
Medikamentöse Abtreibung mit Abortiva (Abtreibungspille)
Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch erfolgt mittels Abortiva, also Substanzen, welche zu einer Abtreibung führen (Abtreibungspille). Zur medikamentösen Abtreibung wird fast immer der Wirkstoff Mifepriston eingesetzt, welcher unter dem Handelsnamen Mifegyne erhältlich ist.
Erfahren Sie nachfolgend, wie ein medikamentöser Abort genau abläuft, welche Arzneimittel hierbei eingesetzt werden, was Sie beachten müssen, welche Risiken es gibt und wo Sie die Abtreibungspille bekommen.
Table of Contents
Was sind Abortiva?
Inhaltsverzeichnis
Die Abtreibungspille – Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch mit Mifepriston (RU-486)
Als Abortiva werden Wirkstoffe bezeichnet, die einen Schwangerschaftsabbruch auslösen können (medikamentöser Abort). Geläufiger ist hierbei der Begriff Abtreibungspille.
Zwar gibt es viele Substanzen, die zu einem Schwangerschaftsabbruch (Interruptio) führen können, allerdings ist hierbei fast ausschließlich der Wirkstoff Mifepriston (auch RU-486 genannt) gemeint. Dies ist nämlich der einzige Wirkstoff, welcher als effektiv und sicher genug gilt. Andere abortive Substanzen wie etwa Wermut, Sadebaum oder Aloe Vera können hingegen toxische Effekte haben und zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen.
Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch erfolgt in der Regel durch eine Kombination folgender Substanzen:
- Mifepriston (Mifegyne®) – ein sogenanntes Antigestagen, welches die Wirkung des Schwangerschaftshormons Progesteron blockiert und somit zu einem Abbruch der Schwangerschaft führt.
- Sulproston, Misoprostol – Sogenannte Prostaglandin-Analoga, welche ein Zusammenziehen der Gebärmutter–Muskulatur auslösen und somit zur Ausscheidung des Embryos bzw. Fötus führen.
In der Europäischen Union ist Mifepriston für den frühzeitigen Abort bis zur 9. Schwangerschaftswoche (63. Tag) zugelassen. Besteht eine medizinische Notwendigkeit, kann es jedoch auch noch in der späteren Schwangerschaft angewandt werden.
In Deutschland finden etwa 25 % der Schwangerschaftsabbrüche medikamentös statt, in der Schweiz sind es etwa 70 Prozent. Spätabbrüche werden hingegen sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland meistens medikamentös durchgeführt.
Bei einer medikamentösen Abtreibung ist weder eine Narkose noch ein operativer Eingriff nötig. Abortiva gehen auch insgesamt mir weniger Risiken und Nebenwirkungen einher als die gynäkologischen Eingriffe. Bei allen Formen der Abtreibung kann es jedoch auch zu psychischen und emotionalen Folgen kommen.
Die Abtreibungspille ist von der sogenannten „Pille danach“ abzugrenzen. Letztere kann bis zu 3 Tagen (72 Stunden) nach dem Sexualverkehr zur Abwendung einer Schwangerschaft eingenommen werden. Da sichdas Embryo hierbei noch nicht in die Gebärmutter eingenistet hat, wird die Pille danach nicht zu den Abortiva sondern zu den hormonellen Mitteln zur Empfängnisverhütung (Verhütungsmittel) gezählt.
Vor der Abtreibung
Rechtslage, Beratungspflicht und Voruntersuchungen
Da ein Schwangerschaftsabbruch gemäß des Paragraphen 218 des deutschen Strafgesetzbuches (StGB) als gesetzwidrig gilt, müssen Frauen vor dem Abort bestimmte Voraussetzungen erfüllen, sodass die Abtreibung straffrei bleibt (§ 218 a Abs. 1, § 219 StGB).
Wie kann ich abtreiben?
Damit ein Abort straffrei stattfinden darf, müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
- Einwilligung der schwangeren Frau: Ein Schwangerschaftsabbruch darf nur stattfinden, wenn die Frau dies selbst verlangt und einwilligt. Andere Personen wie etwa der Zeuger dürfen dies nicht entscheiden.
- Teilnahme an einer Schwangerschaftskonfliktberatung: Vor der Abtreibung müssen Frauen außerdem an einer sogenannten Schwangerschaftskonfliktberatung teilnehmen. Hierbei werden sie vor allem hinsichtlich emotionaler und seelischer Aspekte beraten und über medizinischen sowie rechtlichen Grundlagen informiert. Außerdem wird Ihnen erläutert, welche Hilfen Ihnen zustehen, wenn Sie sich doch für das Kind entscheiden sollten (z. B. Sozialleistungen wie Kinder- und Elterngeld).
- 3 Tage Bedenkfrist: Nach dem Beratungsgespräch muss eine Bedenkfrist von mindestens 3 Tagen eingehalten werden. Der Abort darf also frühstens drei Tage nach der Schwangerschaftskonfliktberatung stattfinden (also am vierten Tag).
- Abbruchsfrist: Ein Schwangerschaftsabbruch ist in der Regel nur innerhalb einer bestimmten Zeitfrist erlaubt. Der Abort darf bis zur zwölften Woche nach der Befruchtung bzw. der vierzehnten Woche nach der letzten Regelblutung durchgeführt werden, der medikamentöse Schwangerschaftsabbruchist in der Regel bis zur 9. Woche erlaubt. Besteht jedoch eine Gefahr für die Gesundheit der schwangeren Frau, ist eine Abtreibung während der gesamten Schwangerschaft straffrei.
- Ausführung des Aborts: Ein Abort darf nur von einem Arzt bzw. einer Ärztin durchgeführt werden. Die Abtreibung darf nicht vom selben Arzt bzw. der selben Ärztin vorgenommen werden, der/die das Beratungsgespräch durchgeführt hat.
Ablauf des Aborts
Wie ist der Ablauf einer medikamentösen Abtreibung?
Der Ablauf eines medikamentösen Aborts ist wie folgt:
- Bevor der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch stattfinden kann, müssen alle Voraussetzungen erfüllt sein und die Dauer der Schwangerschaft mittels Ultraschalluntersuchung und/oder anderer Tests festgestellt werden.
- Außerdem muss abgeklärt werden, ob ein medikamentöser Abbruch aus medizinischer Sicht durchgeführt werden darf. In bestimmten Fällen dürfen Frauen nämlich keine Abortiva erhalten (siehe Kontraindikationen bzw. Gegenanzeigen).
- Anschließend muss die Frau ein schriftliches Einverständnis für eine operative Abtreibung abgeben, welche durchgeführt wird, insofern der medikamentöse Abort nicht erfolgreich ist.
- Daraufhin erhält die schwangere Frau den Wirkstoff Mifepriston (Mifegyne®). Die Einnahme der Abtreibungspille muss unter der Aufsicht des Arztes erfolgen.
- Nun darf die Betroffene die Praxis verlassen. Es kann bereits am ersten Tag nach der Einnahme von Mifepriston zu Blutungen kommen. Die Nachblutungen können bis zu 12 Tage nach der Abtreibung andauern.
- 36 bis 48 Stunden nach der Einnahme der Abortiva müssen Betroffene ein zusätzlichen Wirkstoff, sogenannte Prostaglandine, einnehmen. Diese können oral also als Pille oder vaginal also als Tablette oder Zäpfchen verabreicht werden. Prostaglandine wie Misoprostol oder Gemeprost führen zu einer Kontraktion, also zu einem Zusammenziehen, der Gebärmutter, sodass das Schwangerschaftsgewebe ausgeschieden werden kann.
- Kommt es innerhalb von 3 Stunden nach Einnahme der Prostaglandine nicht zu Blutungen, muss die Einnahme wiederholt werden. Bei einer von vier Frauen dauert es jedoch bis zu 24 Stunden, bis es zu der Blutung kommt.
- 7 bis 14 Tage später, findet eine Nachuntersuchung statt. Hierbei wird untersucht, ob der Schwangerschaftsabbruch erfolgreich war und keine Komplikationen aufgetreten sind.
Funktion & Wirkung
Wie funktioniert die Abtreibungspille?
Die Abtreibungspille (Mifegyne) erhält den Wirkstoff Mifepriston. Dieser Wirkstoff ist ein sogenannter Glukokortikoid- und Progesteron-Antagonist (auch Antigestagen genannt).
- Progesteron ist der wichtigste Vertreter der Gelbkörperhormone (Gestagene) und essenziell für eine Schwangerschaft.
- Mifepriston ist ein Antagonist von Progesteron: es bindet also an die Rezeptoren, an denen eigentlich Progesteron andockt. Mifepriston besitzt selbst keine Wirkung. Da es jedoch die Rezeptoren blockiert, können die Gestagene nicht mehr dort andocken und entsprechend auch nicht mehr ihre Wirkung entfalten.
- Mifepriston führt somit innerhalb von 48 Stunden (2 Tagen) nach der Einnahme zu einem Öffnen des Muttermunds und zu einer Ablösung von der Gebärmutterschleimhaut.
- Bei einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch erhalten die Betroffenen außerdem 36 bis 48 Stunden nach der Einnahme des Mifepristons noch ein sogenanntes Prostaglandin:
- Zu den bei einem Schwangerschaftsabbruch häufig verwendeten Prostaglandine zählen z. B. Misoprostol und Gemeprost.
- Prostaglandine lösen sozusagen Wehen aus und führend zu einer Kontraktion (einem Zusammenziehen) der Gebärmutter, sodass das Schwangerschaftsgewebe ausgestoßen werden kann.
Risiken & Nebenwirkungen
Was sind die Risiken und Nebenwirkungen von einem medikamentösen Abort?
Potentielle Risiken eines medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs sind:
- Unvollständige bzw. erfolglose Abtreibung: in etwa 2 bis 4 Prozent der Fälle ist ein medikamentöser Abbruch nicht erfolgreich. In diesem Fall muss der Abort chirurgisch erfolgen.
- Starke Blutungen: Ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch geht stets mit Nachblutungen einher. Es kann jedoch auch zu starken und langanhaltenden Blutungen kommen, welche medizinisch abgeklärt und ggf. behandelt werden müssen.
- Beschwerden des Magen–Darm-Trakts und/oder Uterus (z. B. Krämpfe)
- Übelkeit und Erbrechen
- Psychische Folgen
Wechselwirkungen (Interaktionen)
Wechselwirkungen zwischen Abortiva und anderen Medikamenten
Wird die Abtreibungspille Mifepriston zusammen mit anderen Arzneimitteln eingenommen, können diese miteinander interagieren und zu Wechselwirkungen führen.
Die Abtreibungspille wird – wie auch viele andere Medikamente – über ein bestimmtes Enzym (CYP3A4) verstoffwechselt. Aus diesem Grund kann es mit zahlreichen Medikamenten wechselwirken.
Unter anderem können folgende Wirkstoffe die Verstoffwechslung von Mifepriston hemmen, sodass die Konzentration der Abtreibungspille im Blutserum erhöht wird:
- Erythromycin
- Grapefruitsaft
- Itraconazol
- Ketoconazol
Darüber hinaus können z. B. folgende Wirkstoffe zu einem beschleunigten Abbau von Mifepriston führen; hierbei kann die Konzentration der Abtreibungspille also zu gering sein:
- Rifampicin
- Dexamethason
- Johanniskraut
- Bestimmte Antikonvulsiva bzw. Antiepileptika (Phenytoin, Carbamazepin, Phenobarbital)
Es sind jedoch auch weitere Wechselwirkungen möglich, vor allem bei Substanzen, welche CYP3A4-Substrate sind.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Wann darf ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch nicht durchgeführt werden?
Unabhängig davon darf in bestimmten Fällen keine medikamentöse Abtreibung stattfinden, da dies die Gesundheit der schwangeren Frau beeinträchtigen könnte. Im Falle einer Kontraindikation (Gegenanzeige) kann der Schwangerschaftsabbruch also nur chirurgisch durchgeführt werden.
Zu den Gegenanzeigen der Abtreibungspille zählen:
- Schwangerschaft konnte nicht mittels Ultraschall oder anderen Untersuchungen bestätigt werden
- Vermutung einer extrauterinen Schwangerschaft (z. B. Eileiterschwangerschaft)
- Chronische Niereninsuffizienz (Nierenversagen)
- Schweres, medizinisch nicht kontrolliertes Asthma
- angeborene Porphyrie (Stoffwechselerkrankung)
- Überempfindlichkeit gegenüber des Wirkstoffs oder eines anderen Inhaltsstoffs
Die Abtreibungspille ist außerdem während der Stillzeit kontraindiziert. Da Mifepriston in die Muttermilch übergehen kann, sollten betroffene Frauen das Stillen daher für drei Tage nach der Einnahme der Abtreibungspille aussetzen.
FAQ – Häufige Fragen & Antworten
Nachfolgend finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Abtreibungspille.
Mifepriston bekommen?
Wo bekomme ich die Abtreibungspille?
Die Abtreibungspille ist weder ohne noch mit Rezept in der Apotheke erhältlich. Der Verkauf von Mifepriston darf ausschließlich an Krankenhäuser und Arztpraxen erfolgen, welche dazu berechtigt sind, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen (Sondervertriebsweg nach §47a AMG).
Damit Sie die Abtreibungspille erhalten, müssen zunächst alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt werden. Anschließend können Sie Mifepriston direkt von Ihrem Gynäkologen bzw. Ihrer Gynäkologin erhalten. Sie müssen das Medikament unter Aufsicht Ihres Arztes bzw. Ihrer Ärztin einnehmen.
Bis wann abtreiben?
Bis wann ist es erlaubt abzutreiben?
In den meisten Fällen ist ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche bzw. dem dritten Monat nach der Befruchtung zulässig. Dies entspricht der 14 Woche nach der letzten Regelblutung.
Ein medikamentöser Abbruch ist jedoch nur bis zur 9. Woche bzw. bis zum 63. Tag nach Ausbleiben der Periode zulässig.
Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Schwangerschaft ein gesundheitliches Risiko für die Schwangere Frau darstellt, welches sich nur durch einen Abort abwenden lässt (medizinische Indikation). In diesem Fall ist eine Abtreibung während der gesamten Schwangerschaft erlaubt.
Pflanzliche Abortiva?
Gibt es natürliche Abtreibungsmittel?
Es gibt verschiedene pflanzliche und natürliche Mittel, die ab bestimmten Dosierungen zu einem Schwangerschaftsabbruch führen können und teilweise bereits in der Antike zur Abtreibung verwendet wurden. Hierbei handelt es sich jedoch im Pflanzen, welche äußerst gefährlich wenn nicht gar tödlich für die schwangere Frau sein können:
- Aloe (Aloe vera)
- Angelika (Angelica archangelica)
- Arnika (Berg-Wohlverleih)
- Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi)
- Beifuß (Artemisia vulgaris)
- Echtes Johanniskraut
- Eibennadelsud
- Frauenminze
- Gartenkresse (Lepidium sativum)
- Gefranste Raute (Ruta chalepensis)
- Liebstöckel (Levisticum officinale)
- Muskatnuss (Myristica fragrans)
- Mutterkraut
- Petersilie (Petroselinum crispum)
- Polei-Minze
- Raute (insbesondere Ruta graveolens)
- Sadebaum (Juniperus sabina)
- Safran (Crocus sativus)
- Trauben-Silberkerze (Actaea racemosa)
- Wermut (Artemisia absinthium)
- Zimt (Cinnamomum ceylanicum)
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