Calciumantagonisten oder Calciumkanalblocker wie Nifedipin, Amlodipin oder Lercanidipin werden hauptsächlich zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen eingesetzt. Sie kommen dabei vor allem in Kombination mit anderen Medikamenten zum Einsatz.
Doch wie wirken Kalziumkanalblocker eigentlich und welche Medikamente zählen zu dieser Wirkstoffgruppe? Wann dürfen Calciumantagonisten nicht eingenommen werden und zu welchen Nebenwirkungen kann es kommen?
Table of Contents
Was sind Calciumkanalblocker?
Inhaltsverzeichnis
Calciumantagonisten oder Calciumkanalblocker – auch: Kalziumkanalblocker oder Kalziumantagonisten
Calciumkanalblocker oder Calciumantagonisten sind Medikamente, welche hauptsächlich zur Behandlung von folgenden Erkrankungen zum Einsatz kommen:
- Bluthochdruck (arterielle Hypertonie)
- Koronare Herzkrankheit (z. B. Angina Pectoris)
- Herzrhythmusstörungen
Indem Calciumantagonisten die Calciumkanäle blockieren, verhindern sie auch den Anstieg des Blutdrucks und des Pulses. Mittlerweile wurden Kalziumkanalblocker jedoch in vielen Fällen von anderen Medikamenten verdrängt.
So kommen zur Behandlung von Vorhofflimmern bevorzugt Betablocker zum Einsatz. Auch bei der Behandlung der koronaren Herzkrankheit (KHK) bzw. bei einer stabilen Angina Pectoris gelten Calciumantagonisten nicht mehr als Mittel der ersten Wahl.
Die Wirkung von Calciumkanalblockern bei Bluthochdruck ist ebenfalls umstritten; zumindest als Monotherapie, also wenn die Calciumantagonisten als einziges Medikament verschrieben werden sollen.
Calciumantagonisten haben jedoch als sogenannte Kombinationstherapie bei der Behandlung von Bluthochdruck einen festen Stellenwert. Zeigen alternative Arzneimittel wie Diuretika, Betablocker oder ace-Hemmer keine ausreichende Wirkung, können Calciumkanalblocker zusammen mit einem weiteren Medikament (vor allem ace-Hemmer oder AT1-Antagonisten) verordnet werden.
In Kombination mit einem weiteren Wirkstoff konnten Kalziumkanalblocker in Studien eine gute Wirkung erzielen. Positive Effekte konnten vor allem bei Diabetikern mit Bluthochdruck und Nierenschäden beobachtet werden.
Auch ältere Personen können von einer Kombinationstherapie mit Calciumantagonisten profitieren; bei ihnen wird die Häufigkeit von Schlaganfällen signifikant gesenkt. Zur Vorbeugung eines Schlaganfalls eignen sich jedoch bei Bluthochdruck-Patienten andere Medikamente wie etwa ace-Hemmer besser.
Da die ersten Calciumantagonisten wie Nifedipin nur eine sehr kurze Wirkdauer hatten, haben sie ihren Stellenwert mittlerweile verloren. Neuere Calciumkanalblocker werden jedoch als sogenannte Ratardtabletten angeboten, bei denen der Wirkstoff nur langsam freigesetzt wird und die Wirkung sich allmählich entfaltet.
Anwendung (Indikationen)
Wann werden Calciumantagonisten eingesetzt?
Die Anwendungsgebiete von Calciumkanalblockern sind von der Art des Medikaments abhängig. Alle Calciumantagonisten führen zur einer Senkung des Blutdrucks, allerdings auf etwas unterschiedliche Art und Weise.
- Zur Behandlung der arteriellen Hypertonie (Bluthochdruck) kommt vor allem der Calciumkanalblocker Dihydropyridine (z. B. Nifedipin oder Amlodipin) zum Einsatz.
- Phenylalkylamine wie Verapamil werden hingegen bevorzugt bei Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern eingesetzt.
- Benzothiazepine wie Diltiazem finden bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit, bei einer stabilen und instabilen Angina Pectoris sowie insbesondere bei einer vasospastischen Angina Pectoris (Prinzmetal-Angina) Anwendung.
Weitere Einsatzgebiete von Calciumkanalblockern sind:
- Vasospasmus (Gefäßkrampf) nach einer aneurysmatisch bedingten akuten subarachnoidalen Blutung (SAB)
- Pulmonale Hypertonie (Lungenarterienhochdruck)
- Raynaud-Syndrom (Morbus Raynaud)
- Achalasie (Verkrampfung vom unteren Schließmuskel der Speiseröhre)
Einen Sonderfall stellt weiterhin Nimodipin dar, welches in der Lage ist, die sogenannte Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, wodurch der Wirkstoff zum Gehirn gelangen kann. Aus diesem Grund ist Nimodipin bei neurologischen Ausfallerscheinungen, denen eine Durchblutungsstörung zugrunde liegt, indiziert. Weiterhin kann das Medikament aus genanntem Grund zur Vorbeugung von Gefäßspasmen nach einer SAB (Sub-Arachnoidale Blutung) eingesetzt werden.
Darüber hinaus finden die zentral wirkenden Calciumkanalblocker Pregabalin und Gabapentin bei neuropathischen Schmerzen (z. B. diabetische Polyneuropathie) sowie bei Epilepsie Anwendung.
Funktion & Wirkung
Wirkungsweise – Wie wirken Kalziumantagonisten?
Die meisten Menschen assoziieren Calcium vor allem mit den Knochen, allerdings spielt der Mineralstoff auch beim Blutdruck und der Herzarbeit eine wichtige Rolle.
Das Calcium kann dabei unter anderem durch die sogenannten Calciumkanäle in die Muskelzellen gelangen. Wie ihr Name bereits verrät, blockieren Calciumkanalblocker diese Kanäle. Dadurch gelangt weniger Calcium in die Muskelzellen, sodass diese sich weniger zusammenziehen.
Die Calciumantagonisten wirken dabei vornehmlich an den Muskelzellen des Herzens und der Blutgefäße. Sie verhindern somit beispielsweise, dass sich die Gefäßmuskeln zusammenziehen, wodurch wiederum der Blutdruck in den Gefäßen sinkt.
Der verringerte Calciumeinstrom in die Muskelzellen des Herzens reduziert auch die Schlagkraft und Frequenz (Schlaghäufigkeit) des Herzens. Dadurch wird der Sauerstoffbedarf vom Herzen gesenkt und das wichtige Organ zusätzlich entlastet.
Die Wirkung der Calciumantagonisten betrifft auch die Herzkranzgefäße (Koronarterien), welche für die Blutversorgung vom Herzen zuständig sind. Kalziumkanalblocker können hierbei gefährliche Verkrampfungen (Vasospasmen) verhindern und die Durchblutung des Herzens verbessern.
Arten & Typen
Welche Calciumkanalblocker gibt es?
Calciumkanalblocker werden abhängig von ihrer chemischen Struktur in drei Arten unterteilt:
- Dihydropyridine (z. B. Nifedipin oder Amlodipin)
- Benzothiazepine (Diltiazem)
- Phenylalkylamine (z. B. Verapamil oder Etilefrin)
1.) Dihydropyridine
Dihydropyridine werden zur Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt. Einzelne Wirkstoffe dieser Gruppe können auch bei weiteren Erkrankungen indiziert sein. So kommen Amlodipin, Nisoldipin und Nicardipin bei einer Angina Pectoris zum Einsatz. Wirkstoffe wie Felodipin, Nifedipin oder Nicardipin eignen sich darüber hinaus zur Behandlung vom Raynaud-Syndrom.
2.) Benzothiazepine
Diltiazem ist derzeit das einzige Medikament aus der Gruppe der Benzothiazepine. Es findet bei der Behandlung folgender Erkrankungen Anwendung:
- koronare Herzkrankheit (Angina Pectoris)
- Bluthochdruck (arterielle Hypertonie)
- Herzrhythmusstörungen mit Tachykardie (schnellem Herzschlag)
- Verkrampfungen der Herzkranzgefäße (Vasospasmen)
- Vorhofflimmern (absolute Arrythmie)
3.) Phenylalkylamine
Calciumantagonisten aus der Gruppe der Phenylalkylamine werden vor allem bei Herzrhythmusstörungen von den Vorhöfen, bei einer koronaren Herzkrankheit, Bluthochdruck sowie bei einer hypertophen Kardiomyopathie (Verdickung der Herzkammerscheidewand) verordnet.
Medikamente & Handelsnamen
Welche Medikamente sind Calciumantagonisten?
Folgende Medikamente sind Calciumkanalblocker (angeordnet nach Art des Wirkstoffs):
Phenylalkylamine:
- Gallopamil
- Verapamil
Benzothiazepine:
- Diltiazem (A, CH, D, z. B. Dilzem®)
Dihydropyridine:
- Amlodipin
- Clevidipin
- Felodipin
- Isradipin
- Lacidipin
- Lercanidipin
- Manidipin
- Nicardipin
- Nifedipin
- Nilvadipin
- Nimodipin
- Nisoldipin
- Nitrendipin
Risiken & Nebenwirkungen
Welche Risiken und Nebenwirkungen haben Calciumantagonisten?
Die Einnahme von Calciumantagonisten kann zu folgenden Nebenwirkungen führen:
- Ödeme (Wassereinlagerungen) in den Beinen
- Bradykardie (langsamer Herzschlag)
- Tachykardie (schneller Herzschlag)
- Allergische Reaktionen
- Flush (Rötung des Gesichts)
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Verstopfungen (Obstipation)
- Impotenz
- Gingivahyperplasie (Gewebe-Wucherung vom Zahnfleisch) mit starker Entzündung
Zu Nebenwirkungen wie Ödemen, Kopfschmerzen, Flush und Tachykardie kommt es vor allem bei Dihydropyridine.
Verapamil und Diltiazem führen hingegen zu unerwünschten Wirkungen wie einem Verstopfungen, AV-Block oder einer Bradykardie.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen) von Calciumantagonisten
Calciumkanalblocker dürfen in folgenden Fällen nicht eingenommen werden:
- Hypotonie (niedriger Blutdruck)
- Schwangerschaft
- Herzinsuffizienz (Herzschwäche) ab dem NYHA-Stadium III
- Instabile Angina Pectoris
- Akuter Herzinfarkt (bis zu vier Wochen nach dem Infarkt)
Außerdem dürfen Calciumantagonisten aus der Gruppe der Benzothiazepine (Diltiazem und Verapamil) nicht bei Vorhofflimmern beim WPW-Syndrom sowie bei einem AV-Block zweiten und dritten Grades eingenommen werden.
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen zwischen Calciumantagonisten und weiteren Wirkstoffen
Calciumkanalblocker sollten, abhängig von der Wirkstoffgruppe, nicht oder nur unter großer Vorsicht gleichzeitig mit folgenden Medikamenten eingenommen werden:
- Andere Blutdrucksenker (die Wirkung anderer Antihypertensiva bzw. Blutdrucksenker wird verstärkt; dies kann jedoch auch erwünscht sein)
- Betablocker zusammen mit Phenylalkylaminen oder Benzothiazepinen (der Herzschlag kann lebensbedrohlich verlangsamt werden)
- Grapefruitsaft zusammen mit Nifedipin (Grapefruit hemmt den Abbau des Medikaments, und verstärkt dadurch seine Wirkung)
- Medikamente, die durch das Leberenzym Cytochrom P450 3A4 abgebaut werden (Auch Calciumantagonisten werden durch genanntes Enzym abgebaut; dies kann die Wirkung der Arzneimittel beeinflussen. So wird etwa der Abbau des Calciumantagonisten bei der gleichzeitigen Einnahme vom Antibiotikum Rifampicin beschleunigt. Medikamente wie Antihistaminika, Immunsuppressiva, Protease-Inhibitoren oder Antimykotika hemmen hingegen den Abbau.
FAQ – Häufige Fragen & Antworten
Nachfolgend finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Kalziumantagonisten.
Langwirksame Ca-Blocker?
Was sind langwirksame Calciumkanalblocker?
Die ersten Calciumantagonisten, die auf den Markt kamen (z. B. Nifedipin), waren nur kurz wirksam. Sie entfalten ihre Wirkung also sehr schnell, sodass es zu einem raschen, lebensgefährlichen Abfall des Blutdrucks kommen kann. Außerdem müssen kurzwirksame Calciumkanalblocker sehr häufig eingenommen werden, was die Anwendung erschwert.
Heutzutage werden vor allem langwirksame Calciumantagonisten wie etwa Amlodipin verabreicht. Diese sind als sogenannte Retard-Kapseln erhältlich, welche die Aufnahme des Wirkstoffs verlangsamen. Retardierte Arzneimittel können dafür z. B. mit einem Überzug umhüllt sein, der den Wirkstoff vor der Magensäure schützt und somit langsamer freisetzt.
Calciumantagonist – Absetzen?
Kann ich die Calciumkanalblocker absetzen?
Nein, Sie sollten die Calciumkanalblocker nicht absetzen, außer Ihr Arzt rät Ihnen dazu. Wenn Sie die Calciumantagonisten plötzlich absetzen, kann es nämlich zu einem gefährlichen Anstieg des Blutdrucks kommen. Weiterhin können auch Herzschmerzen sowie eine Angina auftreten. Wenn es sinnvoll ist, das Medikament abzusetzen, wird Ihr Arzt Sie über die optimale Vorgehensweise informieren.
Betablocker und ace-Hemmer?
Was ist besser? ace-Hemmer, Calciumantagonisten oder Betablocker?
Ob Calciumkanalblocker, Betablocker oder ace-Hemmer besser sind, kann nicht pauschal beantwortet werden. Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa der Ursache bzw. dem Grund für die Verabreichung. Wichtig ist hierbei auch, ob der betroffene Patient an weiteren Erkrankungen leidet und womöglich noch andere Medikamente einnimmt.
Wann sich welches Medikament am besten eignet, erfahren Sie in unserem Ratgeber über Blutdrucksenker.
Verwandte Ratgeber
Weitere Informationen finden Sie in folgenden, verwandten Ratgebern: