Wenn es im Mund zwickt und zwackt, schieben die meisten den Besuch beim Zahndoktor doch gern etwas länger vor sich her. Etwa 90% der deutschen Bevölkerung empfinden Angst oder haben zumindest ein mulmiges Gefühl im Bauch, wenn eine zahnärztliche Behandlung ansteht.
So wirklich gern scheint also so gut wie niemand zum Zahnarzt zu Gehen. Dies kann vielfältige Gründe haben: Einige Menschen empfinden es als unangenehm, dass sie nicht sehen können, was genau der Arzt gerade im Mund macht, andere können die für eine Zahnarztpraxis typischen Geräusche kaum ertragen und die nächsten haben vielleicht schon sehr negative und schmerzhafte Erfahrungen machen müssen. Doch wie kann man vorgehen, wenn es nicht beim mulmigen Gefühl bleibt, sondern eine regelrechte Panik vor Zahnbehandlungen oder Zahnärzten dazu führt, dass man lieber wochenlang Schmerztabletten schluckt als sich in die Nähe einer Zahnarztpraxis zu wagen?
Niemand ist seinem Zahnarzt hilflos ausgeliefert!
Auch wenn man sich auf dem „heißen Stuhl“ meist sehr verwundbar vorkommt, ist der Patient immer noch derjenige, der die Situation kontrolliert. Möchte der Zahnarzt beispielsweise einen Zahn ziehen, und man ist damit nicht einverstanden, muss man dies nur deutlich äußern, denn der Arzt darf einen nicht gegen den eigenen Willen behandeln. Natürlich wird sich der Zustand der Zähne kaum verbessern, wenn man auf Dauer jede Behandlung verweigert, aber manchmal hilft es schon, sich bewusst zu machen, dass man immer selbst bestimmen kann, was genau geschehen soll. Wer also bereits beim Betreten einer Praxis gegen extreme Angst ankämpfen muss, kann auch gleich bevor der behandelnde Zahnarzt überhaupt die Gelegenheit hatte sich ein Bild von der Situation zu machen klarstellen, dass er erst einmal nur einen Behandlungsvorschlag vom Arzt möchte, das eine Behandlung aber erst bei einen weiteren Termin erfolgen soll.
Dem Arzt von der Zahnarztangst berichten
Bereits dann, wenn man telefonisch einen Termin ausmacht, kann man das Praxispersonal darauf aufmerksam machen, dass man eigentlich „äußerst ungern“ einen Zahnarzt aufsucht und daher ganz gern erst einmal die Praxis kennen lernen würde, bevor eine Behandlung durchgeführt wird. Die meisten Praxen, die Angstpatienten Verständnis entgegenbringen, werden auf solche Wünsche eingehen. Sollte dies nicht der Fall sein, weiß man schon, dass man in der jeweiligen Praxis ohnehin nicht auf viel Feingefühl hoffen kann und sollte sich eher nach einen anderen Arzt umsehen.
Manche größere Zahnarztpraxen haben sogar spezielle Räume eingerichtet, die erst einmal nur zur Beratung und zum gegenseitigen Kennenlernen dienen. Hier wird gewöhnlich auf eine gemütliche Atmosphäre und die Abwesenheit zahnmedizinischer Geräte Wert gelegt. Selbst wenn man gerade an akuten Zahnschmerzen leidet und es daher nicht möglich ist einen Extratermin auszumachen, um sich ein Bild von der Praxis und dem Personal zu machen, sollte man den Arzt oder der Ärztin gleich sagen, wenn man zum Beispiel aufgrund von schlechten Vorerfahrungen Angst hat, denn dann weiß er oder sie wenigstens schon einmal, dass sie etwas rücksichtsvoller und einfühlsamer sein sollten.
Niemand braucht sich zu schämen!
Die allermeisten Zahnärzte haben diesen Beruf ergriffen, weil sie Menschen helfen wollen. Darum braucht auch niemanden der Zustand seines Gebisses peinlich zu sein, selbst wenn man nach jahrelanger Zahnarztabstinenz nun zum ersten Mal mit völlig unattraktiven Zähnen in einer Praxis auftaucht.
Jedem Zahnarzt wird wohl bewusst sein, dass es viele Menschen gibt, die lieber Schmerzen oder ein unästhetisches Erscheinungsbild in Kauf nehmen, bevor sie zum Zahnarzt gehen und gerade wenn man den Arzt schon vorher auf die vorhandene Angst aufmerksam macht, wird dieser bereits wissen, dass er wohl kein perfekt gepflegtes Lächeln zu erwarten braucht. Es gehört nun einmal zum Beruf des Zahnarztes auch diesen etwas schwierigeren Fällen zu helfen und möglichst viel Verständnis entgegenzubringen. Die Uhr zurückdrehen kann ohnehin niemand mehr, also müssen nun alle Beteiligten das beste aus der Situation machen.
Eine vertraute Person mitnehmen
Wer allein überhaupt nicht zum Zahnarzt gehen mag, sollte versuchen eine vertraute Person (zum Beispiel Freund/Freundin, Eltern, Geschwister, etc. ) zu finden, die einen begleiten können. In den meisten Praxen wird die Begleitperson auch mit in den Behandlungsraum dürfen, nur zu dem Raum, in dem geröngt wird, haben weitere Personen normalerweise keinen Zutritt, aber hier passiert ja auch nichts Besonderes.
Je nachdem wie ausgeprägt die Angst ist, kann es schon beruhigen, eine bekannte Person bei sich und in Sichtweite zu haben. Ansonsten kann er oder sie dem Patienten auch die Hand halten, oder sich mit demjenigen auf dem Behandlungsstuhl über Belangloses unterhalten, um der Situation die Spannung zu nehmen.
Musik hören
In vielen Praxisräumen läuft heutzurage das Programm irgendeines Regionalsenders, um etwas von den oft als unangenehm empfundenen Geräuschen einer Zahnbehandlung abzulenken. Wenn das in der Hauszahnarztpraxis nicht üblich sein sollte, oder wenn es einfach nicht genügt, damit man ein wenig entspannen kann, sollte man sich nicht scheuen zu fragen, ob man auf dem eigenen Handy oder MP3-Player etwas Musik hören kann, bis die Behandlung vorbei ist.
Wer seinem Lieblingslied oder vielleicht auch einen Hörbuch lauschen kann, wird sich deutlich weniger verkrampfen, wodurch z.B. Betäubungsspritzen in der Regel als viel weniger schmerzhaft empfunden werden.
Eisspray, Beruhigungsmittel, Narkose & Co
Ist eine zahnärztliche Behandlung dringend nötig, die Angst vor eventuellen Schmerzen aber so groß, dass die Behandlung quasi unmöglich wird, gibt es auch noch medizinische Methoden um den Problem zu Leibe zu Rücken, die jedoch ihre Vor- und Nachteile haben. Wenn man zum Beispiel hauptsächlich Angst vor der Betäubungsspritze hat, kann man den Arzt bitten, zuerst Eisspray auf die betreffende Stelle zu geben, sodass diese für ein paar Minuten absolut taub wird. Bei Kindern kann dies eine Kassenleistung sein, die meisten Erwachsenen müssen hierfür allerdings einen kleinen Betrag (i.d.R. Abgesehen von dem Geldaufwand ist die Behandlung mit Eisspray meist vollkommen unproblematisch und kann sich durchaus lohnen, wenn der Zahnarztbesuch so entspannter gestaltet werden kann.
Wer generell Angst vor Schmerzen beim Zahnarzt hat, dem kann vielleicht eine Sedierung oder eine Vollnarkose helfen. Beides muss normalerweise vom Patienten selbst bezahlt werden, wenn kein psychologisches Gutachten vorliegt, das bescheinigt, dass eine Behandlung ohne diese Hilfsmittel nicht möglich wäre.
Besonders die Vollnarkose birgt aber noch weitere Nachteile:
Mit jeder Narkose sind selbstverständlich Risiken verbunden, da das Herz-Kreislaufsystem stark belastet wird. Darum sollte vor allem bei Kindern, älteren oder kranken Menschen sehr sorgfältig zwischen Risiko und Nutzen abgewogen werden. Außerdem ist man nach einer Narkose auch nicht in der Lage, am Straßenverkehr teilzunehmen oder allein nach Hause zu gehen, da noch Nach- und Nebenwirkungen auftreten können und die meisten Menschen hinterher noch sehr benommen sind. Auch der Zeitaufwand ist deutlich größer, da man meist noch einige Zeit in einen Aufwachraum bleiben muss, bevor man den Heimweg antreten darf. Dazu sollte man noch bedenken, dass eine Vollnarkose in einer normalen Zahnarztpraxis nicht durchgeführt werden kann, da ein Anästhesist zur Überwachung der Körperfunktionen anwesend sein muss. Daher ist der Besuch des Krankenhauses oder einer Zahnklinik oft notwendig.
Die Kosten für eine Vollnarkose liegen im Berreich mehrerer hundert Euro (meist ca. 300-450€). Hinzu kommt, dass eine Narkose niemals wirklich die Angst vorm Zahnarztbesuch mindert, da man ja aufgrund der Bewusstlosigkeit kein größeres Zutrauen zu dem jeweiligen Arzt oder Behandlungsmethoden aufbauen kann. Daher ist diese Behandlungsform wirklich nur sehr eingeschränkt und nur für größere Arbeiten zu empfehlen, wenn ansonsten keine andere Behandlungsform in Betracht kommt.
Bei Angstpatienten relativ beliebt sind verschiedene Sedierungsformen. Im Gegensatz zu einer Vollnarkose schläft der Patient bei einer Sedierung nicht vollständig sondern befindet sich eher in einer Art Rauschzustand und auch die Körpereigenen Reflexe sowie die Atmung bleiben erhalten. In der Regel wird das Mittel als Getränk, Tablette oder intravenös verabreicht. Je nach verwendeten Medikament können Nebenwirkungen wie Schwindel, Übelkeit oder Kopfschmerzen nach der Behandlung auftreten. Bei den meisten Sedierungsformen ist der Patient zwar während der Behandlung ansprechbar, kann sich hinterher aber nur verschwommen oder lückenhaft an das Geschehene Erinnern. Außerdem ist er auch hier nicht fähig, am Straßenverkehr teilzunehmen. Die Kosten einer Sedierung liegen häufig um 100 Euro, können aber schwanken, da sie stark vom verwendeten Medikament und Behandlungsdauer abhängen.
Etwas anders ist die Lachgassedierung. Hier atmet der Patient durch eine Nasenmaske ein Gemisch aus 30-50% Sauerstoff und 50-70% Lachgas ein. Man bleibt voll ansprechbar, es kann aber zu leichten optischen oder akustischen Halluzianationen wie Tunnelblick oder leicht gedämpftes Hörvermögen kommen. Das Lachgasgemisch entspannt den Patienten innerhalb weniger Atemzüge und viele Leute müssen durch den Rausch sponatan über Kleinigkeiten lachen. Die Nebenwirkungen sind bei gesunden Patienten normalerweise sehr gering und schon wenige Minuten nach der Lachgassedierung ist man wieder voll zurechnungsfähig. Allerdings ist es nicht ganz einfach eine Praxis zu finden, die dieses Verfahren anbietet, da die Zahnärzte über eine bestimmte Zusatzqualifikation verfügen müssen und auch die enstprechenden Geräte vorhanden sein müssen. DIe Kosten, die man für eine solche Behandlung einplanen muss, schwanken in der Regel zwischen 70 und 150€ für eine halbe Stunde.
Alle Sedierungsverfahren können dazu beitragen, die Zahnarztangst langfristig zu mindern, da der Patient den Zahnarztbesuch insgesamt als positiv und entspannt erlebt und mindestens schemenhaft mitbekommt, was mit ihm passiert.
Unter Umständen kann in Absprache mit dem behandelnden Zahnarzt auch in Erwägung gezogen werden, vor der Behandlung Beruhigungstabletten einzunehmen. Hier ist vor allem zu betonen dass keinesfalls in Eigenregie gehandelt werden darf, denn wenn der Arzt nicht Bescheid weiß, können unangenehme Wechselwirkungen zwischen den Beruhigungstabletten und Medikamenten oder Betäubungsspritzen nicht ausgeschlossen werden.
Es gibt also für jeden eine Lösung, egal wie lange er oder sie nicht mehr beim Zahnarzt gewesen sein mag und egal wie groß die Panik ist. Wichtig ist vor allem, dass man wirklich gewillt ist, am momentanen Zustand etwas zu ändern und dass man“mit offenen Karten“ spielt, damit die Ärzte wissen, dass sie Rücksicht auf die Probleme ihres Patienten nehmen sollten.