekonstruktion von prägnanten Elementen der Erinnerung kann helfen.

Ich vergesse im Alltag ständig Kleinigkeiten. Was kann ich tun?

Stress zu reduzieren, sich seinen Alkoholkonsum zu beschauen und auf Störfaktoren zu achten, reicht meist. Dass einem viele Dinge entfallen, ist normal. Wenn es zur Belastung wird, sollte aber eventuell ein Fachmann aufgesucht werden, der Ursachenforschung betreiben kann.


Unser Fazit zum Vergessen

Das Vergessen ist ärgerlich, aber in einem gewissen Rahmen völlig normal und gehört zum Menschsein. Da man die meisten Dinge, die man vergisst, ohnehin nicht vermisst – es waren meist unwichtige Dinge – belastet einen das Vergessen im Alltag kaum.

Bei starkem Vergessen kann es helfen, Betroffene nicht zu verwirren und ihnen dabei zu helfen, an Erinnerungen festzuhalten. So können starke Erinnerungen weiter manifestiert werden, was die Identität der Betroffenen wahren kann.

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