Wie die Diabetologie Zuckerkranke begleitet
2012 litten rund neun Prozent der Deutschen im Alter zwischen 18 und 79 Jahren an einer Diabetes, davon wussten zwei Prozent nichts von ihrer Krankheit.
Durch autoimmun geschädigte Betazellen in den Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse ensteht der seltene Diabetes mellitus Typ 1, auch Kinder- oder Jugenddiabetes genannt. Standard für diesen Typ-1-Diabetes ist die intensivierte Insulintherapie.
Hierbei kann die sogenannte Diabetologie helfen, also der medizinische Bereich, der sich mit Diabetes beschäftigt. Wie die Diabetologie genau vorgeht, welche Ziele sie hat, inwiefern sie hilft und alle weiteren wichtigen Informationen zum Thema, finden Sie nachfolgend.
Table of Contents
Was ist die Diabetologie?
Inhaltsverzeichnis
Weitaus mehr Diabetiker, nämlich rund 90 %, betrifft der Typ 2, also die erworbene Form der Insulinresistenz, die von einer schlechten finanziellen Situation begünstigt wird. Mehr als die Hälfte finden sich in der Altersgruppe ab 65 Jahren.
Diabetologie richtet sich an Betroffene dieser Stoffwechselerkrankung in allen Erscheinungsformen. Ihnen fehlt das Hormon Insulin, die Kohlenhydrate aus der Nahrung richtig zu verwerten. Die ständige Kontrolle des Blutzuckerspiegels gehört für sie zum Alltag.
Über- oder Unterzuckerung tritt z.B. auf, wenn Insulingabe und Ernährung nicht optimal eingestellt sind oder eine Infektion den Körper zusätzlich belastet. Die Hyper- bzw. Hypoglykämie überfordert den Kreislauf. Ein diabetisches Koma kann die Folge sein.
Auch die Ketose, die gesunde Menschen im Rahmen einer Abnehmdiät kennenlernen können, stellt eine Komplikation dar, die Diabetikern gefährlich werden kann. Sie tritt ein, wenn der Körper nicht auf die Kohlenhydrate aus der Nahrung zurückgreifen kann und stattdessen Fettzellen angreift und aus diesen Ketonkörper produziert. Diese Form der Energiebereitstellung übersäuert das Blut.
Unbehandelt kann eine Diabetes Gefäße und Organe schädigen und die Sehstärke der Augen beeinträchtigen. Die Stoffwechselkrankheit kann die Immunabwehr beeinträchtigen, die Wundheilung verzögern, die Nervenempfindungen schädigen, die Haut austrocknen.
Wenn diese Faktoren zusammenwirken können Komplikationen wie tiefe Geschwüre an den Extremitäten entstehen, die schlimmstenfalls in einer Amputation enden. Rund 50.000 Menschen in Deutschland verlieren im Jahr durch die Diabetes einen Fuß.
Ursprung und Entwicklung
Im 6. Jahrhundert vor Chr. entdeckte ein Chirurg in Indien, dass der Urin eines Patienten Ameisen anlockte und schlußfolgerte, dieser müsse ungewöhnlich süß sein. Diese Erkenntnis wurde in der Charaka Samhita, einem Teil des Ayurveda, überliefert.
Etwa 100 Jahre nach Chr. beschrieb der Pneumatiker Aretaios in Alexandria die Diabetes mit dem Symptom des starken Durstes. Diabetische Nervenstörungen (Neuropathie) wurden zuerst 1675 von einem englischen Arzt beschrieben.
Er erkannte als einer der ersten, dass die Ursache im Blut liegen müsse, während seine Zeitgenossen die Diabetes noch allein in der Niere verorteten und fand heraus, dass sich die Symptome durch eine Reduktion der Kalorienaufnahme besserten.
1683 entdeckte Brunner durch die Entfernung des Pankreas bei Hunden die pankreoprive Diabetes (Typ 1). 1875 führte der französische Hygiene-Professor Apollinaire Bouchardat eine spezielle hypokalorische Diät und die begleitende Kontrolle der Stoffwechselvorgänge für die Therapie von Diabetikern ein. Er zählt zu den Mitbegründern der Diabetologie.
Funktion, Wirkung & Ziele
Diabetologen begleiten Betroffene um akute Komplikationen durch Blutzuckerentgleisungen zu verhindern und langfristig die gefäßschädigenden Auswirkungen zu reduzieren, für die Diabetiker ein zwei- bis vierfach erhöhtes Risiko aufweisen.
Behandlung und Therapie
- Abbau von Übergewicht
- Ernährungsumstellung
- Regelmäßige Bewegung
- Überwachung des Blutzuckerspiegels
- Orale Antidiabetika
- Insulintherapie via Spritze oder Pumpe
- Therapeutisch angepasste Speisepläne
Ablauf & Wirkungsweise
Diese setzen an den Betazellen des Pankreas als dem Ort der Insulinproduktion oder an den Alphazellen des Pankreas als dem Ort des Gegenspielers Glucagon an, beeinflussen die Vorgänge im Darm oder an den Nieren oder verändern die Insulinresistenz der Zellwände oder die Glukoseproduktion der Leber. Reichen orale Antidiabetika nicht mehr aus, verordnet der Arzt eine Insulintherapie.
Anders als die Diabetiker des Typs 1 besteht für Typ 2-Diabetiker die Alternative der konventionellen Insulintherapie. Diese besteht in einer festen Tagesplanung von drei Mischungen lang- und kurzwirkender Insulingaben. Speisepläne passen sich den Insulingaben an.
Das Proteohormon Insulin dockt an die Rezeptoren der Zellen von Muskeln, Leber, Nieren und Fettgeweben, damit die Zuckermoleküle aus den Kohlenhydraten der Nahrung in Form von Glykogen dort gespeichert werden.
Hilft, fördert & stärkt
Die Diabetologie hilft gegen:
- Entgleisungen des Glucosegehaltes im Blut
- Lipolyse und Ketoazidose
- das erhöhte Risiko makrovaskulärer Komplikationen wie Atherosklerose, insbesondere der Herzkranzgefäße, Hirngefäße und Beingefäße (periphere arterielle Verschlusskrankheit/PAVK), Herzinfarkt und Schlaganfall
Die Diabetologie fördert und stärkt:
- einen konstanten Blutzuckerspiegel
- stete Energiebereitstellung
- präzise Messungen
- eine bewusste Lebensweise
- eine kontrollierte Ernährungsweise
Wer behandelt?
Ein normales Leben wie es die Anderen führen kann für einen Diabetiker schnell zu einem ernsten Risiko werden. Damit er in seiner Ausnahmesituation nicht alleine dasteht, wurde der Beruf des Diabetologen als Facharztrichtung „Endokrinologie und Diabetologie“ in einer formal geregelten Zusatzqualifizierung geschaffen.
Diese wird seit 2003 auch im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlichen Krankenkassen anerkannt. Zum Diabetesassistenten bzw. -berater können sich u.a. Kranken-, Altenpfleger, Podologen und diplomierte Oecotrophologen weiterbilden.
Ein idealer Diabetologe klärt über die chronische Erkrankung des Diabetes mellitus auf, hält Vorträge, leitet Schulungen und Kurse und führt Gespräche. Mögliche Arbeitsorte wären Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen, Krankenhäuser, Altenheime, Krankenversicherungen. In Absprache mit behandelnden Ärzten könnte ein Diabetologe die Lebensweise von Betroffenen analysieren und Speisepläne erstellen.
Risiken & Nebenwirkungen
- allgemein besteht bei der Einnahme von Antidiabetika das Risiko von allergischen Reaktionen und Übelkeit
- das verbreitete Antidiabetikum Metformin kann Magenbeschwerden, Blähungen, Durchfall und eine Laktatazidose verursachen
- Sulfonylharnstoffe, die zusammen mit Kohlenhydraten aufgenommen werden müssen, können Übergewicht und Völlegefühl herbeiführen
- Glitazone kann Wassereinlagerung und Ödemen verursachen
- SGLT-2-Hemmer begünstigen die Ausscheidung von Glucose über den Harn und geht möglicherweise mit einem erhöhten Infektionsrisiko der Harnwege und Genitalien einher
- die Einstichstelle einer Insulinpumpe kann sich entzünden
Diagnose & Untersuchung
Diabetologische Diagnose & Untersuchungsmethoden
Besonders Schwangeren wird empfohlen, sich auf den sogenannten Gestationsdiabetes (Diabetes Typ 4) testen zu lassen. Betroffen sind etwa 3,7 Prozent der Schwangeren.
Symptome, die auf einen Diabetes mellitus hinweisen, sind vor allem:
Von einer krankheitswertigen Diabetes spricht der Arzt bei folgenden Blutzuckerwerten:
- über 126 mg/dl Glucose im nüchternen Zustand
- über 200 mg/dl im nicht nüchternen Zustand
Außerdem misst der Arzt die Zuckertoleranz, also die Glucose-Abbaufähigkeit nach dem Trinken einer Zuckerlösung und das HbA1c (Glykohämoglobin), welches auf den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel in den letzten sechs bis acht Wochen hindeutet.
Gegenanzeigen
- vor einer Vollnarkose sollten einige Antidiabetika, darunter der weit verbreitete Wirkstoff ASS sowie Metformin abgesetzt werden
- DPP-4-Hemmer können in Kombination mit anderen Medikamenten Infektionen begünstigen