Was wäre die Medizin ohne Narkose…?!
Die Narkose oder Allgemeinanästhesie ist ein zentrales Hilfsmittel in der Medizin, um Eingriffe am menschlichen Körper zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken vornehmen zu können. Aber auch bei verschiedenen Maßnahmen, die nicht medizinisch begründet sind, ist die Narkose unentbehrlich. Das ist zum Beispiel bei Schönheitsoperationen der Fall.
Begriffsklärung Narkose
Hinter dem Wort Narkose verbirgt sich ein wieder rückgängig zu machender Zustand, der den Patienten in eine körperliche „Starre“ versetzt. Während der Narkose spielen sich mehrere körperliche und psychische Vorgänge ab, die hauptsächlich durch die Verabreichung von natürlichen oder synthetischen Arzneimitteln ausgelöst werden.
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Was ist eine Narkose?
Inhaltsverzeichnis
Liegt ein Patient in Narkose, dann ist er vorübergehend ohne Bewusstsein und ohne Schmerzwahrnehmung. Einzelne lebensnotwendige Körperfunktionen können ebenfalls ausgeschaltet sein. Eine Narkose schafft sowohl für den Patienten als auch für den Operateur die besten Voraussetzungen, um einen Eingriff erfolgreich zu absolvieren.
Daher wurden im Laufe der Zeit unterschiedliche Narkoseverfahren entwickelt, die genau auf den individuellen Zustand des Patienten und die jeweiligen chirurgische Methode abgestimmt sind.
In der Praxis haben sich weitgehend durchgesetzt:
→ Allgemeinanästhesie (meist eine Kombination aus Wirkstoffen, die ihre Wirkung im zentralen Nervensystem beziehungsweise im Gehirn und im Rückenmark entfalten und Substanzen, die eine tiefe Entspannung der Skelettmuskulatur bedingen)
→ Lokal- oder Regionalanästhesie (einzelne Nervenfasern in den Bereichen, wo der Eingriff unmittelbar stattfindet, sodass keine Schmerzen empfunden werden können)
Ursprung & Entwicklung
Eine Art Narkose wurde schon im Zeitalter der Antike vorgenommen. Mit dem Werkzeug der Narkose ließ sich eine Empfindungslosigkeit erzeugen, die gewisse Tätigkeiten am und im menschlichen Organismus erlaubte. Diese Anästhesie beruhte beispielsweise auf elektrischen Impulsen, die von Tieren wie dem Zitteraal oder dem Stachelrochen ausgingen.
Nach passenden Mitteln für eine Anästhesie wurde seit vielen Jahrhunderten gesucht, um vor allen Dingen körperliche Schmerzen besser aushalten zu können. Das erste wirksame pflanzliche Narkosemittel wurde 1540 von Paracelsus entdeckt. Im Jahr 1890 wurde bereits mit narkotisierenden Gasen experimentiert. Kurz darauf, im Jahr 1904 erfolgte der erste chirurgische Eingriff am geöffneten Brustkorb mit künstlicher Sauerstoffzufuhr durch die Überdruckbeatmung.
Ab dem Jahr 1950 wurden zahlreiche neue, besser einschätzbare und lang wirkende Anästhetika hergestellt. Danach folgten Stoffe wie Alfentanil, Sufentanil und Pancuronicum. Rasant voran ging es in den 70er und 80er Jahren mit der Anästhesie in der intensivmedizinischen Versorgung und im Zusammenhang mit Organtransplantationen. Auch die Narkose für minimal invasive chirurgische Behandlungen wurde optimiert.
Funktion, Wirkung & Ziele
In der Praxis haben sich unterschiedliche Arten der Anästhesie etabliert. Diese fundamentieren auf verschiedenen Vorgehensweisen und Narkosemitteln. Sie sind darüber hinaus durch variierende Wirkungen, Risiken und Nebenwirkungen charakterisiert.
Die wichtigsten Methoden sind:
- Inhalationsnarkose oder Inhalationsanästhesie durch das Einatmen eines speziell zusammengesetzten Narkosegases, sodass das Narkosemittel über die Lunge aufgenommen werden kann
- TIA oder Total intravenöse Anästhesie durch das Einspritzen des Anästhetikums in die Vene, sodass dieses über den Blutkreislauf in Das Zentrale Nervensystem gelangt
- Balancierte Narkose oder Balancierte Anästhesie als eine Kombination aus Total intravenöser Narkose und Inhalationsnarkose mit stark reduzierten Nach- und Nebenwirkungen
- Analogsedierung oder Dämmerschlaf bei Mund-, Kiefer– und Gesichtsoperationen
Die zuletzt genannte Variante wird am häufigsten angewendet. Zur Einleitung des Tiefschlafes wird das Medikament in die Vene appliziert oder abgegeben. Unter der Operation selbst wird das Anästhesiegas verabreicht. Daraus resultieren deutlich weniger Schmerzmittel.
Bei einer Vollnarkose oder kompletten Anästhesie leiden die Patienten nach dem Aufwachen oftmals unter Erinnerungslücken. Diese Erscheinung wird als Amnesie bezeichnet. Im Gegensatz zu einer Vollnarkose wird das Bewusstsein des Patienten bei der örtlichen Betäubung oder Lokalanästhesie nicht beeinträchtigt.
Die Lokalanästhesie kann ebenfalls über verschiedene Wege erreicht werden:
- Injektionen oder Einspritzungen in das Rückenmark
- direkt an die Behandlungsstelle beispielsweise an den Finger oder an den Rand einer Wunde durch Einspritzen oder
- über die Haut durch Aufbringen von Pflastern, Salben oder Sprays
Die Wahl der Narkoseform wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Der Arzt wägte dabei ab, welcher Eingriff bevorsteht, wie viel Zeit dieser in Anspruch nimmt und welcher Umfang dabei berücksichtigt werden muss.
Der individuelle Zustand des Patienten und die vom Patienten gewünschte Vorgehensweise spielen gleichfalls eine Rolle. Leidet der Patient und Begleit- oder Vorerkrankungen, dann müssen diese bei der Entscheidungsfindung der Narkoseart zusätzlich beachtet werden.
Ablauf & Wirkungsweise
Ist die Anästhesieform bekannt, klärt der Narkosearzt oder der Operateur den Patienten über die Ausführung, die Risiken und die Nachwirkungen auf. In vielen Fällen können die Vorstellungen der Patienten nach einer bestimmten Anästhesie erfüllt werden. Letztendlich trägt jedoch der Facharzt die Verantwortung und damit die Entscheidungsfindung.
Bei einer Inhalationsnarkose werden die Inhalationsanästhetika oder die Narkosegase über eine Gesichtsmaske eingeatmet. Ist der Patient eingeschlafen, wird ein Beatmungsschlauch oder Tubus verwendet oder weiterhin über die Kehlkopf– oder Gesichtsmaske geatmet. Der Patient muss während der Anästhesie ununterbrochen überwacht werden.
Im Mittelpunkt stehen dabei Parameter wie:
- Atmung
- Herzfrequenz und Puls
- Blutdruck
- allgemeine körperliche Reaktionen
Die Narkose ist eine Art Tiefschlaf. Beim Dämmerschlaf handelt es sich demgegenüber um eine sogenannte Sedierung oder Beruhigung mit gleichzeitiger Schmerzausschaltung. Der Patient schwebt dabei zwischen Schlafen und Wachsein. Im Vordergrund einer Narkose steht immer die Schmerzhemmung und die vollkommene Entspannung der Muskulatur.
Zielstellungen bei der Narkose sind ein angenehmes, möglichst schmerzfreies Aufwachen und die Realisierung von körperlichen Eingriffen, die mit Schmerzen verbunden sind. Des Weiteren garantiert eine Narkose, dass die Patienten bewegungslos sind, was das operative Vorgehen extrem erleichtert, die Sicherheit einer chirurgischen Maßnahme unterstützt und eine hohe Qualität der Durchführung garantiert.
Eine Narkose kommt ebenso begleitend für eine Elektrokrampftherapie bei schweren Depressionen zum Einsatz. Unter einer Anästhesie können Atmung, Schmerzen, Stresszustände und Sauerstoffverbrauch in der Notfall- und in der Intensivmedizin verringert werden.
Stadien der Narkose
Eine Vollnarkose läuft in mehreren Stadien ab:
- Ausschaltung oder Trübung des Bewusstseins durch Tief- oder Dämmerschlaf durch die Unterbrechung der Reizleitung in den Neuronen des Gehirns. Neuronen sind Nervenzellen. Der Patient ist während dieses Stadiums bewusstlos.
- Hemmung des Schmerzempfindens durch das gezielte Einwirken auf die Schmerzsteuerung im Gehirn
- Relaxieren der Muskulatur, damit der Patient sich bewegen lässt oder keine Eigenbewegungen auftreten
Zum letzten Punkt soll angemerkt werden, dass nicht nur die Muskeln der Extremitäten erschlaffen, sondern auch die der Lunge. Deshalb muss eine Vollnarkose durch eine künstliche Beatmung erweitert werden, weil der Patient durch das Ausschalten der Atemmuskeln nicht selbstständig oder nur teilweise spontan atmen kann.
Diagnose & Untersuchung
Bevor eine Narkose anberaumt werden kann, müssen verschieden Fragen abgeklärt werden.
Diese beinhalten gesundheitliche Aspekte wie:
- Die Einnahme von Blutverdünnern und Medikamenten gegen Asthma
- Erhöhte Temperatur oder Fieber
- Chronische Bronchitis
- Asthma
- Angina Pectoris oder Herzkrämpfe
- Neigung zu Atemnot und zu schwankend hohem Blutdruck (Hypertonie)
- Unregelmäßigkeiten des Pulses
- Thromben oder Blutgerinnsel im Gehirn oder im Herzen
- Tendenz zu Entzündungen der Venen
- Allergien gegen Arznei- und Desinfektionsmittel
- Angst vor der Anästhesie
- Übergewicht
Je genauer und vollständiger diese Fragen beantwortet werden, desto geringer sind Risiken oder Komplikationen einer Anästhesie. Dieser Gesichtspunkt muss vor allen Dingen bei einer Vollnarkose Beachtung finden. In der Regel wird die Operation bei Vorliegen einer dieser Problemstellungen verschoben. Bei Krankheiten wird abgewartet, bis diese ausgeheilt sind.
Zu welchem Arzt?
Zum Fachpersonal für Narkosen gehören:
- verschiedene Fachärzte (meist Lokalanästhesie)
- Anästhesisten beziehungsweise Fachärzte für Anästhesie (Vollnarkose und Lokalanästhesie)
- Anästhesieschwestern und -pfleger beziehungsweise Anästhesietechnische Assistenten
- Chirurgen
Um Aufgaben zu übernehmen, die im Bereich Anästhesie angesiedelt sind, bedarf eines fundierten theoretischen Kenntnisschatzes sowie weitreichender praktischer Erfahrung. Die Mitarbeiter sind in der Lage, mit viel Feingefühl, Empathie und Können die Narkosen vorzunehmen, die Patienten vorzubereiten, diese zu begleiten und die Nachsorge zu übernehmen. Sie leiten die Anästhesie ein, überwachen diese und bedienen dazu entsprechende technische Vorrichtungen.
Risiken & Nebenwirkungen 
- PONV oder operative Nausea and vomiting mit Übelkeit oder Nausea und Erbrechen
- zeitweiliges Muskelzittern und Frieren
- Beeinträchtigungen des Schluckens durch Fehlintubation
- Verletzungen am Zahnfleisch, den Lippen, der Stimmbändern und dem Kehlkopf
- Beschädigungen der Zähne
- Aspiration oder Einatmen von Mageninhalt über die Speiseröhre
- Lungenentzündung oder Pneumonie
- Blutergüsse oder Hämatome
- Schwindelgefühl, Innere Unruhe, Krämpfe
- Anaphylaktischer Schock mit Kreislaufzusammenbruch
- Überempfindlichkeitsreaktion
- Störungen des Herzrhythmus
Trotz dieser Komplikationen und Risiken sind die heute angewendeten Narkosetechniken überaus zuverlässig und gut kontrollierbar. Aus diesem Grund müssen die Patienten nicht befürchten, aus der Anästhesie nicht mehr aufzuwachen oder eine unzureichende Narkose zu erhalten. Das ist einer hochmodernen technischen Ausstattung und einem intensiven Wissen sowie der Erfahrung der Narkoseärzte und -schwestern zu verdanken.
Gegenanzeigen & Gefahren
Im Zusammenhang mit der Narkose gibt es diverse Risikogruppen, bei der die Sorgfalt besonders hoch sein muss. Das sind:
- Babys, Kleinkinder, Frühchen, Kinder und Jugendliche
- Kranke Menschen
- Ältere Personen
- Immunologisch geschwächte Patientinnen und Patienten
Auf eine Operation beziehungsweise eine Narkose kann und muss unter Umständen sogar verzichtet werden, wenn es der Zustand des Patienten deren Durchführung nicht erlaubt. Liegen sogenannte Kontraindikationen oder Gegenanzeigen vor, dann ist eine sorgfältige Abwägung seitens des Arztes oder des Operationsteams obligatorisch.
Weitere Gegenanzeigen sind:
- Therapie mit Zystostatika (Medikamente, die die Neubildung oder das Wachstum von Zellen hemmen, beispielsweise in der Tumorbehandlung verwendete Substanzen)
- Infekte (hauptsächlich Erkrankungen der Atemwege)
- Extreme psychische Beeinträchtigungen durch Narkoseängste
- Auftreten einer eventuell nicht beherrschbaren Blutung
In der der Medizin werden die Kontraindikationen noch einmal in absolute und in relative Gegenanzeigen unterteilt. Bei relativen Kontraindikationen oder Gegenargumenten besteht die Möglichkeit, dennoch einen Eingriff zu wagen, wenn der Heilungseffekt größer wäre als das derzeit bestehende Risiko.