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Pipamperon

by Danaae

Pipamperon ist ein Psychopharmakon und gehört zur Gruppe der Neuroleptika. Als Saft oder als Tablette findet dieser Wirkstoff seit Jahrzehnten Anwendung als Schlaf- und als Beruhigungsmittel.

Der Wirkstoff gilt als relativ gut verträglich und zeigt im Allgemeinen weniger starke Nebenwirkungen als andere Neuroleptika.

PipamperonWas ist Pipamperon?

Pipamperon ist ein niederpotentes Neuroleptikum. Daher wird es nicht nur bei Erregungszuständen bei chronischen Psychosen, sondern auch als Schlafmittel eingesetzt.

Auch bei Aggressivität kann dieser Wirkstoff als Beruhigungsmittel eingesetzt werden.

Da es als ein eher milder und gut verträglicher Arzneistoff gilt, findet Pimpamperon auch in der geriatrischen und in der Kinder- und Jugendmedizin Anwendung.

Pipamperon wird auch als Dipiperon oder Floropipamid bezeichnet. Chemisch gesehen gehört es wie zum Beispiel Haloperidol und Melperon zu den Butyrophenonen.

All diese Stoffe sind Ableitungen von 1-Phenylbutan-1-on. Deren antipsychotische Wirkung wurde schon in den 50er Jahren entdeckt. Eingesetzt zur Behandlung psychischer Störungen werden Butyrophenone seit Mitte der 60er Jahre.

Allen Butyrophenonen ist gemein, dass sie vor allem in die dopaminerge Reizweiterleitung im zentralen Nervensystem eingreifen. Je nach dem, welche Art von Dopaminrezeptoren blockiert werden, ergibt sich ein unterschiedliches Wirkungsprofil.

Man unterscheidet hochpotente Wirkstoffe, die stark antipsychotsich wirken, von niederpotenten, die eher beruhigend und weniger antypsychotisch sind. Pipamperon gehört zur zweiten Gruppe.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

Pipamperon wirkt

  • beruhigend
  • schlafanstoßend
  • erregungsdämpfend
  • leicht antipsychotisch

Allgemeines

Allgemeines
NamePipamperon
Andere Namen1-[4-(4-Fluorphenyl)-4-oxobutyl]-1,4-bipiperidin-4-carbamid (IUPAC); Floropipamid
SummenformelC21H30FN3O2
WirkstoffklasseAntipsychotikum, Sedativum

Wirkungsweise

So wirkt Pipamperon

In unserem zentralen Nervensystem werden Botenstoffe zwischen den Synapsen verschickt, um Reize im Gehirn weiter zu leiten. Manchmal kommt es bei diesem empfindlichen System zu einem Ungleichgewicht und von einem bestimmten Botenstoff ist zu viel oder zu wenig vorhanden, sodass die Reizweiterleitung gestört ist.

Dopamin ist ein solcher Neurotransmitter. Wie Dopamin wirkt, hängt von der Rezeptorsynapse ab, auf die es trifft.

Ein gestörter Dopaminhaushalt spielt nach heutigem Kenntnisstand eine Rolle bei vielen neurologischen Erkrankungen, so zum Beispiel bei Schizophrenie, aber auch bei Morbus Parkinson, adhs und Suchterkrankungen.

Pipamperon greift in die Reizweiterleitung an den dopaminergen Synapsen ein. Es bindet sich vor allem an die sogenannten D4-Rezeptoren, und blockiert diese so für das ankommende Dopamin.

Bei einem Dopaminüberschuss kann der Wirkstoff so für eine regulierte Aufnahme sorgen und wieder ein Gleichgewicht herstellen.

Auch für Serotoninrezeptoren zeigt Pipamperon eine leichte Affinität. Das bedeutet, auch die Serotoninaufnahme wird durch diesen Arzneistoff blockiert.

Die reduzierte Aufnahme von Dopamin an den D4-Rezeptoren wirkt schlaffördernd, beruhigend und baut Erregungszustände ab. Die Inhibition des Serotonins unterstützt diese Wirkung zusätzlich.

Aufnahme, Abbau und Ausscheidung von Pipamperon

Pipamperon wird oral eingenommen. Im MagenDarm-Trakt wird es vom Organismus relativ rasch aufgenommen und erreicht seine maximale Wirkung schon nach zwei Stunden, was für die Anwendung als Schlafmittel vorteilhaft ist.

Der Wirkstoff hat eine Plasmaprotein-Bindungskapazität von nur 36 Prozent. Das bedeutet, der Arzneistoff bindet sich nur zu einem recht geringen Teil an die Plasmaproteine im Blut und kann daher schnell wieder abgebaut werden.

Auch das ist vorteilhaft für ein Schlafmittel, da die Wirkung am nächsten Tag in der Regel nicht mehr erwünscht ist.

Abgebaut wird Pipamperon im Wesentlichen durch die Leber, wonach es dann von den Nieren und über den Urin ausgeschieden wird. Die Halbwertszeit beträgt 17 bis 22 Stunden.


Anwendungsgebiete

Wann wird Pipamperon eingesetzt?

Ein Haupteinsatzgebiet von Pipamperon bildet die Anwendung als leichtes Schlafmittel.

Hier wird es vor allem bei geriatrischen, also bei älteren Patienten, eingesetzt, die häufig von Schlafstörungen in Verbindung mit innerer Unruhe mit psychomotorischen Erregungszuständen betroffen sind. In einem solchen Fall ist Pipamperon eines der Mittel der ersten Wahl.

Ein weiteres Einsatzgebiet bilden chronische Psychosen. Auch Betroffene einer solchen Erkrankung leiden oft unter inner Unruhe und Schlafstörungen. Pipamperon kann bei diesen Menschen als Schlafmittel, aber auch als Beruhigungsmittel eingesetzt werden.

Auch bei Aggressivität kann der Wirkstoff verabreicht werden.

Weil Pipamperon in der Gruppe der Neuroleptika als eines mit den wenigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen gilt, wird es auch bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt. Hier findet es zum Beispiel Anwendung bei aggressivem oder autistischem Verhalten.


Richtige Anwendung

So wird Pipamperon angewendet

Die richtige Dosierung von Pipamperon hängt von vielen individuellen Faktoren ab und sollte intensiv mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.

Meist empfiehlt es sich, das Medikament langsam einzuschleichen. Je nach Indikation liegt die Anfangsdosis bei 20 bis 40 Milligramm, die dann bis 120 Milligramm pro Tag gesteigert werden kann.

Pipamperon ist als Saft oder als Tablette verfügbar und kann unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Bei der Einnahme in Tablettenform sollte ein halbes Glas Wasser getrunken werden.


Medikamente

Welche Medikamente beinhalten den Wirkstoff Pipamperon?

Pipamperon wird auch unter den Namen Dipiperon und Floropipamid vertrieben. Der Wirkstoff ist nur als Monopräperat erhältlich, Kombipräperate gibt es nicht.

Es finden sich Säfte oder Tabletten mit folgenden Dosierungen:

  • Pipamperon Tabletten 20mg
  • Pipamperon-Tabletten 40mg
  • Pipamperon Tabletten 120mg
  • Pipamperon-Saft 4mg/ml

Handelsnamen

Monopräperate mit Pipamperon

  • Dipiperon (D, A, CH)
  • Pipamperon (D)
  • PIPAMPERON HEXAL 20 mg/5 ml Saft
  • PIPAMPERON-Neuraxpharm Saft 200 ml
  • PIPAMPERON Saft 1A Pharma 200 ml
  • DIPIPERON Saft 200 ml
  • sowie weitere Generika

Indikationen

Ein Einsatz als reines Schlafmittel ist bei Neuroleptika generell kritisch zu prüfen, da es vor allem bei Langzeiteinnahme zu unerwünschten Wirkungen kommen kann.

Das gilt auch für Pipamperon, auch wenn die Nebenwirkungen vergleichsweise gering ausfallen. Daher kommen oft auch andere Medikamente zur Behandlung einer Schlafstörung infrage. In der Schweiz beispielsweise ist der Wirkstoff bei Schlafstörungen gar nicht zugelassen.

In der Gerontopsychologie oder bei Menschen mit chronischer Psychose, bei denen eine Schlafstörung oft mit innerer Unruhe oder psychomotorischen Erregungszuständen einhergeht, ist Pipemperon indiziert.

Auch bei anderen, vom Schlaf unabhängigen Erregungszuständen oder Aggressivität ergibt sich eine Indikation.


Gegenanzeigen

Wann darf Pipamperon nicht verwendet werden?

Pipamperon darf nicht eingenommen werden bei Erkrankungen wie Morbus Parkinson, bei denen eine verringerte Verfügbarkeit von Dopamin vorliegt.

Eine Einnahme des Wirkstoffes bei einem Betroffenen einer solchen Krankheit würde die Symptomatik unter Umständen gravierend verschlimmern.

Liegt eine Intoxikation vor, zum Beispiel durch Alkohol, andere Schlafmittel oder Schmerzmittel, darf Pipamperon ebenfalls nicht verwendet werden.

Auch wenn ein Patient im Koma liegt oder bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff ist eine Einnahme nicht zulässig.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Weder für die Auswirkungen auf eine Schwangerschaft noch für Folgen für das gestillte Kind liegen ausreichende Daten für eine Bewertung vor.

Daher darf Pipamperon weder in der Schwangerschaft noch in der Stillzeit eingenommen werden. Vor Behandlungsbeginn ist eine Schwangerschaft auszuschließen.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Da Pipamperon zu den Neuroleptika mit wenigen Nebenwirkungen gehört, kann es auch bei Kindern eingesetzt werden.

Allerdings ist auch hier die Datenlage nicht gänzlich ausreichend, um sichere Aussagen zur Wirksamkeit zu treffen. Daher sollte eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen.

Falls der Wirkstoff bei Kindern unter 14 Jahren verordnet wird, sollte in der Regel mit einer niedrigen Dosierung von einem Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht begonnen werden.


Risiken & Nebenwirkungen

Welche Nebenwirkungen hat Pipamperon?

Da Pipamperon anders als andere Neuroleptika wenig extrapyramidale Nebenwirkungen zeigt und kaum in das anticholinerge System eingreift, gilt es als gut verträglich.

Allerdings können auch unter diesem Wirkstoff ernste Nebenwirkungen auftreten, die sogar selbst behandlungsbedürftig sein können. Deshalb ist in jedem Falle eine engmaschige ärztliche Begleitung zu empfehlen, wenn Pipamperon eingenommen wird.

Häufig kommt es bei einer Therapie mit dem Wirkstoff zu Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit. Auch Schläfrigkeit ist aufgrund der sedierenden Wirkung sehr häufig.

Wie alle Substanzen, die in den Dopaminhaushalt eingreifen und die Verfügbarkeit dieses Hormons reduzieren, kann Pipamperon bei einer zu hohen Dosierung Bewegungsstörungen verursachen.

Dazu gehören beispielsweise Zittern, Gangstörungen, Dyskinesien und spastische Symptome. Auch Muskelzuckungen und unwillkürliche Bewegungen sind möglich.

Da der Wirkstoff zu einem niedrigen Blutdruck und einem erhöhten Puls führen kann, sollten beide Parameter während einer Therapie mit Pipamperon regelmäßig kontrolliert werden. In seltenen Fällen kann es auch zu Herzrhythmusstörungen kommen.

Wie auch unter anderen neuroleptischen Medikamenten kann ein malignes neuroleptisches Syndrom auftreten. Erste Anzeichen sind starkes Schwitzen, Muskelsteifheit, Verwirrtheit und Bewegungsarmut.

Im Verlauf kann es zu Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma kommen. Dieses Syndrom ist aber glücklicherweise äußerst selten.


Wechselwirkungen

Welche Wechselwirkungen zeigt Pipamperon?

Zusammen mit anderen sedierenden Medikamenten kann es zu einer wechselseitigen Verstärkung der Wirkung kommen. Dasselbe gilt für alle anderen Substanzen, die das Bewusstsein dämpfen, wie zum Beispiel Alkohol.

Pipamperon verstärkt die Wirkung von Narkosemitteln und Opiaten auf das Atemzentrum. Schlimmstenfalls kann dies zu einem Atemstillstand führen, weshalb der Wirkstoff vor einer Operation oder bei Gabe von starken Schmerzmitteln nicht eingenommen werden sollte.

Da Pipamperon in seltenen Fällen zu Herzrhythmusstörungen führen kann, sollte es nicht mit anderen Arzneistoffen eingenommen werden, die diese Nebenwirkung ebenfalls zeigen.

In Kombination gegeben, kann sich dieses Risiko ungleich erhöhen. Zu solchen Medikamenten gehören beispielsweise Antihistamine, einige Antidepressiva oder bestimmte Antibiotika.

Weiterhin wird durch die Einnahme von Pipamperon die Wirkung von blutdrucksenkenden Mitteln verstärkt. Werden zusätzlich Mittel gegen Bluthochdruck angewendet, muss die jeweilige Dosis unter Umständen angepasst werden.


Wichtige Hinweise

Was ist bei der Einnahme von Pipamperon zu beachten?

Falls möglich, sollte Pipamperon als Saft eingenommen werden, da dieser als besser verträglich gilt. Vor allem gilt dies bei eher niedrigen Dosierungen. Die Einnahme kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen.

Da Pipamperon in der Schwangerschaft gefährliche Folgen für das ungeborene Kind haben könnte, ist eine Schwangerschaft vor Therapiebeginn sicher auszuschließen.

Während und auch einige Zeit nach der Einnahme sollte bei Frauen vor den Wechseljahren eine hormonelle Verhütung erfolgen.

Gerade bei einer langfristigen Einnahme können verstärkt Nebenwirkungen als Langzeitfolgen auftreten. Daher ist in diesen Fällen in besonderem Maße nach einer möglichst niedrigen Dosierung zu streben.

Wie alle anderen Medikamente auch kann Pipamperon eine allergische Reaktion auslösen. Falls Anzeichen einer solchen Reaktion auftreten, ist sofort ein Arzt zu kontaktieren.


Abgabevorschriften

So erhalten Sie Medikamente mit Pipamperon

Der Wirkstoff Pipamperon ist in Deustchland verschreibungspflichtig. Medikamente, die Pipamperon beinhalten, sind daher nur mit ärztlicher Verordnung in den Apotheken erhältlich.


Geschichte

Seit wann ist Pipamperon bekannt?

Die Entdeckung der Neuroleptika und vor allem der Butyrophenone bedeuteten Ende der 50er Jahre eine Revolution der Psychiatrien.

Endlich hatte man mit der Zulassung Anfang der 60er Jahre ein Mittel gegen Schizophrenien, die zuvor so gut wie gar nicht behandelbar waren.

Pipamperon gehört ebenfalls zu diesen Neuroleptika der ersten Generation und wird schon seit Jahrzehnten angewendet. In Deutschland ist es seit 1961 sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche zugelassen.


Warnhinweise

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Aufgrund der zum Teil schwerwiegenden Nebenwirkungen ist Pipamperon unbedingt genau nach Verordnung einzunehmen. Bei Verdacht auf eine Überdosierung sollte schnellstmöglichst ein Arzt kontaktiert werden.

Auch wenn Pipamperon genau nach Anweisung des Arztes eingenommen wird, kann das Reaktionsvermögen insoweit beeinträchtigt sein, dass eine Teilnahme am Straßenverkehr oder das Bedienen von Maschinen nur eingeschränkt möglich ist.

Insbesondere gilt dies in Verbindung mit Alkohol. Da beide Substanzen sich in ihrer Wirkung wechselseitig verstärken, sollte man während der Behandlung mit Pipamperon auf Alkohol verzichten.


Quellen

  • Herdegen, T.: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie, Georg Thieme Verlag, 2. Auflage, 2010
  • Joos, L: Pharmakologie aktiv, Govi-Verlag, 1. Auflage, 2009
  • Mutschler, E.: Arzneimittelwirkungen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 10. Auflage, 2013
  • Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin

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