Ein Blutbild ist sehr aussagekräftig
Es gibt kaum eine Erkrankung, bei der ein sogenanntes Blutbild keine Aufschlüsse zulässt.
Um sich ein „Bild“ vom Blut machen zu können, ist es unumgänglich, dessen Bestandteile (Anatomie) und dessen Funktion (Physiologie) auch im Kleinsten zu kennen.
Darüber hinaus ist ein umfangreiches Wissen über pathologische (krankhafte, abnormale) Veränderungen des Blutes bedeutsam.
In diesem Ratgeber informieren wir Sie umfassend zum Thema Blutbild.
Table of Contents
Was genau ist ein Blutbild?
Inhaltsverzeichnis
Mediziner Sprechen dann von einem kleinen oder einem großen Blutbild, wenn sie genaue Parameter oder Werte über dessen Zusammensetzung und Beschaffenheit benötigen. Das Wort Blut wird in der medizinischen Fachsprache als als häm oder haima bezeichnet. Im übertragenen Sinn kann ein Blutbild daher auch Hämatogramm bedeuten.
Für ein Blutbild gelten spezielles Standards. Das heißt, dass die enthaltenen Daten einer Vereinheitlichung unterliegen. Diese Tatsache trifft ebenfalls auf die verwendeten Einheiten Mikrogramm, Milliliter oder Mikroliter zu. Die Grundlage für ein Hämatogramm, das im Rahmen labortechnischer Untersuchungen angefertigt wird, ist die Entnahme vor Vollblut oder Kapillarblut.
Für ein Blutbild genügen in der Regel geringe Mengen, die in einem oder mehreren Reagenzgläsern oder in Kapillarpipetten aufgefangen werden. Je nachdem, um welche angeforderten Informationen es sich handelt, nicht geronnenes oder nicht gerinnungsfähiges Blut eingesetzt werden. In der Praxis ist meist nicht gerinnungsfähiges oder nicht koaguliertes Blut vorrangig.
Um eine solche Probe zu erhalten, wird dem abgenommenen Blut eine Chemikalie zugesetzt, die ein Verklumpen oder Zusammenballen der Blutbestandteile verhindert (EDTA-Blut). Ethylendiamintetra-Essigsäure bindet das für die Gerinnung notwendige Kalzium, sodass kein Gerinnungsvorgang ablaufen kann. Für ein großes oder kleines Blutbild genügt jedoch meist Kapillarblut.
Ursprung & Entwicklung
Im Zusammenhang mit den vielfältigen Analysen, die mit Blut realisiert werden können, stellt die Blutchemie eine Routineuntersuchung dar. Der Grundstein für das heutige Blutbild wurde von Hippokrates im Zusammenhang mit der Viersaftlehre um 300 vor Christus mit Aderlassblut gelegt.
Äußerliche Begutachtungen des Blutes wurden im 16. Jahrhundert in Form der Hämatoskopie oder der Hämoskopie (Blutschau) zur Krankheitserkennung oder Diagnostik genutzt.
1852 wurden die roten Blutkörperchen oder Erythrozyten erstmals in ihrer Anzahl bestimmt.Robert Koch führte 1877 die Deckglasausstrichmethode zur Untersuchung der Morphologie oder der Zusammensetzung des Blutes ein. Seit den 60er Jahren übernahmen leistungsfähige Blutzählgeräte die quantitative Ermittlung der roten und der weißen Blutzellen (Leukozyten) und der Thrombozyten (Blutplättchen).
Auch für die Messung des Hämoglobins (roter Blutfarbstoff) wurden Automaten aufgestellt. in den 80er Jahren übernahmen Geräte sogar das Differenzieren der weißen Blutkörperchen nach den jeweiligen Reifungsstufen und Leukozytenarten (Lymphozyten, Monozyten und Granulozyten).
Funktion, Wirkung & Ziele
Die Aufgabe des Blutbildes besteht darin, dem behandelnden Arzt, dem Patienten und dem Untersucher eine Auskunft über pathologische (krankhafte) Veränderungen des Blutes mitzuteilen.
Darüber hinaus sind Erkenntnisse über die Blutbildung und andere krankmachende Vorgänge im Organismus möglich. Diese müssen nicht unbedingt im Blutsystem bestehen. Krankheiten der Leber, der Milz, des Immunsystems, der Nieren oder des Knochenmarks können auf diese Weise ebenfalls entdeckt werden.
Im Mittelpunkt stehen beim kleinen Blutbild Angaben wie:
- Anzahl der roten Blutzellen
- Anzahl der weißen Blutzellen
- Die Anzahl der Blutplättchen
- Konzentration des Hämoglobins
- Angabe des Hämatokrits (prozentuale Blutzellanteil im Blut)
- mch oder Menge des Hämoglobins in den roten Blutkörperchen
- mchc oder durchschnittliche Menge an Hämoglobin in einer roten Blutzelle
- mcv oder durchschnittliches Volumen eines roten Blutkörperchens
Das große Blutbild umfasst das kleine Blutbild plus eine mikroskopische Unterscheidung verschiedener Leukozytenarten.
Des Weiteren kommt es beim großen Blutbild auf Informationen über:
- Stabkernige Granulozyten
- Segmentkernige Granulozyten
- Basophile Granulozyten
- Eosinophile Granulozyten
- Monozyten
- Lymphozyten
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Granulo- bis Leukozyten
Granulozyten sind vermehrt, wenn eine allergische Reaktion stattfindet, eine akute Herzerkrankung, eine Blutvergiftung (Sepsis), eine parasitäre Erkrankung (Wurmerkrankung) oder eine Lungenentzündung (Pneumonie) vor sich geht.
Lymphozyten oder Wächterzellen sind dann vermehrt, wenn sich eine Leukämie, eine Erkrankung wie Morbus Hodgkin oder Colitis Ulcerosa oder eine Autoimmunerkrankung manifestiert hat.
Monozyten sind vermehrt, wenn eine Bakterien– oder Pilzinfektion sowie bestimmte Erkrankungen des blutbildenden System vorliegen.
Tauchen im großen Blutbild Reifungsstufen von Leukozyten auf, die im gesunden Zustand nur im Knochenmark zu finden sind, deutet das auf eine ernste Störung der Leukozytenbildung hin.
Das kleine Blutbild kann eine schnelle und kostengünstige Informationsquelle sein, wenn es um die quantitative und die qualitative Beurteilung der festen Anteile des Blutes geht. Dazu gehören die Blutzellen und das Hämoglobin.
Beim großen Blutbild besteht die Voraussetzung, die Verfassung des Abwehrsystems einschätzen zu können. Viele medizinische Laien verwechseln das große Blutbild mit einem Serumstatus. Dieser involviert zahlreiche krankheitsrelevante Parameter wie Bilirubin, Cholesterin, Kreatinin, Harnstoff-Stickstoff und weitere Daten.
Therapeutische Bedeutung
Sowohl das kleine als auch das große Blutbild unterstützen eine Diagnostik und eine Verlaufskontrolle während einer aktuell ablaufenden Therapie oder nach einer gewissen Zeitdauer. So können die Ärzte prüfen, wie sich die therapeutischen Mittel auf eine Krankheit auswirken.
Unter diesen Umständen können beispielsweise unwirksame Medikamente wieder abgesetzt werden. Eine unnötige Belastung des Organismus wird somit vermieden. Auch das Anschlagen einer Behandlung kann anhand eines Blutbildes wahrgenommen werden.
Ist ein operativer Eingriff geplant, gehört das Blutbild zu einer grundlegenden Untersuchung. Regelmäßige Blutbilder sind nur bei einigen Erkrankungen gerechtfertigt. Je nachdem, welche Schlüsse sich der Arzt aus dem Blutbild erhofft, trifft er die Entscheidung, ob es ein kleines oder ein großes Blutbild sein soll.
Durchführung & Wirkungsweise
Die Durchführung eines Blutbildes obliegt den Krankenschwestern (Abnahme des Blutes aus der Armvene) und den Mitarbeitern des hämatologischen Labors. Alternativ zum Venenblut wird Blut aus der Fingerbeere oder aus dem Ohrläppchen abgenommen. Das ist sogenanntes Kapillarblut.
Dazu verwenden die Fachleute sogenannte Lanzetten zum Zufügen einer winzigen Wunde und geeignete Spezialpipetten. Für jeden Parameter wird eine andere an einen Saugschlauch angesteckt. Alle Normal- und Grenzwerte sind auf dieses Blut abgestimmt.
Für die Zählung der Blutkörperchen wird das Blut gemeinsam mit geeigneten Lösungen in den Pipetten aufgezogen. Diese Substanzen werden gemischt und in eine Zählkammer eingefüllt.
Dann können die roten und die weißen Blutzellen sowie die Thrombozyten unter dem Mikroskop von einer Laborassistentin gezählt werden. Eine andere Möglichkeit ist das Zellzählen über einen Automaten.
Der Hämoglobingehalt wird nach dem herbeiführen des Auflösens der Erythrozyten vorgenommen. Durch das Aufplatzen der Zellen tritt das Hämoglobin aus.
Die Konzentration beziehungsweise die Farbintensität der Lösung wird photometrisch oder colorimetrisch gemessen.
Aus dem Hämoglobingehalt, dem Hämatokrit und der Anzahl der Erythrozyten lassen sich mch, mchc und mcv errechnen.
Das Differentialblutbild zur Identifizierung der Leukozyten wird mit einem sogenannten Ausstrich eines Tropfen Blutes auf einem Objektträger erstellt. Nach einer geeigneten Färbemethode werden die Leukozyten unter dem Mikroskop visuell nach bestimmten anatomischen Merkmalen unterschieden und klassifiziert. Diese Vorgehensweise übernehmen je nach Laborausstattung oftmals moderne Geräte oder die Laborassistenten.
Blutbild hilft gegen
Das Blutbild ist zweckmäßig bei folgenden Erkrankungen:
↓ erniedrigt – ↑ erhöht
zu wenige oder zu viele rote Blutkörperchen
- Anämie oder Blutarmut ↓
- Überwässerung ↓
- keine Neubildung durch Knochenmarkserkrankungen (Polycythaemia vera) ↑
- Austrocknung oder Dehydratation ↑
zu wenige oder zu viele weiße Blutkörperchen
- Autoimmunerkrankungen (körpereigene Zellen werden angegriffen) ↓
- Knochenmarkserkrankungen ↓
- Knochenkrebs ↓
- Infektionen durch Viren ↓
- Leukämie (Blutkrebs)↑
- Rauchen und Stress ↑
- Schwangerschaft
- entzündliche Vorgänge ↑
- Medikamente wie Kortison ↑
- Allergien (Überempfindlichkeitsreaktionen des Organismus)↑
zu viele oder zu wenige Blutplättchen
- ungenügende Bildung von Thrombozyten oder Thrombozytopenie ↓
- Nierenerkrankung wie das Hämolytisch-urämische Syndrom ↓
- Störungen der Blutbildung oder Myelodysplastisches Syndrom ↓
- Aplastische Anämie als besondere Ausprägung der Blutarmut ↓
- Knochenmarkserkrankung (Polycythaemia vera) ↑
- Verletzungen und Wunden ↑
zu wenig oder zu viel Hämoglobin
- Blutarmut ↓
- Schwangerschaft ↓
- Überwässerung ↓
- übermäßige Erythrozytenbildung oder Polyglobulie ↑
- schwere Erkrankungen der Lungen, der Nieren und des Herzens ↑
- langes Verweilen in großen Höhen ↑
erniedrigter oder erhöhter Hämatokritwert
- Blutverlust ↓
- Überwässerung ↓
- Anämie ↓
- übermäßige Neubildung von Erythrozyten ↑
- schwere Erkrankungen der Lunge, der Nieren oder des Herzens ↑
erniedrigter oder erhöhter mcv
- Mangel an Eisen und Vitamin B6 ↓
- Alkoholsucht ↓
- chronische oder anhaltende Erkrankungen der Leber ↑
erniedrigter oder erhöhter mch
- Mangel an Eisen, Kupfer oder Vitamin b6 ↓
- Unterversorgung an Folsäure und Vitamin B12 ↓
erniedrigter oder erhöhter mchc
Diese Liste zeigt nur eine begrenzte Auswahl an Krankheitsbildern an, die mit einem Blutbild diagnostiziert und teilweise behandelt werden können. Aus diesem Grund sind Blutbilder unverzichtbare Hilfestellungen für Ärzte und Patienten. Dieser Gesichtspunkt ist auch für routinemäßige Blutbilder beispielsweise im Rahmen eines Eignungstests verbindlich.
Diagnose & Untersuchung
Diagnose & Untersuchungsmethoden mit dem Blutbild
Bei der Auswertung eines kleinen und/großen Blutbildes muss eine Unterscheidung der Normal- und Grenzwerte nach Frauen und Männern gewährleistet werden. Für Kinder und Säuglinge gelten wiederum andere Normbereiche.
Ein kleines Blutbild ist interessant, falls:
- eine Gesundheitsvorsorge anberaumt ist
- sich eine Schwangerschaft betätigt hat
- die Produktion der Blutzellen oder die Blutgerinnung gestört sein könnte
- Infekte oder Tumoren vermutet werden
Ein großes Blutbild ist dann indiziert der begründet, wenn:
- ein Verdacht auf eine Leukozytose (übermäßige Vermehrung der weißen Blutzellen) besteht
- eine Leukopenie (zu wenige Leukozyten) vermutet wird
- Vergiftungen, Infektionen oder Tumorerkrankungen vorliegen könnten
Wichtig sind in diesem Zusammenhang neben den Differential- die sogenannten Verdachtsdiagnosen.
Risiken & Nebenwirkungen
- Übelkeit, Kreislaufschwäche und Schwindel
- Hämatom oder Bluterguss an den Einstichstellen
- Entzündungen an den Einstichstellen der Kanülen oder Lanzetten
- Herzrasen
- hoher Blutdruck (Hypertonie)
Die meisten Komplikationen bei einem Blutbildes entstehen bei der Blutentnahme. Sie sind meist psychisch bedingt und werden durch Ängste oder eine Phobie gegen Blut ausgelöst.
Gegenanzeigen und Wechselwirkungen beim Blutbild
- keine bekannt
Blutbild wir durchgeführt von
- Krankenpflegern und Krankenschwestern sowie Ärzten für die venöse Blutentnahme
- Laborassistenten für die Kapillarblutentnahme
Die Gewinnung von venösem Blut (aus der Vene) ist mit speziellen Kenntnissen und Risiken verbunden, sodass lediglich examiniertes Fachpersonal sowie Fachärzte und Hausärzte damit betraut werden können. Die Entnahme kann ambulant der stationär vorgenommen werden.
Unser Fazit zum Blutbild
Das Blutbild ist eine relativ rasche und aussagefähige Methode, um Krankheiten so früh wie möglich erkennen zu können. Ein Blutbild unterstützt eine Verlaufskontrolle und ist mit einer geringen Belastung für die Patienten und die gesunden Menschen verbunden.
Anhand eines Blutbildes lassen sich zudem bislang versteckt gebliebene Krankheiten aufdecken. Aus diesem Grund ist ein Blutbild eine erprobte und bewährte Vorgehensweise in der Medizin.