Bezeichnung: Adrenocorticotropes Hormon
Ähnliche Tests: Cortisol
Auf einen Blick
Inhaltsverzeichnis

Was ist acth und warum wird es untersucht?
Warum wird acth (Adrenocorticotropes Hormon) untersucht?
Die Bestimmung von acth dient der Diagnostik und Differentialdiagnostik von Hypophysen- oder Nebennierenerkrankungen (z. B. Cushing-Syndrom, Morbus Addison, solide Tumore der Hypophyse und der Nebennierenrinde).
Der Test ist angezeigt zur Abklärung der Ursachen bei Vorliegen eines pathologischen (erhöhten oder reduzierten) Cortisolspiegels. Verminderte Werte findet man normalerweise bei Läsionen oder Hyperplasie der Nebennierenrinde. Erhöhte Werte weisen auf eine ektope acth-Produktion oder eine Überproduktion in der Hypophyse hin.
Table of Contents
Erkrankungen & Verdacht
Bei welchen Erkrankungen sollte acth untersucht werden?
Die acth-Bestimmung ist bei Verdacht auf hormonelle Störungen angezeigt, die von der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) oder den Nebennieren (NNR) ausgehen. Hohe Werte sind typisch bei einer primären NNR-Insuffizienz (Morbus Addison). Bei einer sekundären NNR-Insuffizienz (hypophysäre Störung) ist die Konzentration des Adrenocorticotropen Hormons dagegen vermindert.
Gewinnung & Blutentnahme
Mit welchem Probenmaterial wird die acth-Bestimmung durchgeführt und was ist dabei zu beachten?
Mit einer Kanüle wird Blut aus einer Armvene gewonnen. Das Adrenocorticotrope Hormon wird im Blut schnell abgebaut. Daher sollte die Blutentnahme in gekühlten EDTA-Röhrchen erfolgen und sofort nach Entnahme in einem Eis-Wasser-Gemisch gekühlt transportiert werden. Das EDTA-Plasma darf auf keinen Fall eingefroren werden.
Das Probenmaterial
Was wird untersucht?
Das adrenocorticotrope Hormon (acth) ist ein aus 39 Aminosäuren bestehendes Polypeptidhormon. Das Adrenocorticotrope Hormon wird in der Hypophyse produziert und stimuliert die Sekretion von Steroiden, u. a. die Ausschüttung des Hormons Cortisol in der Nebennierenrinde (NNR).
Cortisol spielt eine wichtige Rolle in der Regulation des Glukose-, Eiweiß- und Fettstoffwechsels, der Immunsuppression und der Blutdruckhomeostase. Aufgrund des physiologischen Regelkreises zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde mit negativem Feedback-Mechanismus führt ein Abfall des Cortisol-Spiegels zu einem Anstieg von acth im Blut; umgekehrt hat ein Anstieg des Cortisol-Spiegels eineN Abfall des acth-Werts zur Folge.
Der Test
Wie wird der Test eingesetzt?

Pixabay / whitesession
Die Bestimmung des acth-Spiegels und die zeitgleiche Messung des Cortisol-Wertes ist für die Differentialdiagnostik des Cushing-Syndroms und der Nebenniereninsuffizienz (Morbus Addison) erforderlich.
Da sich das Adrenocorticotrope Hormon und Cortisol normalerweise in entgegengesetzter Richtung verändern, gibt ein Ungleichgewicht zwischen diesen beiden Hormonen und die Richtung dieses Ungleichgewichtes Hinweise auf die Art der Erkrankung.
Wenn zum Beispiel der Cortisol-Spiegel hoch und acth ebenfalls erhöht ist, deutet dies auf eine Überproduktion des Adrenocorticotropen Hormons in der Hypophyse oder auf eine ektope acth-Produktion hin. Hohe acth-Werte sind auch typisch bei einer primären NNR-Insuffizienz (M. Addison) Gehen aber gleichzeitig mit verminderten Cortisol-Werten einher.
Folgende Tabelle zeigt die Muster von acth- und Cortisol-Veränderungen bei verschiedenen Erkrankungen der Nebennieren oder der Hypophyse.
Erkrankung | Cortisol | acth |
Morbus Cushing (acth-produzierender Tumor der Hypophyse) | Hoch | Hoch |
Nebennierenrindentumor | Hoch | Niedrig |
„Ektopes“ acth-Syndrom (acth wird von einem Tumor außerhalb der Hypophyse produziert, meist in der Lunge) | Hoch | Hoch |
Morbus Addison (Nebennierenrindeninsuffizienz) | Niedrig | Hoch |
Hypopituitarismus (Unterfunktion der Hypophyse) | Niedrig | Niedrig |
Wann sinnvoll?
Wann kann der Test sinnvoll sein?
Der Test ist sinnvoll Symptomen bestimmter Erkrankungen (z. B. Cushing-Syndrom oder Morbus Addison).
Das Cushing-Syndrom verursacht durch zu hohe Cortisol-Spiegel Symptome wie Fettleibigkeit unter Aussparung von Armen und Beinen (Stammfettsucht), ein rundes Gesicht (Vollmondgesicht), brüchige und dünne Haut, „Schwangerschaftsstreifen“ (Striae rubrae), Muskelschwäche, Akne und vermehrte Körperbehaarung (Hirsutismus).

Ein häufiges Symptom ist Muskelschwäche – Pixabay / NeuPaddy
Es wird häufig begleitet von erhöhtem Blutdruck, einem niedrigen Kalium-Wert im Blut, einem hohen Bicarbonat-Wert und hohen Blutzuckerwerten (bis hin zum Steroid-Diabetes).
Morbus Cushing ist eine Form des Cushing-Syndroms, die durch einen acth-produzierenden Tumor in der Hypophyse verursacht wird.
Weitere Ursachen für ein Cushing-Syndrom können Nebennierentumore sein, die Cortisol produzieren oder Tumore in anderen Organen (meist in der Lunge lokalisiert), die das Adrenocorticotrope Hormon produzieren. Die Einnahme von hohen Cortison-Dosen kann ebenfalls ein Cushing-Syndrom verursachen (iatrogener Cushing).
Morbus Addison macht sich durch Muskelschwäche, Erschöpfung, Gewichtsverlust, verstärkte Hautpigmentierung (auch an nicht der Sonne ausgesetzten Stellen) und Appetitlosigkeit bemerkbar. Häufig finden sich Niedriger Blutdruck, niedrige Blutzuckerwerte, niedrige Kalium-Werte und hohe Kalzium-Werte.
Hinweise auf einen Hypopituitarismus (Unterfunktion der Hypophyse, meist verursacht durch einen gutartigen Tumor, der die Funktion der Hypophyse beeinträchtigt) sind Appetitlosigkeit, Erschöpfungszustände, unregelmäßige Menstruationsblutungen, Hypogonadismus (niedrige Spiegel von Sexualhormonen), verminderte Libido, häufiger nächtlicher Harndrang und Gewichtsverlust.
Ein solcher Tumor kann gleichzeitig die Sehnerven blockieren sowie Sehstörungen wie den sogenannten Tunnelblick (Einengung der seitlichen Gesichtsfelder), Sehverlust in bestimmten Arealen, Doppelbilder und Kopfschmerzen verursachen.
Ergebnis & Bedeutung
Was bedeutet das Testergebnis?
acth wird in der Regel bei niedrigem Cortisol-Spiegel oder Symptomen einer Nebennieren- oder Hypophysen-Erkrankung. Die Veränderungen des Adrenocorticotropen Hormons und Cortisol müssen zusammen betrachtet werden, wie in der oben stehenden Tabelle dargestellt.
Ein erhöhter acth-Spiegel kann auf Morbus Cushing, Morbus Addison oder einen ektopen acth-produzierenden Tumor hinweisen. Ein verminderter Spiegel zeigt einen Cortisol produzierenden Nebennierentumor oder eine Hypophysen-Unterfunktion an.
Nicht interpretierbar
In einigen Fällen kann das Testergebnis nicht interpretierbar sein. Dann hilft häufig die Untersuchung von acth und/oder Cortisol nach Verabreichung bestimmter Medikamente, um die richtige Diagnose zu finden. Die am häufigsten verwendeten Medikamente dafür sind SynACTHen (Tetracosactid, eine synthetische Form des Adrenocorticotropen Hormons) und Dexamethason.
SynACTHen®
SynACTHen® besitzt eine vergleichbare biologische Wirksamkeit wie acth und stimuliert genau wie das natürliche Hormon die Produktion von Cortisol in der Nebennierenrinde. Wenn der Cortisol-Spiegel nach Gabe von SynACTHen® nicht ansteigt, deutet dies auf eine Schädigung der Nebennierenrinde wie beim Morbus Addison hin.
Der acth-Stimulationstest erlaubt keine Differenzierung zwischen primärer und sekundärer Nebennierenrindeninsuffizienz: In beiden Fällen bleibt ein deutlicher Cortisol-Anstieg aus. Erst bei mehrtägiger Stimulation zeigt sich eine wieder eintretende Cortisol-Sekretion bei sekundärer Insuffizienz.

In einigen Fällen ist das Ergebnis nicht interpretierbar
Dieser Test ist auch geeignet, latente Störungen der Steroidbiosynthese bei Verdacht auf eine heterzygote bzw. nicht–klassische Form des adrenogenitalen Syndroms zu untersuchen. Folgende Steroidhormon-Metabolite akkumulieren bei den genannten Enzymdefekten der Steroidbiosynthese und sollten bestimmt werden:
Enzymdefekte:
- 21-Hydroxylase-Mangel (CYP21-Gen) » Metabolit: 17-alpha-Hydroxyprogesteron
- 11-beta-Hydroxylase-Mangel (CYP11B1-Gen) » Metabolit: 11-beta-Desoxycortisol
- 3-beta-Hydroxysteroiddehydrogenase-Mangel » Metabolit: 17-alpha-HydroxypregnenolonBeim klassischen (homozygoten) AGS (adrenogenitales Syndrom) ist der 17-alpha-Hydroxyprogesteron-Spiegel bereits basal erhöht und weist einen unzureichenden Cortisol-Anstieg auf.
Zur Diagnostik des adrenogenitalen Syndroms ist ein acth-Stimulationstest nicht unbedingt erforderlich.
Dexamethason ist ein Steroid mit ausschließlich glucocorticoider Wirkung und langer biologischer Halbwertszeit. Nach Dexamethason kommt es im Normalfall zur Suppression der acth-Sekretion mit konsekutivem Abfall der Cortisol-Konzentration.
In hohen Konzentrationen (8 mg Dexamethason) vermindert Dexamethason in der Regel die autonome acth-Sekretion, so bei acth-produzierenden Hypophysenadenomen um mehr als 50 %, bei ektoper acth-Produktion (paraneoplastisches Syndrom) um weniger als 50 %.
Indem man untersucht, wie wirksam verschiedene Dosen von Dexamethason die Produktion vom Adrenocorticotropen Hormon hemmen, können Rückschlüsse auf das Vorliegen eines Cushing-Syndroms und dessen Ursachen (Abgrenzung „zentraler Cushing“/paraneoplastisches Syndrom) gezogen werden.
Wissenswertes
Was sollte man außerdem wissen?
- Einige Medikamente können einen Anstieg des Adrenocorticotropen Hormons verursachen, zum Beispiel Amphetamine, Insulin, Levodopa, Metoclopramid und die Abtreibungspille Mifegyne (Mifepriston; „RU 486“).
- Zu den Medikamenten, die einen Abfall von acth verursachen, gehören Dexamethason und andere Substanzen, die wie Cortisol wirken (z.B. Prednison, Hydrocortison, Prednisolon und Methylprednisolon) sowie Gestagene (z. B. Megestrolacetat).
- Die Konzentration von acth unterliegt erheblichen tageszeitlichen Schwankungen mit höchsten Spiegeln morgens gegen 8:00 Uhr und niedrigsten Spiegeln gegen Mitternacht. Diese Schwankungen erschweren es, die acth-Produktion zu bewerten, wenn der Cortisol-Spiegel normal ist oder nur leicht vom Normbereich abweicht. Bei starken Abweichungen im Cortisol-Spiegel ist dagegen keine spezielle Vorbereitung für den Test notwendig.
- Die Ausschüttung von acth kann durch Stress erhöht sein.
- acth wurde auch als Medikament zur Behandlung von Multipler Sklerose verwendet.
Hinweise & Störungen
- Stabilität und Probentransport
acth wird im Blut schnell abgebaut. Daher sollte die Blutentnahme in gekühlten EDTA-Röhrchen erfolgen und sofort nach Entnahme in einem Eis-Wasser-Gemisch gekühlt transportiert werden. Das EDTA-Plasma darf auf keinen Fall eingefroren werden. - Referenzbereich
Da die Referenzbereiche methoden- bzw. verfahrensabhängig sind, sind die numerischen Testergebnisse zwischen verschiedenen Laboratorien nicht vergleichbar. Jeder Laborwert sollte daher auf den jeweiligen spezifischen Referenzbereich bezogen werden. - Störfaktoren und Hinweise auf Besonderheiten
Hämolyse und hohe Bilirubinwerte stören bei den üblichen Testsystemen nicht, stark lipämische Proben müssen zum Beispiel mit Ultrazentrifugation geklärt werden. - Richtlinien zur Qualitätskontrolle
Der Parameter unterliegt nicht der RILIBÄK Verordnung.
Fragen & Antworten (FAQ)
Was ist der Unterschied zwischen dem Morbus Cushing und dem Cushing-Syndrom?
Andere Formen des Cushing-Syndroms führen zu denselben Symptomen, sind aber nicht durch einen Hypophysen-Tumor bedingt. Stattdessen kann die Ursache die Einnahme von hohen Cortison-Dosen (häufig zur Behandlung von Tumor- oder Autoimmunerkrankungen) sein. Weitere Ursachen sind Tumore der Nebennieren oder in anderen Organen (hauptsächlich in der Lunge), die acth produzieren (ektopes acth-Syndrom).
Was ist Morbus Addison?
Als Morbus Addison bezeichnet man eine primäre Nebennierenrinden-Insuffizienz. Sie entsteht, wenn die Nebennierenrinde zerstört wird und ein Mangel an Cortisol und anderen Nebennierenrinden-Hormonen (z. B. Aldosteron) auftritt.
Was ist die Ursache, wenn überschüssiges Adrenocorticotropes Hormon nicht aus der Hypophyse stammt?
Ektope Produktion von acth bezeichnet die Sekretion vom Adrenocorticotropen Hormon in Tumoren außerhalb der Hypophyse. Diese Tumore befinden sich meist, aber nicht immer, in der Lunge. Dadurch wird ein Cushing-Syndrom verursacht, das wiederum ein Hinweis auf einen solchen Tumor sein kann.