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Neuroleptika

by Danaae
Neuroleptika, Antipsychotika, Schizophrenie, Psychose, Geriatrie, Altersheilkunde

Raining, Zyprexa, CC BY-SA 4.0

Antipsychotika oder Neuroleptika kommen vor allem bei einer Schizophrenie und anderen psychotischen Erkrankungen zum Einsatz. Sie können aber auch andere Anwendungsgebiete haben und spielen beispielsweise in der Geriatrie (Altersheilkunde) eine wichtige Rolle.

Die Medikamente können vor allem in klassische (typische) und in neuere (atypische) Antipsychotika oder aber in hoch- und niederpotente Neuroleptika unterteilt werden.

Was sind Neuroleptika?

Neuroleptika – Auch Antipsychotika

Neuroleptika, auch Antipsychotika genannt, sind Medikamente, welche zur Gruppe der Psychopharmaka gehören. Sie haben eine antipsychotische Wirkung, wirken also einem Realitätsverlust entgegen und kommen entsprechend zur Behandlung von Psychosen, also beispielsweise bei Halluzinationen, Realitätsverlust oder Wahn, zum Einsatz.

Ihr wichtigstes Anwendungsgebiet ist somit die Schizophrenie. Allerdings können Antipsychotika die Schizophrenie nicht heilen. Vielmehr unterbinden sie die psychotischen Symptome, sodass Betroffene ein normales Leben führen können.

Darüber hinaus wirken Neuroleptika auch sedierend, also dämpfend, weshalb sie auch als Beruhigungsmittel Anwendung finden. Somit gehören bspw. auch Depressionen, adhs oder Angstzustände zu den Anwendungsgebieten von Antipsychotika.

Aufgrund ihrer beruhigenden Wirkung sind sie z. B. auch in der Altenpflege sehr wichtig. Circa 30 bis 40 Prozent der Altenheim-Bewohner erhalten Neuroleptika.

Antipsychotika gehören nach Antidepressiva zu den am häufigsten verordneten Psychopharmaka.

Begriffserklärung: Das Wort Neuroleptikum bedeutet soviel wie Nerven-Dämpfungsmittel. Der Begriff wird wird jedoch immer seltener genutzt, da die Wirkstoffe viel mehr antipsychotisch als neuroleptisch (also nervendämpfend) wirken.

Neuroleptika können in verschiedene Arten unterteilt werden, welche sich sowohl hinsichtlich ihrer Wirkungen als auch Nebenwirkungen unterscheiden.

Die sogenannten typischen Antipsychotika der ersten Generation wurden in den 1950er Jahren entwickelt. Neuere Antipsychotika werden auch als atypische Neuroleptika bezeichnet und gelten in den meisten Fällen als Mittel der ersten Wahl. Darüber hinaus lassen sich die Neuroleptika je nach Wirkstärke auch in hochpotente und niederpotente unterteilen.


Anwendung (Indikation)

Was sind die Anwendungsgebiete von Neuroleptika?

Antipsychotika werden in erster Linie zur Behandlung von Wahn und Halluzinationen eingesetzt. Zu ihrer wichtigsten Einsatzgebieten zählen somit die Schizophrenie und Manie.

Weiterhin kommen Neuroleptika aufgrund ihrer sedierenden Wirkung auch als Beruhigungsmittel zum Einsatz, so etwa bei Ängsten, Unruhe oder Erregungszuständen, also bei einer Übererregbarkeit vom zentralen Nervensystem (z. B. bei Nervenkrankheiten wie psychischen Störungen oder Demenz).

Sie können auch bei Verhaltensauffälligkeiten wie etwa bei Aggressivität oder Selbstverletzung eingesetzt werden, z. B. bei Jugendlichen oder dementen Personen. Darüber hinaus finden sie auch bei Persönlichkeits-, Zwangs- und Tic-Störungen Anwendung. Des weiteren kommen sie beispielsweise auch in der Schmerztherapie sowie bei Übelkeit nach Operationen zum Einsatz.

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Die wichtigste Indikation von Neuroleptika ist die Schizophrenie

Zu den Anwendungsgebieten von Antipsychotika zählen:

Darüber hinaus werden Antipsychotika zunehmend auch bei weiteren psychischen Erkrankungen, Störungen und Syndromen (Off-Label) eingesetzt. Hierzu zählen:

  • Depressionen
  • Persönlichkeitsstörungen (z. B. Borderline)
  • adhs (bei Kindern)
  • Fetales Alkoholsyndrom
  • Autismus (bei selbstverletzendem Verhalten und/oder Reizbarkeit)
  • Alkohol-Entzugssyndrom (bei Erregungszuständen)
  • Chorea Huntington
  • Chorea minor (Sydenham)
  • Morbus Parkinson (bei Psychosen)
  • Lewy-Body-Demenz (bei wahnhaften Symptomen)

Da Neuroleptika allerdings schwerwiegende Nebenwirkungen haben können, sind sie nur nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung zu verabreichen.


Einnahme & Dosierung

Wie werden Neuroleptika eingenommen und dosiert?

Die Einnahme und Dosierung der Neuroleptika variiert je nach Art des Wirkstoffs. Allgemeine Aussagen sind daher nicht möglich. In den meisten Fällen werden sie jedoch in Form von Tabletten, manchmal auch als Saft oder Tropfen, 1 bis 2 Mal am Tag bzw. alle 12 oder 24 Stunden oral eingenommen.

In einigen Fällen werden sie aber z. B. auch intramuskulär, also mittels Injektion in einen Muskel, verabreicht (Depotspritzen). Vorteilhaft hierbei ist, dass der Wirkstoff nur allmählich vom Muskel in den Blutkreislauf gelangt und daher nur alle paar Wochen verabreicht werden muss. Diese Darreichungsform ist vor allem bei Patienten, welche die Einnahme ihrer Medikamente nicht konsequent befolgen (schlechte Compliance), üblich.

Antipsychotika können sowohl präventiv, also vorbeugend, als auch behandeln, eingesetzt werden. Außerdem sind sowohl Akuttherapien als auch Langzeittherapien möglich.

Als langfristige Behandlung finden sie bei folgenden Erkrankungen Anwendung:

  • Paranoide Schizophrenie
  • Wahnhafte Störungen
  • Zwangsstörungen (Begleittherapie)
  • Ticstörungen

Als Akuttherapie können sie in folgenden Fällen eingesetzt werden:

  • Akute wahnhafte Symptome (wie etwa bei einer paranoiden Schizophrenie)
  • Delirium (akuter Verwirrtheitszustand)
  • Beim manischen Syndrom bzw. bei einer bipolar-affektiven Störung
  • Zustände von Unruhe, Erregung und Verwirrtheit
  • Psychotische Symptome bei Parkinson
Neuroleptika machen auch bei einer langfristigen Einnahme nicht abhängig. Es besteht also keine Suchtgefahr.

Funktion & Wirkung

Wie wirken Antipsychotika?

Die genaue Wirkungsweise von Neuroleptika ist noch Gegenstand aktueller Forschung, also noch nicht vollständig geklärt. Wie Antipsychotika genau wirken variiert außerdem je nach Art des Medikaments.

Es wird jedoch angenommen, dass Positivsymptome wie Wahnvorstellungen und Halluzinationen durch einen Dopamin-Überschuss hervorgerufen werden. Die Wirkung der Neuroleptika ist also auf die sogenannte Dopaminhypothese gestützt.

Im Körper befinden sich sogenannte dopaminerge Bahnen, welche vom Mittelhirn, in welchem das Dopamin gebildet wird, zum limbischen System, also der Funktionseinheit des Gehirns, das für die Entstehung von Trieben verantwortlich ist, führen.

Dieses sogenannte mesolimbische System ist bei Betroffenen stark überaktiv. Um die psychotischen Symptome zu behandeln, ist es daher nötig, die überaktiven Dopamin-Rezeptoren zu hemmen. Hierbei sind vor allem die sogenannten D2-Rezeptoren bedeutsam, da diese vermehrt im mesolibischen System vorkommen.

Antipsychotika sind Dopamin-Antagonisten; sie binden also an den Dopamin-Rezeptoren (bzw. an den D2-Dopamin-Rezeptoren), haben selbst jedoch keine Wirkung. Da sie die Rezeptoren aber blockieren, verhindern sie, dass das Dopamin dort andocken und somit seine Wirkung entfalten kann.

Klassische Neuroleptika wirken dabei wenig spezifisch; das heißt, sie wirken am ganzen Dopaminergen-System und nicht nur an den Rezeptoren, die für die psychotischen Symptome verantwortlich sind. Dadurch können sie zu Nebenwirkungen wie eine Verschlechterung der Negativsymptome oder Störungen der Bewegungsabläufe führen.

Wie wirken atypische Neuroleptika?
Die neueren, atypischen Neuroleptika wirken hingegen deutlich spezifischer; je nach Wirkstoff binden sie also nur an bestimmten Rezeptoren, sodass sie nicht zu den genannten Nebenwirkungen führen.

Das heißt aber leider nicht zwangsläufig, dass sie insgesamt verträglicher sind, wie anfangs erhofft wurde. Atypische Antipsychotika interagieren auch mit weiteren Botenstoffen (z. B. Serotonin, Histamin, Noradrenalin), was erklären könnte, weshalb sie auch zu einer Verbesserung der Negativsymptome führen.


Wirkung im Überblick

Wie wirkt ein Neuroleptikum?

Wirkungen der Neuroleptika im Überblick:

  • Abschwächung der Positivsymptome (z. B. Halluzinationen, Wahnvorstellungen und Erregungszustände)
  • Abschwächung der Negativsymptome (wie z. B. Affektverflachung, Apathie oder Anhedonie; diese werden weniger stark und vor allem bei den neuen Neuroleptika abgeschwächt)
  • Sedierung (einige Neuroleptika wirken zudem sedierend, also dämpfend auf das zentrale Nervensystem)

Einteilung & Arten

Welche Antipsychotika gibt es?

Neuroleptika lassen sich in folgende Arten unterteilen:

  • Typische und atypische
  • antipsychotische und sedierende
  • hoch-, mittel- und niederpotente

Darüber hinaus können Antipsychotika auch je nach chemischer Struktur in folgende Wirkstoffgruppen unterschieden werden:

  • Trizyklische Neuroleptika (Thioxanthene und Phenothiazine)
    • Chlorpromazin
    • Fluphenazin
    • Perazin
    • Perphenazin
    • Thioridazin
    • Chlorprothixen
    • Clopenthixol
    • Flupentixol
    • Zuclopenthixol
  • Diphenylbutylpiperidine und Butyrophenone
  • Dibenzepine
  • Benzamide
  • Benzisoxazol-Derivate, andere Stoffe
  • Alkaloide

Typische & Atypische

Neuroleptika werden für gewöhnlich in typische und atypische Antipsychotika unterteilt. Diese Einteilung ist allerdings nicht immer ganz zutreffend, da eine strikte Abgrenzung nicht immer möglich ist. Dennoch findet sie vor allem aus didaktischen Gründen weiterhin Anwendung.

Klassische bzw. typische Antipsychotika

  • Hochpotent (z. B. Benperidol, Bromperidol, Pimozid)
  • Mittelpotent (z. B. Zotepin, Melperon, Thioridazin)
  • Niederpotent (z. B. Pipamperon, Prothipendyl, Levomepromazin)
Neuroleptika, Antipsychotika, Schizophrenie, Psychose, Geriatrie, Altersheilkunde

V1ND3M14TR1X, Risperdal Consta injection syringe, CC BY-SA 3.0
(Atypisches Neuroleptikum)

Neue bzw. atypische Antipsychotika

Antipsychotisch & Sedierend

Neuroleptika haben sowohl eine dämpfende (sedierende) als auch eine antipsychotische Wirkung. Dabei kann eine der beiden Eigenschaften stärker ausgeprägt sein:

  • Antipsychotische Neuroleptika: Diese Neuroleptika wirken hauptsächlich antipsychotisch. Sie kommen also vor allem bei den sogenannten Positivsymptomen wie etwa Halluzinationen und Wahn zum Einsatz.
  • Sedierende Neuroleptika: Diese Neuroleptika wirken in erster Linie dämpfend und kommen entsprechen bei Symptomen wie Angst, Erregungszuständen oder Unruhe zum Einsatz.

Es ist auch möglich, ein antipsychotisches Neuroleptikum mit einem sedierenden zu kombinieren. Bei einer akuten Psychose kann es beispielsweise sinnvoll sein, einen antipsychotischen Wirkstoff als Hauptmedikament zu verabreichen, um die Positivsymptome unter Kontrolle zu bringen und dieses mit einem sedierenden Wirkstoff zu kombinieren, um auch die Negativsymptome zu behandeln.


Hoch- & niederpotent

Hochpotente, mittelpotente und niederpotente Neuroleptika

Neuroleptika können darüber hinaus auch in hoch- und niederpotente Antipsychotika unterteilt werden. Hochpotente Neuroleptika haben bei gleicher Dosierung eine stärkere Wirkung als die niederpotenten. Niederpotente Neuroleptika müssen also höher dosiert werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen.

Diese Einteilung ist vor allem bei den klassischen Neuroleptika sinnvoll, da sich atypische Neuroleptika zu sehr hinsichtlich ihrer Wirkung und Nebenwirkungen unterscheiden, sodass ein direkter Vergleich kaum möglich ist.

Hochpotente Neuroleptika wirken bereits in geringen Dosierungen antipsychotisch und sind reine Dopaminantagonisten.

Niederpotente Antipsychotika haben vor allem eine sedierende Wirkung, sie wirken antagonistisch an Dopamin-Rezeptoren, hemmen den Neurotransmittel Acetycholin und schwächen Histamin ab (Antihistaminika).

Um die Antipsychotika in hoch- und niederpotente Vertreter einzuteilen, muss ein Referenzwert herangezogen werden. Hierbei gilt der Wirkstoff Chlorpromazin als Referenzwert von 1, da dies das erste verwendete Neuroleptikum war. Ein Antipsychotikum mit einem sogenannten CPZ (Chlorpromazin-Äquivalent) von 3 ist also drei Mal so stark wie Chlorpromazin.

  • Hochpotente Antipsychotika: CPZ über 10 (keine antipsychotische Wirkung)
    z. B.: Perphenazin, Benperidol, Fluphenazin oder Haloperidol
  • Mittelpotente Antipsychotika: CPZ von 1 bis 10
    z. B.: Chlorpromazin, Zuclopenthixol oder Perazin
  • Niederpotente Antipsychotika: CPZ unter 1
    z. B.: Promethazin, Promazin, Levomepromazin oder Thioridazin

Medikamente – Liste

Handelsnamen & Präparate – Welche Medikamente gehören zu den Neuroleptika?

Nachfolgend finden Sie eine Liste der Antipsychotika angeordnet nach ihrer Potenz mit dem zugehörigem Handelsnamen des Wirkstoffs zwischen den Klammern:

Hochpotent:

  • Benperidol (Glianimon)
  • Bromperidol (Impromen)
  • Flupentixol (Fluanxol)
  • Fluphenazin (Lyogen)
  • Fluspirilen (Fluspi)
  • Haloperidol (Haldol)
  • Olanzapin (Zyprexa)
  • Perphenazin (Decentan)
  • Pimozid (Orap)
  • Risperidon (Risperdal)
  • Trifluperidol (Triperidol)
  • Zuclopenthixol (Ciatyl-Z)

Mittelpotent

:

  • Chlorpromazin (Megaphen)
  • Clozapin (Leponex)
  • Melperon (Eunerpan)
  • Perazin (Taxilan)
  • Quetiapin (Seroquel)
  • Thioridazin (Melleril)
  • Zotepin (Nipolept)

Niedrigpotent

:

  • Amisulprid (Ciatyl-Z)
  • Chlorprothixen (Truxal)
  • Levomepromazin (Neurocil)
  • Pipamperon (Dipiperon)
  • Prothipendyl (Dominal)
  • Sulpirid (Dogmatil)

Zu den neueren, atypischen Neuroleptika der 2. Generation zählen:

  • Amisulprid (Solian)
  • Aripiprazol (Abilify)
  • Asenapin (Sycrest)
  • Sulpirid (Dogmatil)
  • Clozapin (Leponex)
  • Olanzapin (Zyprexa)
  • Quetiapin (Seroquel)
  • Risperidon (Risperdal)
  • Ziprasidon (Dogmatil)
  • Zotepin (Nipolept)

Risiken & Nebenwirkungen

Welche Nebenwirkungen haben Neuroleptika?

Antipsychotika können abhängig von ihrer Art zu verschiedenen, teils schwerwiegenden Nebenwirkungen führen.

Leukämie Symptom Müdigkeit Cymbalta 30mg KupferDa Neuroleptika das Reaktionsvermögen einschränken können, kann auch die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt sein. Betroffene dürfen also ggf. keine Maschinen bedienen und entsprechend eventuell auch kein Auto fahren.

Bei etwa 10 bis 60 Prozent der Patienten kommt es außerdem zu psychischen Nebenwirkungen wie: Dysphorie (Störung des emotionalen Erlebens) oder Anhedonie (Unfähigkeit, Lust und Freude zu empfinden). Diese Nebenwirkungen treten vor allem bei klassischen jedoch auch bei atypischen Neuroleptika auf.

In sehr seltenen Fällen (bei bis zu 0,4 Prozent) kann es darüber hinaus zum lebensgefährlichen malingen neuroleptischen Syndrom kommen. Symptome hierbei sind Muskelsteifigkeit, Fieber, Bewegungsstarre, Bewusstseinsstörungen, beschleunigte Atmung, starkes Schwitzen und eine Störung der Bildungen von Erythrozyten (weiße Blutkörperchen).

Eine ausführliche Liste aller möglichen Nebenwirkungen finden Sie in der Packungsbeilage des jeweiligen Medikaments.


Typische Antipsychotika

Nebenwirkungen von klassischen Neuroleptika

Wie bereits unter „Wirkung“ erklärt, hemmen Neuroleptika die Bindung von Dopamin an den D2-Rezeptoren. Da sich diese jedoch auch in anderen Gehirnarealen befinden, bzw. sie auch für weitere Funktionen verantwortlich sind, kann die Einnahme von Antipsychotika zu bestimmten Nebenwirkungen führen.

Extrapyramidal motorische Symptome (EPMS)

DopaminDie Dopamin-Rezeptoren befinden sich beispielsweise auch in den sogenannten Basalganglien (Teil des Endhirns), welche sehr bedeutsam für motorische und kognitive Leistungen sind. Blockieren die Antipsychotika auch genannte Rezeptoren, wird mit zunehmender Dosierung bzw. Wirksamkeit des Medikaments auch die Motorik und kognitive Leistungsfähigkeit eingeschränkt.

Die Störung der Motorik kann von Dyskinesie (Störung des Bewegungsablaufs) bis hin zu Parkinson-ähnlichen Beschwerden reichen. Je nachdem, welche Botenstoffsysteme vom jeweiligen Neuroleptikum beeinflusst werden, sind weitere Nebenwirkungen möglich (z. B. vegetative, hormonelle oder kardiovaskuläre Störungen).


Atypische Neuroleptika

Nebenwirkungen von atypischen Neuroleptika

Atypische Antipsychotika wirken weniger stark an den D2-Rezeptoren in den Basalganglien, weshalb sie auch seltener zu Nebenwirkungen wie Bewegungseinschränkungen bzw. EPMS führen.

Als die neuen Neuroleptika auf den Markt kamen, erhoffte man sich daher eine insgesamt nebenwirkungsärmere Behandlungsmöglichkeit. Dies hat sich jedoch leider nicht bewahrheitet.

Zwar beeinflussen atypische Neuroleptika die Motorik deutlich weniger bis kaum, allerdings können sie andere unerwünschte Wirkungen haben, wie beispielsweise eine starke Gewichtszunahme, was wiederum zu einem metabolischen Syndrom mit Fettleibigkeit, Bluthochdruck und Insulinresistenz führen kann.


Im Überblick (Liste)

Die Nebenwirkungen von Antipsychotika umfassen:

Störungen der Bewegungsabläufe bzw. EPMS (Extrapyramidalmotorische System):

  • Frühdyskinesie (z. B. Krämpfe der Zunge und des Schlunds sowie Grimassen, Fehlstellung des Kopfes also Torticollis und Blickkrämpfe)
  • Spätdyskinesie (z. B. Stereotype Schmatz- und Kaubewegungen sowie choreatische also rasche, unwillkürliche und plötzliche Bewegungen)
  • Parkinsonoid z. B. Akinese (Bewegungslosigkeit), Rigor (Muskelsteifheit), Tremor (Zittern)
  • Akathisie bzw. Sitzunruhe z. B. Quälende Rastlosigkeit, Steh- und Sitzunruhe

Weitere mögliche Nebenwirkungen von Neuroleptika sind:


Wechselwirkungen (Interaktionen)

Wechselwirkungen von Antipsychotika und anderen Medikamenten

Werden Neuroleptika zusammen mit anderen Wirkstoffen eingenommen, können diese miteinander interagieren und zu Wechselwirkungen führen. Die Interaktionen variieren dabei je nach Art des Antipsychotikums.

Nikotin Alkohol Giftstoffe Genussmittel SuchtmittelFolgende Wirkstoffe können zu einer teils gefährlichen Wirkungsverstärkung führen:

  • Beruhigungsmittel
  • Alkohol

Nachfolgende Stoffe können hingegen die Wirkung des Antipsychotikums verringern:

  • Kaffee
  • Tee
  • Energy-Drinks
  • Weitere koffeinhaltige Getränke

Weitere Medikamente, welche abhängig von der Art des Neuroleptikums zu Wechselwirkungen führen können, sind:

Einige niederpotente Antipsychotika werden, so wie auch zahlreiche andere Medikamente, durch Enzyme aus der sogenannten Cytochrom-P450-Gruppe verstoffwechselt. Daher kann es zu Wechselwirkungen zwischen den Arzneimitteln kommen.

Levomepromazin, Promethazin oder Melperon hemmen das sogenannte CYP2D6 Enzym und können daher zu Wechselwirkungen mit Medikamenten, welche über genanntes Enzym abgebaut werden führen. Hierzu zählen wie z. B. der Betablocker Metoprolol, Antidepressiva wie Sertralin, Antiarrhythmika wie Carvedilol oder Opioide wie Codein.

Risperidon in Kombination mit:

  • SSRIs wie Paroxetin pder Fluoxetin
  • Imidazolen also Pilzmittel wie Itraconazol und Ketoconazol
  • hiv Medikamente wie Ritonavir
  • Carbamazepin (Dosis des Resperidons muss erhöht werden)
  • Blutdrucksenkende Mittel (Wirkstoffe können sich gegenseitig verstärken)
  • Parkinson Medikamente wie Dopaminagonisten (z. B. Ropinirol und Pramipexol) oder Levodopa (Wirkung genannter Stoffe kann verringert werden)

Kontraindikation (Gegenanzeigen)

Wann dürfen Neuroleptika nicht eingenommen werden?

Die möglichen Gegenanzeigen von Neuroleptika variieren je nach Art des Arzneimittels. Alle Antipsychotika sind jedoch bei einer Überempfindlichkeit gegenüber des Wirkstoffs oder anderer Inhaltsstoffe des Medikaments kontraindiziert.

In einigen Fällen kann ein bestimmtes Antipsychotikum komplett kontraindiziert sein, während in anderen Situationen vor der Vergabe eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen muss. Besteht eine Kontraindikation gegenüber eines Wirkstoffs, stehen i. d. R. alternative Neuroleptika zur Verfügung. Auch eine Dosisanpassung ist oft möglich.

Zu den Kontraindikationen (Gegenanzeigen) von Antipsychotika zählen:

Nicht alle Neuroleptika sind in genannten Fällen kontraindiziert. Die Gegenanzeigen können je nach Wirkstoffgruppe stark variieren. Eine detaillierte Liste aller Kontraindikationen finden Sie in der Packungsbeilage.


FAQ – Häufige Fragen & Antworten

Nachfolgend finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Antipsychotika.


Neuroleptikum absetzen?

Kann ich mein Antipsychotikum absetzen?

Antipsychotika können ernste Risiken und Nebenwirkungen haben, weshalb viele Patienten sich wünschen, ihre Medikamente absetzen zu können. Allerdings sollten Sie die Einnahme Ihres Neuroleptikums keinesfalls eigenmächtig beenden, da es anderenfalls erneut zu psychotischen Episoden oder anderen schwerwiegenden Auswirkungen und Entzugserscheinungen kommen kann.

Alter, Demenz, Alzheimer, Diagnose, Mann, Vergessen, ArztDie Gefahr für eine erneute Psychose ist hierbei sogar höher, als bei Patienten, welche keine Medikation erhalten. Dies liegt daran, dass sich der Körper an den Wirkstoff angepasst hat und sich bei einem abrupten Weglassen des Medikaments schlagartig umstellen muss.

Ein Absetzen des Antipsychotikums kann erfolgen, wenn Patienten eine langfristige medikamentöse Behandlung erhalten haben und nicht rückfällig wurden. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn Sie der Meinung sind, dass Sie Ihr Neuroleptikum nicht mehr benötigen. Stimmt dieser Ihnen nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung zu, wird er Ihnen die optimale Vorgehensweise für das Absetzen des Antipsychotikums erläutern.

Neuroleptika werden dafür meist ausgeschlichen, das heißt, die Dosis wird über einen längeren Zeitraum hinweg nach und nach reduziert bis sie bei null liegt. Gängig ist es zum Beispiel, das Antipsychotikum alle 3 Wochen um zehn Prozent der verschriebenen Dosis zu reduzieren.

In vielen Fällen ist es jedoch sicherer, das Antipsychotikum nicht abzusetzen, sondern stattdessen auf die niedrigst mögliche Dosis zu reduzieren. Hierdurch lassen sich ebenfalls Risiken und Nebenwirkungen vermeiden, während auch das Rückfallrisiko geringer ist, als bei einem Absetzen des Antipsychotikums.


Ohne Gewichtszunahme?

Welche Antipsychotika führen zu keiner Gewichtszunahme?

Viele Neuroleptika können zu einer starken Gewichtszunahme führen. Dies ist nicht nur unangenehm für Betroffene, es erhöht auch das Risiko für das metabolische Syndrom bzw. für ernste Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder einen Schlaganfall.

Es gibt Antipsychotika, welche sich gar nicht auf das Gewicht auswirken. Hierzu zählt der Wirkstoff Aripiprazol bzw. das Medikament Abilify®.

Zwar führ Aripiprazol zu keiner Gewichtszunahme, dafür kann es andere Nebenwirkungen haben. So ist der Wirkstoff beispielsweise bei dementen Patienten kontraindiziert, da es bei ihnen zu einer erhöhten Sterblichkeit führt.

Insgesamt können vor allem die neueren, atypischen Neuroleptika zu einer starken Gewichtszunahme führen. Die älteren, typischen Antipsychotika wirken allerdings nicht gegen die Negativsymptome der Schizophrenie, vielmehr noch können sie diese sogar verschlimmern. Klassische Neuroleptika sind darüber hinaus bei 30 bis 40 Prozent der Betroffenen unwirksam. Außerdem kommt es bei etwa 10 bis 60 Prozent der Patienten, welche typische Antipsychotika erhalten, zu einer Anhedonie oder Dysphorie. Auch das Risiko für EMPS ist hierbei höher.

Aus genannten Gründen gelten die neueren atypischen Antipsychotika heutzutage als Mittel der ersten Wahl, auch wenn bei ihnen das Risiko für eine Gewichtszunahme höher ist.


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